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Die Berufung

Titel: Die Berufung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Saison statt, und danach hatte sein Vater noch mehr Zeit für seinen Wahlkampf. Trainer Fisk hatte kein einziges Spiel versäumt, obwohl das Team auseinanderzufallen begann, nachdem er seine Kandidatur bekannt gegeben hatte. Die meisten Eltern waren der Meinung, dass die beiden Ereignisse nichts miteinander zu tun hatten.
    War Ron in ländlichen Gebieten, sagte er stets das Gleiche. Wegen liberaler Richter würden Amerikas Werte angegriffen, von jenen, die für Schwulenehen, Reglementierung von Waffenbesitz, Abtreibung und uneingeschränkten Zugang zu Internetpornografie seien. Diese Richter müsse man ersetzen. Er fühle sich in erster Linie der Bibel verpflichtet. Gesetze von Menschenhand kämen als Nächstes, aber als Richter am Supreme Court werde es ihm mit Sicherheit gelingen, beides miteinander in Einklang zu bringen, wenn es vonnöten sei. Jede Rede begann er mit einem kurzen Gebet.
    In weniger ländlichen Gebieten, und abhängig vom Publikum, bewegte er sich oft ein wenig aus der ultrarechten Ecke heraus und ging ausführlicher auf die Todesstrafe ein. Er stellte fest, dass die Zuhörer fasziniert waren von anschaulichen Schilderungen brutaler Verbrechen, begangen von Männern, die vor zwanzig Jahren zum Tod verurteilt worden waren. Ein paar dieser Fälle baute er in seine Standardreden ein.
    Doch egal, wo er war, im Mittelpunkt jeder Rede stand die böse liberale Richterin. Nach etwa hundert Auftritten glaubte Ron selbst, dass Sheila McCarthy eine bekennende Linke und schuld an vielen sozialen Problemen des Staates war.
    Was das Geld betraf, so ließ Barry Rinehart still und leise seine Beziehungen spielen. Kontinuierlich trafen Spenden ein, sodass stets Geld für die laufenden Ausgaben vorhanden war. Bis zum 30. Juni, dem ersten Termin, an dem die Finanzberichte für den Wahlkampf vorgelegt werden mussten, waren von zweitausendzweihundert Personen fünfhundertzehntausend Dollar für Fisks Kampagne gespendet worden. Von diesen hatten nur fünfunddreißig die maximal zulässige Summe von fünftausend Dollar beigesteuert, und jeder Einzelne von ihnen hatte seinen Wohnsitz in Mississippi. Neunzig Prozent der Spenden kamen von innerhalb des Staates.
    Barry wusste, dass die Prozessanwälte jede Spende unter die Lupe nehmen würden, in der Hoffnung, dass Geld von Großunternehmen außerhalb des Staates auf das Spendenkonto floss. Das war bereits bei früheren Kampagnen ein lästiges Problem gewesen, und bei Fisks Wahlkampf wollte er es unbedingt vermeiden. Er war sicher, dass er große Summen von außerhalb des Staates einsammeln konnte, doch diese Spenden mussten noch warten. Sie durften erst ganz am Ende des Wahlkampfs eintreffen, wenn die komplizierten Bestimmungen des Spendengesetzes dafür sorgten, dass das Geld kein Problem mehr war. Aus McCarthys Berichten dagegen war eindeutig ersichtlich, dass sie von den Prozessanwälten finanziert wurde, und Barry wusste, wie er diese Tatsache zu seinen Gunsten nutzen konnte.
    Außerdem hatte Barry die Ergebnisse seiner letzten Umfrage, von der er seinem Kandidaten allerdings nichts erzählen würde. Am 25. Juli war der Hälfte der eingetragenen Wähler bewusst, dass eine Wahl anstand. Von diesen wollten vierundzwanzig Prozent für Ron Fisk stimmen, sechzehn Prozent für Sheila McCarthy und zehn Prozent für Clete Coley. Die Zahlen waren eine Sensation. In weniger als drei Monaten hatte Barry es geschafft, einen unbekannten Rechtsanwalt, der noch nie eine schwarze Robe getragen hatte, in den Umfragen vor eine Gegnerin mit neun Jahren Erfahrung im Richteramt zu bringen.
    Dabei war noch kein einziger Spot im Fernsehen gelaufen.
    Am 1. Juli wurde die Second State Bank von der New Vista Bank gekauft, einer regionalen Kette mit Sitz in Dallas. Huffy rief Wes Payton an und erzählte ihm von der Übernahme. Er war optimistisch. Der Filiale in Hattiesburg war zugesichert worden, dass sich bis auf den Namen nichts ändern würde. Die neuen Eigentümer hatten sich sein Kreditportfolio angesehen. Sie hatten ihn nach den Paytons gefragt, und Huffys Zusicherung, dass der Kredit zurückgezahlt werde, schien ihnen zu genügen.
    Zum vierten Mal in ebenso vielen Monaten schickten die Paytons Huffy einen Scheck über zweitausend Dollar.
22
    In seinem früheren Leben war Nathaniel Lester ein exzentrischer Strafverteidiger gewesen, der eine fast schon unheimliche Begabung dafür hatte, Mordprozesse zu gewinnen. Einmal, vor zwei Jahrzehnten, hatte er in zwölf Prozessen hintereinander

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