Die Berghuette
wird. So, und wenn du mir jetzt guten Gewissens sagen kannst, dass du das wirklich nicht verdient hast, dann stecke ich mein Messer wieder ein und wir vergessen das Ganze. Aber ich will eine absolut ehrliche Antwort, verstanden?“
Wie hypnotisiert starrte Caro auf das aufgeklappte Taschenmesser, während in ihrem Kopf die Gedanken rotierten. Sie sollte selbst entscheiden, ob sie das verdient hatte? War der Mann völlig verrückt geworden? Er konnte doch wohl nicht ernsthaft annehmen, dass sie aus freien Stücken zugeben würde, dass sie eine Ruten-züchtigung verdient hätte?
Auf der Suche nach einem Ausweg blickte sie verwirrt in seine hellen, grauen Augen. Was sie aber dort sah, war überquellende Liebe und – Angst. Angst? Wovor hatte er Angst? Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie verstand. Er hatte Angst davor, dass sie ihr – erneutes – Versprechen nicht ernst nehmen würde, dass sie ihn wieder vor vollendete Tatsachen stellen würde und ihn büßen lassen würde für etwas, das ihr ein anderer angetan hatte.
Sie musste ihm zeigen, dass sie ihm vertraute. Die Haselgerte würde vermutlich unglaublich wehtun, aber er würde nie so weit gehen und ihr ernsthaften Schaden zufügen. Sie konnte ihm vertrauen. Und wenn sie aufrichtig darüber nachdachte, dann musste sie zugeben, dass sie es wirklich verdient hatte.
Ganz langsam bewegte sich ihre Hand nach vorne und ihre zitternden Finger griffen nach dem Messer. Hätte sie Felix jetzt ins Gesicht geblickt, dann hätte sie bemerkt, wie die Spannung aus seinen Zügen wich und sich Erleichterung breitmachte. Caro hatte seinen Blick richtig interpretiert, es war die nackte Angst gewesen, dass sie ihm doch nicht genügend Vertrauen entgegenbringen könnte, um sich seiner Disziplin unterwerfen zu können. Das, was er ihr vorhin mit seiner Hand verabreicht hatte, wäre für jede andere Frau, die er gekannt hatte, mehr als genug gewesen, um ihn auf der Stelle zu verlassen.
Behutsam griff er ihr unter die Arme und stellte sie auf die Füße. Dann deutete er mit einer Hand auf den Busch und mit der anderen versetzte er ihr einen Klaps auf den roten Po. „Ab mit dir!“
Als Caro nach ein paar Trippelschrittchen ihre Hose hochziehen wollte, ertönte hinter ihr ein scharfes „Nichts da! Die Hose bleibt, wo sie ist!“ Also trippelte sie weiter bis zu dem Busch und suchte einen bleistiftstarken Zweig. Sie schnitt ihn tief unten ab, damit er nur ja lang genug war. Mit der Rute in einer Hand und dem Taschenmesser in der anderen, hoppelte sie wieder zu Felix zurück und hielt ihm alles entgegen.
Mit einem zustimmenden Nicken nahm er ihr zuerst das Messer und dann die Hasel-gerte ab und stand auf. Methodisch entfernte er die kleinen Seitentriebe und Blätter von dem Zweig und ließ die Gerte probeweise durch die Luft sausen. Das zischende Geräusch jagte Caro eine Gänsehaut über den Rücken, und sie begann schon, ihre mutige Entscheidung zu bereuen. Doch in diesem Moment legte Felix die Rute zur Seite und wandte sich Caro zu. Er deutete auf den Baumstumpf und befahl: „Stell dich hier vor den Baumstumpf und dann bück dich so, dass du deine Hände auf der Oberfläche aufstützen kannst.“
Caro zitterte innerlich, aber tapfer trippelte sie zu der angewiesenen Stelle und nahm die befohlene Position ein. In dem Moment, als sie sich bückte, wurde ihr klar, welchen Anblick sie wohl bieten musste, und ihr Gesicht wurde tiefrot. Zeitgleich schossen ihre Hände nach hinten, um wenigstens einen Teil ihrer Blöße zu bedecken. Doch das ließ Felix nicht zu.
Entschlossen trat er hinter sie, nahm ihre Hände weg und führte sie wieder nach vorne, um sie auf die Oberfläche des Baumstumpfes zu setzen. „Das gehört dazu, Caro!“, sagte er streng und fuhr fort: „Deine Hände bleiben die ganze Zeit fest auf dem Baumstumpf. Wenn du sie auch nur einmal wegnimmst, fange ich wieder von vorne an, verstanden?“
Caro schluckte. Die Beschämung dieser Position war nur schwer zu ertragen. „Verstanden“, presste sie schließlich durch ihre zusammen gebissenen Zähne und kniff ihre Pobacken, so gut es ging, zusammen.
Felix trat einen Schritt zurück und klopfte mit der Gerte leicht auf ihren Po. „Schön unten bleiben, bis ich dir sage, dass du hochkommen kannst. Das Zählen übernehme ich diesmal noch, darum brauchst du dich nicht zu kümmern. Bist du bereit?“
Was war das für eine Frage? Konnte man für so etwas überhaupt bereit sein? Beinahe hätte Caro gelacht.
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