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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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nicht mehr abgeschlossen. Ich zog ihn heraus und trat zwei Schritte zurück. Jemand war in meiner Wohnung. Nicht jemand. Sie war da.
    Meine Gedanken rasten. Ich zwang mich, ruhig zu atmen. Wie war das heute Mittag gewesen, als ich wegen des Schlüsseldienstmitarbeiters hier war? Benni war gekommen. Ich hatte das Schloss nicht benutzt. Und als ich davor hier war? Hatte ich einfach vergessen abzuschließen? Nein, das war mir noch nie passiert. Aber vielleicht hatte mir mein Unterbewusstsein einen Streich gespielt? Es nützte ja nichts, die Tür zu verriegeln, wenn meine Feindin einen Schlüssel besaß. Meine Feindin.
    Vor Angst frierend klingelte ich bei Sebastian. Was tat ich da? Es war spät am Abend. Doch ich betete, dass er noch wach war. Als er öffnete und mich sah, nahm sein Gesicht einen erschreckten Ausdruck an. »Janne, was ist los?«
    Ich konnte nichts sagen, mich kaum rühren.
    Â»Janne! Was hast du?« Er trat zu mir und nahm mich in den Arm. Ich presste den Kopf an seine Schulter, und die Tränen kamen unaufhaltsam. Ich versuchte, jedes Geräusch zu vermeiden. Wenn sie hinter der Tür lauerte und mich hörte …
    Â»Lass uns reingehen«, flüsterte ich. »Schließ die Tür.«
    Sebastian folgte mir in sein Wohnzimmer, drückte mich aufs Sofa. In der Tür zu seinem Zimmer stand Benni und rieb sich die Augen. Mein Klingeln hatte ihn geweckt.
    Â»Papa, was machst du? Warum ist Janne da?«
    Â»Hallo Benni«, brachte ich hervor. »Es tut mir so leid …«
    Sebastian ging zu ihm und legte ihm den Arm um die Schultern. »Komm, leg dich ins Bett. Es ist alles in Ordnung.« Er verschwand mit Benni im Kinderzimmer, ich hörte, wie er summte Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein … Nach ein paar Minuten kam er heraus und zog leise die Tür hinter sich zu.
    Er setzte sich neben mich und nahm meine Hand. »Erzähl, was los ist. Du siehst echt fertig aus.«
    Â»Ich weiß jetzt, wer die E-Mails manipuliert hat. Es war diese Frau, mit der ich auf deinem Konzert war.«
    Â»Die Unternehmensberaterin?«
    Ich nickte. »Sie muss auch einen Nachschlüssel haben. Sie ist jetzt da drin.« Ich zeigte auf die Wand, die unsere Wohnungen verband. Wieder kamen mir die Tränen.
    Sebastian legte beide Arme um mich. »Schschsch … ist schon gut«, murmelte er. Ich schluchzte, und mein ganzer Körper bebte. Gar nichts war gut. Er umfasste meine Schultern und sah mich an. »Gib mir deinen Schlüssel«, sagte er.
    Â»Nein, bleib hier«, ich griff nach seiner Hand, sah das Messer in der Aloe vor mir. »Sie ist unberechenbar.«
    Â»Janne«, sagte er mit fester Stimme, »gib mir den Schlüssel. Ich sehe nach. Ich verspreche dir, alles wird in Ordnung sein.«
    Ich hoffte so sehr, dass er recht hatte. Ich zog meinen Schlüsselbund aus der Handtasche, reichte ihn Sebastian. Dann kauerte ich mich in die Ecke des Sofas und wartete.
    Er kam nach ein paar Augenblicken ins Zimmer zurück und winkte mir. »Komm, es ist niemand da, überzeug dich selbst.«
    Ich folgte ihm in meine Wohnung. Er hatte überall das Licht eingeschaltet, und wir gingen von Raum zu Raum. Ich sah meine vertrauten Sachen, mein Nachthemd über dem Rand der Badewanne, ich selbst hatte es dort hingelegt, die angebrochene Flasche Wein in der Küche, ich selbst hatte sie geöffnet, mein Frühstücksteller mit Brotkrümeln in der Spüle. Auf dem Boden lagen die zerstörten Autogrammkarten. Die Erkenntnis traf mich schmerzhaft. Ich würde mich hier nie wieder geborgen fühlen. Es war nicht mehr mein Zuhause.
    Im Flur blinkte der Anrufbeantworter und zeigte drei entgangene Anrufe an. Ich drückte auf die Starttaste. Sebastian wandte sich zur Tür, wollte in seine Wohnung gehen. »Nein, bitte bleib noch einen Moment hier«, bat ich ihn.
    Auf dem Band war nur ein Rauschen. Nein, noch etwas. »Hörst du das? Da atmet doch jemand«, sagte Sebastian stirnrunzelnd. »Die Nummer ist unterdrückt. Was soll der Mist?«
    Das Band schaltete auf die nächste Aufnahme. Wieder das Atmen.
    Â»Sieh mal«, sagte Sebastian, »die Anrufe sind jeweils im Abstand von einer Stunde eingegangen. Meinst du, das ist diese Frau gewesen?«
    Ich starrte auf das Gerät, das nun die dritte Nachricht abspielte. Wir hörten einen langgezogenen Laut, ein Wehklagen, aber es war kein Weinen oder Schluchzen. Es klang gespenstisch.

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