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Die Berufung

Titel: Die Berufung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Entscheidung begründen und darauf hinweisen können, wie unfair es war, sie aus dem Zusammenhang zu reißen. Im Fernsehen dagegen blieben ihr nur dreißig Sekunden, was jeden Erklärungsversuch unmöglich machte. Die cleveren Berater von Ron Fisk wussten das.
    Nach einem Monat im Pirate's Cove hatte sich Clete Coley gründlich unbeliebt gemacht. Der Besitzer hatte keine Lust mehr, ihm eine Penthouse-Suite zur Verfügung zu stellen und jeden Tag drei Mahlzeiten zu servieren, von denen ihm viele auch noch auf das Zimmer gebracht werden mussten. Der Kandidat besaß einen erstaunlichen Appetit. An den Blackjack-Tischen trank er Rum, als wäre es Wasser. Jeden Abend war er sturzbetrunken. Er schikanierte die Kartengeber, beleidigte die anderen Spieler und begrapschte die Kellnerinnen. Das Kasino hatte an Coley zwanzigtausend Dollar verdient, aber er hatte mindestens dieselbe Summe gekostet.
    Mariin fand ihn früh am Abend an der Bar, wo er sich einen Drink gönnte und sich für die nächste lange Nacht an den Spieltischen vorbereitete. Nachdem sie ein wenig über Belanglosigkeiten geplaudert hatten, kam Mariin zum Thema.
    »Wir möchten, dass Sie Ihre Kandidatur zurückziehen«, sagte er, »und dabei Ihre Unterstützung für Ron Fisk erklären.«
    Coleys Augen verengten sich zu Schlitzen, und seine Stirn legte sich in tiefe Falten. »Wie bitte?«
    »Sie haben mich schon verstanden.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher.«
    »Sie sollen Ihre Kandidatur zurückziehen und erklären, dass Sie Fisk unterstützen. Ganz einfach.«
    Coley kippte seinen Rum hinunter, ohne Mariin aus den Augen zu lassen. »Und weiter?«
    »Da gibt es nicht viel zu sagen. Vorsichtig ausgedrückt, sind Ihre Chancen eher bescheiden. Bisher haben Sie einen guten Job gemacht - Bewegung in die Sache gebracht und McCarthy attackiert. Aber jetzt ist es Zeit, aufzugeben und dazu beizutragen, dass Fisk gewählt wird.«
    »Und wenn ich Fisk nicht leiden kann?«
    »Das beruht bestimmt auf Gegenseitigkeit, aber es ist irrelevant. Die Party ist vorbei. Sie haben Ihren Spaß gehabt, waren ein paarmal in den Schlagzeilen und haben jede Menge interessante Leute kennengelernt. Und jetzt haben Sie Ihre letzte Rede gehalten.«
    »Die Stimmzettel sind gedruckt. Mein Name steht drauf.«
    »Das heißt, ein paar Ihrer Fans werden nicht erfahren, dass Sie nicht mehr zur Wahl stehen. Sie werden es überleben.«
    Coley gönnte sich erneut einen ordentlichen Schluck Rum. »Okay. Für einhunderttausend war ich dabei. Was kriege ich, damit ich abtauche?«
    »Fünfzig.«
    Coley schüttelte den Kopf und warf einen Blick auf die Blackjack-Tische in der Ferne. »Das reicht nicht.«
    »Ich verhandle nicht. Fünfzigtausend in bar. Derselbe Koffer wie beim letzten Mal, nur nicht so schwer.«
    »Tut mir leid. Mein Preis ist einhunderttausend.«
    »Ich bin morgen wieder hier. Selbe Zeit, selber Ort.« Damit verschwand Mariin.
    Um neun Uhr am nächsten Morgen hämmerten zwei FBI-Agenten an die Tür der Penthouse-Suite, bis Coley schließlich zur Tür torkelte.
    »Wer zum Teufel ist das?«
    »FBI. Aufmachen!«
    Coley öffnete die Tür einen Spaltbreit und spähte über die Sicherheitskette hinweg nach draußen. Eineiige Zwillinge mit identischem Haarschnitt in dunklen Anzügen. »Was wollen Sie?«
    »Wir möchten Ihnen ein paar Fragen stellen und würden nur ungern durch die Tür schreien.«
    Coley öffnete und winkte die beiden herein. Er trug ein T-Shirt und Basketballshorts, die ihm bis zu den Knien reichten und den halben Hintern sehen ließen. Während sich seine Besucher an den kleinen Esstisch setzten, durchforstete er sein benebeltes Gehirn danach, welches Gesetz er gebrochen haben könnte. In der jüngeren Vergangenheit fiel ihm da nichts ein, aber um diese unchristliche Zeit war das auch kaum zu erwarten. Er manövrierte sich und seinen sperrigen Bauch auf einen Stuhl - wie viel hatte er im vergangenen Monat eigentlich zugenommen? - und sah sich die Marken an.
    »Sagt Ihnen der Name Mick Runyun etwas?«, fragte einer der Beamten.
    Allerdings, aber noch hatte er nicht vor, das zuzugeben. »Vielleicht.«
    »Ein Meth-Dealer. Sie haben ihn vor drei Jahren vor einem Bundesgericht vertreten. Bekam zehn Jahre, weil er mit der Regierung kooperierte. Ein richtig netter Mensch.«
    »Ach der - Mick Runyun.«
    »Ja, genau der. Hat er Ihnen Honorar bezahlt?«
    »Meine Akten sind in der Kanzlei in Natchez.«
    »Gut. Wir haben nämlich einen Durchsuchungsbeschluss. Können wir uns morgen dort

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