Die bessere Hälfte - warum nur Frauen die Wirtschaft nach vorn bringen
und beauftragte es |160| mit der Analyse. Der abteilungsübergreifende Ansatz war insofern außergewöhnlich, als er eine große Gruppe von Angestellten auf verschiedensten Ebenen einbezog und sie zu strategischem Denken aufforderte.
Cathys Ziel bestand nicht darin, Diversity mithilfe von »Programmen, Postern und Slogans« zu propagieren, sondern sie wollte im Unternehmen ein grundlegendes Verständnis dafür wecken, wo die zukünftigen Herausforderungen lagen. Indem sie diverses Denken in einen strategischen Zusammenhang einbettete, schuf Cathy ein neues Handlungsmuster, um größere Probleme anzugehen. Dann demonstrierte sie die Früchte ihrer Bemühungen, indem sie zwei Mitglieder ihrer Gruppe aufforderte, die Initiative, zukünftig gemeinsam mit ihr zu leiten. Die Ergebnisse ihrer Bemühungen präsentierte sie dem Vorstand nicht allein, sondern gemeinsam mit einigen anderen Teammitgliedern, wodurch sie sie auf noch nie dagewesene Weise ins Lampenlicht rückte.
Ansätze wie Cathys sind in Firmen, die analytisches Wissen überbewerten, schwer durchsetzbar. Oft gibt es schon auf sprachlicher Ebene keine Möglichkeit, nicht-lineare Gedanken zu äußern. Eine Verbindung von Diversity mit dem Thema Emerging Risks erschiene in solchen Unternehmen vollkommen absurd. Diese starre Haltung entmutigt Frauen und andere Außenseiter und hindert sie daran, nützliche Gedanken zu äußern. Stattdessen machen sie es sich zur Gewohnheit, ihre Ideen lieber noch einmal zu überdenken und im Zweifel für sich zu behalten, weil sie nicht ins traditionelle Schema passen.
Jede Aussage und jeden Vorschlag der quantitativen Analyse zu unterziehen, erschwert zudem die Identifikation |161| neuer Trends, denn dadurch konzentriert man sich auf Daten, die die Vergangenheit widerspiegeln. Künstler standen in puncto Zukunftsprognosen immer schon an erster Stelle, und zwar eben
weil
ihre Arbeit auf Inspirationen fußt, die auf den ersten Blick allzu subjektiv anmuten. Natürlich sind subjektive Erkenntnisse nicht immer korrekt, aber automatisch alles vom Tisch zu fegen, das nicht durch »Zahlen« bewiesen werden kann, beeinträchtigt die Fähigkeit eines Unternehmens, jene innovativen Lösungen zu entwickeln, die in unserer heutigen schnelllebigen globalen Umgebung erforderlich sind. Übermäßiges Vertrauen auf Zahlen frustriert nicht nur Frauen, sondern auch diejenigen Männer, die sich mehr intuitives Denken am Tisch wünschen. Eine wichtige Quelle des Wissens bleibt dadurch ungenutzt.
Zu Achtsamkeit ermutigen
Intuitive Fähigkeiten gedeihen in einer Umgebung, in der Menschen genügend Zeit und Raum haben, um achtsam zu sein. Der kreative Prozess kann nur stattfinden, wenn es Ideen erlaubt ist, an die Oberfläche zu kommen, zu keimen und in ihrem eigenen ungezwungenen Tempo zu reifen. Achtsamkeit ist außerdem sehr wichtig, wenn Mitarbeiter sich auf ihre Mitmenschen einlassen müssen, um gemeinsam komplexe Herausforderungen zu meistern. Sie dient also auch der Zusammenarbeit.
Aber Achtsamkeit ist in Unternehmen schwierig, die dem Arbeitsrausch verfallen sind und ihre Mitarbeiter beständig |162| unter Druck setzen, indem sie von ihnen verlangen, weiterzuarbeiten, mehr Leistung zu bringen, Ziele zu erreichen und Ergebnisse zu rechtfertigen. In einer Zeit, in der die moderne Technologie uns rund um die Uhr arbeiten lässt und somit Erwartungen ins Unendliche hochschraubt, müssen Firmen ihren Angestellten dabei helfen, sich gegen Anforderungen, die dermaßen intensiv in ihre Privatsphäre eingreifen, zu schützen. Anderenfalls riskieren Arbeitgeber, ihre besten und intelligentesten Leute auszubrennen und schaffen damit eine Umgebung, in der Beschäftigung zur Sucht wird und den Menschen zerstört. Süchtige nehmen Warnsignale nicht mehr wahr – ein Grund, warum die Finanzkrise so weite Kreise zog.
Ein forderndes Arbeitsumfeld, das zur ständigen Überlastung der Mitarbeiter führt, ist gerade für Frauen ein besonderes Problem. Wie wir in Kapitel 5 gesehen haben, sind Frauen von vornherein motivierter, geraten aber deshalb auch erheblich schneller in Stress. Unternehmen handeln seit jeher auf der Basis der Annahme, dass Menschen ständig motiviert werden müssen, dass sie mit jeglichem Druck, der auf sie ausgeübt wird, jedoch mit Leichtigkeit fertig werden. Dieser Ansatz hat sich als überholt erwiesen, denn er spiegelt in keiner Weise die Bedürfnisse einer diversifizierten Arbeitswelt wider und berücksichtigt auch nicht, welch
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