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Die beste Lage: Roman (German Edition)

Die beste Lage: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Lage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaetano Cappelli
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Sache in allen Einzelheiten auszutüfteln. Turmkrähe würde sie am 21. März, also in genau einer Woche, in dem verlassenen Gutshof der Spina treffen, sein Geld im Gepäck, frisch hergerichtet und in der für einen Sekretär passenden Kleidung, die Gigli Gaudioso ihm schicken würde. Von dort würden sie dann gemeinsam nach Paris aufbrechen.
    »Am Abend des 20. komme ich zu dir auf den Hof, um nachzusehen, ob alles so läuft wie vereinbart.«
    »Einverstanden … He, bist du auch sicher, dass dein Padrone sich keinen Scherz mit mir erlaubt?«
    »Gigli Gaudioso? Weißt du denn nicht mehr, wie blöd der ist?«
    ›Der schon‹, dachte Graziantonio für sich, auch wenn er gar nicht genau wusste, was er tun sollte. Natürlich wäre es das Einfachste, in dem verlassenen Gutshof der Spina Stellung zu beziehen und Turmkrähe, sobald er in Sicht war, mit Hilfe eines Gewehrs zu durchsieben, um ihm dann, ohne ihm zu nahe zu kommen, als wäre er eine Schlange, mit einem Stock das Geld abzunehmen. Das aber war leichter gesagt als getan. Graziantonio hätte niemals den Mut aufgebracht, einem solchen Schurken entgegenzutreten. Allein schon der Gedanke jagte ihm Angst ein. Was dann?
    Dann blieb ihm gar nichts anderes übrig, als Hauptmann Turmkrähe und Gigli Gaudioso als dessen manutengolo – so nannte man damals einen Helfershelfer – bei General Pallavicini anzuzeigen. Aber was hätte er, Graziantonio, damit gewonnen? Genau das Kopfgeld in Höhe von dreitausend Lire, das auf den ehemaligen-Waisenknaben-und-heutigen-Verbrecher Turmkrähe ausgesetzt war. Sicher kein zu verachtender Betrag, aber verglichen mit dem, was auf dem Spiel stand? Alle diese vollen Beutel! Sie könnten alle ihm gehören. Alle ihm. Tja, aber wie? Er war schon drauf und dran, das Handtuch zu werfen und sich in einen einfachen infame zu verwandeln – wie auch heute noch in kriminellen und subversiven Kreisen ein Denunziant genannt wird –, als ihm der Kerl einfiel, den er bei der Renda, der Dorfhure, getroffen hatte.
    Ein schwarzes Schaf
    Ein Offizier des savoyardischen Heers. Hochgewachsen, blond, mit blauen Augen, genau wie nach den Vorstellungen der Süditaliener alle Piemontesen auszusehen hatten. In Wirklichkeit war er nicht einmal Piemontese. Er war Toskaner. Und er hatte ihn genauso behandelt, wie ein Adliger einen Knecht behandeln kann, und zwar nur, weil er, Graziantonio, ein paar Sekunden früher als er in einem Puff eingetroffen war, wo er beabsichtigte, seinen Schwanz in die Möse der einzigen im Umkreis vieler Meilen verfügbaren Hure zu stecken. Allerdings hatte Graziantonios liebenswürdiges Verhalten und sein respektvoller Rückzug den toskanischen Adligen dazu bewogen, sein Gebaren zu ändern. Zwischen den beiden hatte sich sogar so etwas wie eine »kameradschaftliche Männerbeziehung« entwickelt, die sie in der Folge dazu veranlasste, sich zuerst in mehreren Phasen die Gunst der ländlichen Dirne zu teilen und dann in der finsteren Spelunke gleich neben dem nicht weniger finsteren Hurenhaus gemeinsam das Abendessen einzunehmen.
    Hier hatte Graziantonio zwischen einem Glas und dem nächsten – und in diesem Zusammenhang darf man wohl ins Detail gehen und festhalten, dass es sich um Aglianico handelte – einige Besonderheiten aus dem Leben des Adligen erfahren, der ein Conte, also ein Graf, war und als das schwarze Schaf seiner Familie galt, weil er mit nur sechsundzwanzig Jahren bei Spiel und Weibern bereits einen beträchtlichen Teil des Familienvermögens durchgebracht hatte und deshalb von seinem Vater dazu verdonnert worden war, sich zur Wiedererlangung seiner Ehre freiwillig zum Heer des im Entstehen begriffenen Italien zu melden. Hier hatte er aber, wie man sieht, nicht nur zu den Weibern, sondern auch zum Spieltisch zurückgefunden und so viele neue Schulden angehäuft, dass zu ihrer Tilgung der Rest seines Vermögens draufgegangen wäre. Dieser Mann war genau der Richtige! Er könnte für die Lösung sorgen. Und so fragte Graziantonio bei der erstbesten Straßensperre der Nationalgarde die Soldaten nach ihm und bat, mit ihm sprechen zu dürfen.
    Der Conte erkannte ihn sofort wieder, und während er vor seinen Leuten noch recht förmlich auftrat, behandelte er ihn, sobald sie allein waren, so, wie man einen Komplizen eben behandelt. Und genau wie an einen Komplizen wandte sich Graziantonio jetzt auch an ihn und kam gleich zur Sache: »Wie sieht’s aus? Steckt Ihr immer noch bis zur Halskrause in Schulden?«
    »Schlimmer denn

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