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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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sicher.
    Überlandfahrten stellen den Charakter auf eine harte Probe, und ich hatte keine Vorstellung, wie sie mit den langen und manchmal recht eintönigen Strecken zurechtkommen würde. Ich fand jedoch bald heraus, wie man sie dazu bringen konnte, aus voller Kehle Arien aus irgendeinem Musical oder einer Oper zu schmettern, und manchmal sang ich mit, allerdings nicht so laut und nicht so gekonnt. Dann sah uns der arme Dllenahkh, der an ruhigere Fahrten gewöhnt war, mit gelindem Schrecken von der Seite an. Doch sobald Freyda auf technische Details zu sprechen kam, war auch er von ihr begeistert. Er hörte ihr aufmerksam zu – sie waren fast gleich groß – und nickte unentwegt, wenn sie über irgendeinen Punkt ihrer jüngsten Theorie dozierte. Einmal kam es mir sogar so vor, als würde sein Blick beinahe verträumt, so als hörte er gar nicht mehr auf ihre Erläuterungen, sondern sei mit seinen Gedanken ganz woanders.
    Ich wollte ihm schon romantische Gefühle unterstellen und ihn deswegen necken – damit hätte er mit meiner geradezu leidenschaftlichen Bewunderung für Mars fachliche Kompetenz gleichgezogen; doch in der darauffolgenden Woche überraschte er mich vollkommen. Ich hatte erwartet, dass sich Kavelan, ein junger, aber sehr umsichtiger Mitarbeiter, dem ich im Lauf des vergangenen Jahres mehrmals in seinem Büro begegnet war, seine Stelle als Verbindungsmann bei den Siedlungen übernehmen würde. Stattdessen wurde ich mit einem völlig neuen Gesicht konfrontiert. Das Alter dieses Mannes war schwer zu schätzen, er strahlte jedoch eine solche Reife aus, dass ich ihn eher Dllenahkhs Generation zurechnete als den durchschnittlichen Männern in den Sadiri-Siedlungen.
    Dllenahkh machte uns bekannt. »Das ist Doktor Lanuri, mein Nachfolger. Er wird uns künftig bei den Inspektionsfahrten begleiten.«
    Dr. Lanuri nickte uns zu, und Freyda und ich begrüßten ihn mit einer kleinen Verneigung. Die Linien um seine Augen sahen verdächtig wie Lachfalten aus, doch wenn das zutraf, mussten sie aus längst vergangenen Jahren herrühren. Seine Züge zeigten immer noch die leichte Starre einer tiefen Depression, wie sie in der ersten Zeit nach ihrer Ankunft auch für Dllenahkh und viele andere Sadiri charakteristisch gewesen war.
    Leider bekam ich keine Gelegenheit, ihn näher kennenzulernen, denn nachdem uns Dllenahkh einen kurzen Überblick über die geplanten Inspektionen gegeben hatte, führte er uns nicht zu einem, sondern zu zwei Bodenfahrzeugen.
    »Da wir die Wagen gelegentlich auch als Schlafgelegenheit nutzen müssen«, erklärte er, »hielt ich es für ratsam, sie nicht mit der maximal zulässigen Anzahl von Personen zu belegen. Deshalb bekommt jedes Team sein eigenes Fahrzeug. Die Navigationssysteme sind miteinander vernetzt. Doktor Lanuri, Doktor Mar, ich wünsche Ihnen eine sichere und angenehme Fahrt.«
    Nach diesen Worten stürzte er sich geradezu auf einen der Wagen, mit einer Hast, die mir für einen Sadiri unnatürlich und ungehörig vorkam. Ich folgte ihm, einigermaßen belustigt über den neckischen Unterton, der in seiner übertrieben formellen Verabschiedung (die erste Etappe der Rundreise dauerte schließlich nicht mehr als zwei Stunden) mitgeschwungen hatte. Und ich fragte mich, ob ich mir das gereizte Flackern in Dr. Lanuris Augen – ich habe den gleichen Blick, wenn meine Mutter wieder einmal andeutet, wie sehr sie sich über einen zweiten Schwiegersohn und weitere Enkelkinder freuen würde – nur eingebildet hatte.
    »Ich muss schon sagen«, bemerkte ich, nachdem wir losgefahren waren, »das Ministerium für Familienplanung wäre dezenter vorgegangen, als Sie es eben getan haben. Vielleicht sollten Sie die Heiratsvermittlung denen überlassen.«
    Dllenahkh spielte die gekränkte Unschuld, strahlte aber dabei so viel Genugtuung aus, dass er mich nicht überzeugte. »Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, was Sie damit sagen wollen. Ist es denn nicht praktisch, wenn Doktor Mar und Doktor Lanuri zusammen in einem Wagen fahren? Auf diese Weise können sie sofort mit dem Prozess der Teamentwicklung beginnen, dem die Cygnier so große Bedeutung beimessen.«
    Mein »Hmhm« triefte vor Sarkasmus.
    Wie alle Stadtbewohner besaß Dr. Mar genügend Feingefühl, um ihren natürlichen Enthusiasmus auf ein Maß zu drosseln, das ihren neuen Kollegen nicht überforderte, womit ich sagen will, dass sie sich nach diesen ersten beiden Stunden recht gut zu verstehen schienen. Dennoch war ich schwer

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