Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Durstes
unter Druck gesetzt, sich von Kneipen fernzuhalten und stattdessen in die Kirche zu gehen. Doch die Eisenbahner tranken wirklich gern. Das brachte Francis auf eine Idee: Warum sollten sie bei der Eisenbahn schuften, wenn sich mit einer Kneipe richtig Geld scheffeln ließ? Das Problem bestand darin, die Kneipe zu eröffnen, ohne die ganzen Ehefrauen und Priester gegen sich aufzubringen. Also öffnete Francis in Fells Point einen Club. Er nannte ihn den
Zirkel der Starken Herzen
und gab ihn als Abstinenzlervereinigung aus, und nur Männer hatten Zutritt. In Wirklichkeit war es eine geheime Kneipe, und die Männer stimmten überein, dass im
Zirkel der Starken Herzen
viel Starkbier zur Stärkung der starken Herzen ausgeschenkt werden musste. Sie machten ihren Frauen weis, sie gingen zu einem Abstinenzlertreffen – »Tut mir leid, Schatz, nur für Mitglieder« –, und soffen wie die Schweine. Oder wie Fische. Welches Viech auch immer viel trinkt. Der
Zirkel der Starken Herzen
war ein Riesenerfolg. Bald gab sich die
Gesellschaft des Geistlichen Durstes
im Kampf für die Abstinenz geschlagen. Francis starb als reicher Mann. Als Kneipenwirt.
    Dies war der Grundstein des Sullivan’schen Familienvermögens – eines Vermögens, das auf Lügen und Laster erbaut ist. Böse, wenn man so will.
    Daniel Sullivan besuchte im Gegensatz zu seinem Vater die Schule. Er war nicht blöd. In seiner Jugend kam gerade die Innentoilette in Mode. Daniel witterte eine Chance, noch reicher zu werden. Die neumodischen Toiletten waren laufend verstopft. Also erfand Daniel die Toilettensaugglocke, die er schließlich patentieren ließ. Sein ehemaliger bester Freund, Patrick Heath, behauptete, Daniel hätte ihm die Idee gestohlen.
    Wie dem auch sei. Daniel bekam das Patent, Daniel bekam das Geld und zum Teufel mit seinem Freund Patrick. Nun waren die Sullivans richtig reich. Später heiratete Daniel die Tochter eines reichen Tabakplantagenbesitzers und wurde noch reicher.
    Ihr habt richtig gelesen. Tabak.
    Es geht los.
    JANE IST OFF.
    Nächste Folge: Der Amerikanische Bürgerkrieg und die bösen Taten meiner Familie!
    KOMMENTARE:
    bridget2nowhere:
Ähm, ich sag’s ja nicht gern, Jane, aber du rauchst. Da kannst du deinen Vorfahren schlecht vorwerfen, dass sie Tabak angebaut haben.
    myevilfamily:
Nelkenzigaretten! Ich rauche Nelkenzigaretten.
    bridget2nowhere:
Da ist immer noch Tabak drin.
    myevilfamily:
Ich habe nie behauptet, ich hätte keine Fehler. Außerdem weiß ich, dass es eine schlechte Angewohnheit ist, und werde bald aufhören. Überhaupt, ich kann nicht anders, schließlich hab ich Tabak in den Genen.
    »Kein Mensch wird deinen Blog lesen«, meinte Bridget. »Wie soll ihn überhaupt jemand finden?«
    Bridget und ich standen in der Toilette im ersten Stock am Fenster und rauchten Nelkenzigaretten. Wir versuchten, es zum Böse-Mädchen-Klo zu machen, in das sich die braven Mädchen nicht trauten, doch bis jetzt wurden wir immer wieder von Neuntklässlerinnen gestört, deren Vorstellung von Bösesein im Kauen von Kaugummi bestand.
    »Die Wahrheit findet immer einen Weg«, erwiderte ich, als drei Kaugummitussen endlich die Ausbesserungsarbeiten an ihrem himmelblauen Lidschatten beendet hatten und aus dem Klo staksten. »Irgendwann spricht es sich rum und wir werden berühmt.«
    »Schön, aber wie lange wird das dauern?« Bridget kann echt nerven. Immer am Rumjammern. Und ihre nach oben gebogene Nase hat schon ein bisschen was von einer Schweineschnauze. Ich habe Dir da nie widersprochen, Almighty. »Vielleicht sollten wir lieber im Schulblog posten. Da würde es jeder mitbekommen.«
    Ich schüttelte den Kopf. Bridget denkt nichts bis zum Ende durch. »Das ist nicht gut, da können uns die Nonnen einfach abschalten. Wenn wir unsere eigenen unabhängigen Blogs haben, kann uns keiner mehr den Mund verbieten. Sobald wir den Zuständigkeitsbereich der Nonnen verlassen, ist das doch angeblich ein freies Land.«
    »Du hast so viel mehr Themen als ich, über die du schreiben kannst«, jammerte Bridget schon wieder. Sie ist irgendwie mangels Alternative meine beste Freundin. Seit der Bibi-Geschichte letztes Jahr will niemand sonst mit mir befreundet sein. »Schwarzbrennerei und Mord und Blutfehden … Das große Geheimnis meiner Familie ist, dass meine Mutter unseren Kater hat einschläfern lassen. Sie behauptete, Pfötchen hätte Mundhöhlenkrebs, aber eigentlich hat sie es nur gemacht, weil er ständig auf unseren Wohnzimmerteppich