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Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Titel: Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Standiford
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schreien und kommt mal hoch, Mädchen. Es ist etwas passiert.«
    Jane und ich sahen einander an. Jane erwartete etwas Pikantes. Bei ihr hat fast jeder Gesichtsausdruck etwas teuflisch Schadenfrohes.
    Wir gingen in Gingers Zimmer, wo Sassy auf dem Bauch im Bett lag und ins Kopfkissen schluchzte. Takey tätschelte ihr unbeholfen die Schulter.
    »Was ist denn los?«, fragte ich.
    »Wallace ist tot«, erklärte Ginger.
    »Was?«, rief Jane.
    Ginger schüttelte den Kopf, setzte sich neben Sassy und rieb ihr den Rücken. »Sassy hat ihn gefunden. Sie wollte gerade von Almighty losgehen und da hat sie Wallace in seinem Wagen entdeckt. Tot.«
    »Und er saß einfach so da?«, fragte ich.
    »Mit offenen Augen«, berichtete Takey.
    Sassy hob ihr nasses, gerötetes Gesicht und nickte.
    »Oh! Gruselig«, sagte ich.
    Jane und ich kuschelten uns zu den anderen aufs Bett. »Arme Sass«, meinte Jane.
    »Es war schrecklich.« Sassy schluchzte noch heftiger.
    »Wie ist es passiert?«, fragte ich.
    »Das wissen wir noch nicht genau«, antwortete Ginger. »Euer Vater ist gerade mit Almighty im Krankenhaus. Bestimmt war es ein Herzinfarkt. Stellt euch vor, wenn es unterwegs passiert wäre! Er hätte jemanden anfahren können.«
    Sassy weinte noch lauter, dann schnellte sie hoch. »Ich halte das nicht aus! Es ist zu schrecklich!« Sie sprang vom Bett und rannte aus dem Raum. Eine Sekunde später hörten wir ihre Zimmertür zuknallen.
    »Warum ist sie so außer sich?«, fragte Jane. »Na ja, ich versteh schon, sie hat gerade ihre erste Leiche gesehen … Aber sie führt sich ja auf, als hätte sie ihn selbst umgebracht.«
    »Er war immer ein bisschen ein Langweiler«, sagte Ginger.
    Ich seufzte. Sie waren herzlos. Waren wir alle.
    Das Telefon klingelte. Ginger griff danach. Ihrem Ton nach zu schließen, war es Daddy-o.
    »Er ist auf dem Heimweg«, erklärte sie und legte auf. »Die Ärzte sagen, es war ein Schlaganfall. Die Beerdigung findet am Freitag statt.«
    »Armer Wallace«, sagte ich.
    St. John und Sully zu Hause zu haben fühlte sich wie Ferien an und Jane und Takey und ich hatten Schwierigkeiten, während der Trauerzeit unsere Wiedersehensfreude zu unterdrücken. Sassy war die Einzige, die ununterbrochen trauerte. Sie saß schweigend bei uns, lauschte St. Johns und Sullys Abenteuern aus der großen weiten Welt, trug die ganze Zeit Schwarz – sie hatte sogar irgendwo einen schwarzen Schlafanzug ausgegraben – und brach wegen Nichtigkeiten in Tränen aus. Sie war trauriger als irgendjemand sonst in der Familie, aber bei Sassy war das nicht so ungewöhnlich.
    Am Freitag zogen wir alle schwarze Kleider an und quetschten uns in die Limousine, die uns zur Kathedrale fahren würde.
    Durch Deinen Spitzenschleier konnte ich Dein Gesicht nicht besonders gut erkennen. Es ließ sich schwer ausmachen, was Du gefühlt hast. Ich denke, Du hast Wallace geliebt, doch wer weiß schon, welche Geheimnisse Du in Deinem Herzen unter Verschluss hältst?
    Als wir den Mittelgang hinunterliefen, versuchte ich, Takey davon abzuhalten, so zu tun, als schieße er auf die Trauergäste, doch er hört nur auf Miss Maura. Brooks saß mit seinen Eltern und Mamie bereits auf seinem Platz. Er nickte mir zu.
    Ich starrte den Körper von Wallace an, der in seinem Sarg völlig wächsern aussah, und es versetzte meinem Herzen einen kleinen Stich. Trotzdem konnte ich nicht weinen. Ich hätte gern geweint. Es wäre richtig gewesen. Rings um mich schnieften alle und wischten sich die Augen. Sassy heulte und zitterte während der ganzen Messe. Die hartherzige Jane natürlich nicht. Ginger weinte, aber wer weiß, warum. Vielleicht hatte sie einen Ohrring verloren.
    Daddy-o still vor sich hinweinen zu sehen ging mir echt an die Nieren. Daddy-o heuchelt keine Tränen. Wallace war nicht sein Vater, und immerhin hat Daddy-o ja bereits einige Deiner Ehemänner zu Grabe getragen. Aber vielleicht dachte er an seinen richtigen Vater. Vielleicht hat er einfach nur ein weiches Herz. Das hat Sassy jedenfalls von ihm geerbt.
    Schließlich war die Feier zu Ende und wir verließen Reihe für Reihe die Kathedrale. Ich war müde. Die Gesichter auf den Kirchenbänken verschwammen, bis mich kurz vor dem Ausgang ein Gesicht ansprang. Robbie. Er sah mich so lieb an, dass ich am Ende doch noch in Tränen ausbrach.
    »Oh, Norrie!« Sassy schlang die Arme um meine Taille und klammerte sich im Hinausgehen an mich. Es war das Einzige, was mich daran hinderte, mich in Robbies Arme zu werfen. Die

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