Die beste Lage: Roman (German Edition)
Champagner zu entkorken, und während er darauf wartete, zündete er sich eine Cohiba an und sog mit größter Wollust daran.
Da war sie endlich, seine Rache.
Graziantonio Dell’Arco würde Yarno Cantini del Canto degli Angeli auf dem Gebiet schlagen, das ihm das liebste auf der Welt war.
Und das war sein Wein.
Teil III
Eine alleinstehende Frau
Chatryn Wally Triny war das, was man gemeinhin eine alleinstehende Frau nennt.
Warum ausgerechnet eine Frau wie sie, die etliche Männer gehabt hatte und ebenso viele hätte haben können, nunmehr so allein lebte, lässt sich leicht erklären. Sie war zu oft entflammt und zu oft erloschen, um sich noch der Illusion hinzugeben, irgendwann den Richtigen zu finden. Mit ihren neununddreißig Jahren war sie völlig angewidert von den Annäherungsritualen – den ersten Gesprächen, dem ersten gemeinsamen Abendessen, dem ersten Sex mit den wechselseitigen Bekenntnissen über die Fügungen des Lebens – und hätte sich auch mit einem Leben in Einsamkeit abgefunden, hätte sie nicht einen einzigen, unbezwingbaren Wunsch verspürt: Sie wollte ein Kind.
Dass ausgerechnet eine Frau wie sie in letzter Zeit an nichts anderes mehr denken konnte, was so weit ging, dass ihr Leben unaufhaltsam auf die Untiefen der Depression zusteuerte, das ist sicherlich schon ein bisschen schwieriger zu erklären.
Denn wenn es eine Frau gab, die für die fixen Ideen ihres Geschlechts vollkommen unempfänglich war, dann war es Chatryn, was sie allerdings nicht daran hinderte, der Inbegriff der Weiblichkeit zu sein, wie sich diejenigen noch gut erinnern konnten, die etwa das Glück gehabt hatten, ihr am College zu begegnen. Chatryn war nämlich genau jener Typ Frau, der dazu geboren scheint, seine Altersgenossen im süßsauren Saft des ersten Liebeskummers schmoren zu lassen. Wir alle haben so einen Typen gekannt, im Allgemeinen spröde, bezaubernde Mädchen mit schwarzem Rollkragenpullover, wunderschönen Augen und einem tiefen, aber kalten Blick, Mädchen, die erwachsener wirkten, als sie tatsächlich waren, und mit der größten Selbstverständlichkeit rauchten, während das Rauchen für uns andere ein Tabu war, gegen das zu verstoßen kaum jemand wagte.
Während wir, an eine Säule gelehnt, alles taten, um uns in Szene zu setzen, und von der zuletzt gehörten Schallplatte sprachen, bliesen Mädchen wie diese den Rauch durch die Nase aus und stöhnten: Immer noch die. Oder wenn wir uns für einen kürzlich entdeckten Roman aus einem Land nördlich der Alpen begeisterten, betäubten uns Mädchen wie diese mit einem gleichgültigen Blick und zitierten das Incipit in der Originalsprache, um sich dann plötzlich mit Schwung von der Wand abzustoßen, mit einem Akzent voller rätselhafter sinnlicher Aspiraten hinzuzufügen: »Aber Klaischt? Hast du jemals Ainrisch fon Klaischt gelesen?«, und uns dann wie begossene Pudel stehen zu lassen – Mädchen also, die wir wegen genau dieser unwiderstehlichen Mischung aus Schönheit, Intelligenz, Grausamkeit und Snobismus nie vergessen haben.
Unterdessen haben sie einen Kraftprotz oder irgendeinen anderen Frauenverschleißer geheiratet, der in der Regel im Suff geendet oder mit seinem Flitzer in der Tiefe einer Schlucht gelandet ist – lauter Typen jedenfalls, die niemals ein Buch von innen gesehen haben. Oder sie sind von Mann zu Mann geflattert, ohne jemals den einen zu finden, der ihnen das Wasser hätte reichen können. Zu dieser Kategorie gehörte Chatryn, trotz all der Begegnungen und Gelegenheiten, die das Leben ihr geboten hatte, vor allem seit sie bald nach ihrer Rückkehr von ihrer Forschungsreise nach Italien, auf der sie Riccardo Fusco gefunden, »erforscht« und lieben gelernt hatte, vom öden Ambiente der Universität in die Glitzerwelt der winelovers übergewechselt war.
Alles hatte nach einer Konferenz über Trancezustände begonnen, die mittels berauschender Getränke herbeigeführt werden, als Jeremy Seamoore, der feiste und picklige dreißigjährige Direktor von Wine Trend , einer kleinen, fast schon undergroundmäßigen, aber ungeheuer einflussreichen Fachzeitschrift, an sie herangetreten war und sie um einen Artikel über die Rolle des Weins in der Kulturgeschichte gebeten hatte. Obwohl sie von der Fertigstellung ihrer Studie über die Einflüsse des Schamanismus auf den tibetischen Buddhismus , mit der sie endlich einen Lehrstuhl zu ergattern hoffte, voll in Anspruch genommen war, schrieb Chatryn den Aufsatz, des Geldes wegen und quasi
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