Die beste Welt: Roman (German Edition)
soll ich Ihrer Meinung nach tun?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete er schlicht und aufrichtig.
»Nasiha, Tarik …«, begann ich.
»Er würde nicht wollen, dass sie ihn so sehen.«
Die Art, wie er das sagte, ließ mich aufhorchen. »Das ist schon öfter vorgekommen«, bemerkte ich. Eine Feststellung, keine Frage.
Er nickte, stand auf, trat beiseite und gab mir den Weg frei. Ich sah ihn fragend an, dann trat ich langsam ein, ohne zu wissen, was mich erwartete.
Dllenahkh lag auf der Seite auf dem schmalen Feldbett, das zu unserer Ausrüstung gehörte, nicht direkt in Fötushaltung, aber doch zusammengekrümmt. Die Decke war bis unter die nackte Schulter hochgezogen. Einiges sprach dafür, dass er wach war. Der feste Griff, mit dem seine Linke das rechte Handgelenk umfasste, die Spannung um die Augen, die krampfhaft geschlossenen Lider und die flache, unregelmäßige Atmung deuteten auf einen Zustand der Verzweiflung hin.
Zu erstaunt, um verlegen zu sein, kniete ich neben ihm nieder. »Dllenahkh? Wollen Sie nicht aufstehen?«
Ich hätte nicht damit gerechnet, aber ich bekam eine wenn auch schwache Reaktion. »Ich bin müde«, sagte er langsam. »Lassen Sie mich allein.«
»Etwas sagt mir, dass ich das besser nicht tue«, entgegnete ich. Unfassbar, aber meine Stimme klang so normal, als läse ich eine Checkliste vor. »Ich finde, Sie sollten jetzt aufstehen und mit mir einen Spaziergang machen.«
Er blieb eine Weile reglos liegen, schlug aber immerhin die Augen auf, auch wenn sein Blick gezielt an mir vorbeiging. Ich blickte mich um, suchte nach etwas, das mir helfen könnte, das Gespräch fortzusetzen, und entdeckte ein sauber gefaltetes Unterhemd und einen Uniformrock. Typisch Sadiri, selbst bei einem Nervenzusammenbruch auf die häusliche Ordnung zu achten.
»Hier ist Ihr Hemd«, sagte ich wie zu einem Kind. »Wollen wir es nicht anziehen?«
Immer noch ohne mich anzusehen, stieß er einen abgrundtiefen Seufzer aus und richtete sich langsam auf. Er ließ zu, dass ich ihm das Unterhemd über den Kopf zog, dann hob er schwerfällig die Arme und steckte sie durch die Öffnungen. Sein Haar war zerrauft, und ich versagte mir, es glattzustreichen.
»Was ist mit Ihnen?«, flüsterte ich.
»Überanstrengung«, murmelte er. »So viel Wut in der Menge. Zehrt an den Kräften, sie abzuwehren.«
Ich wusste, dass das nicht die ganze Wahrheit war, bedrängte ihn aber nicht weiter, sondern reichte ihm nur den Uniformrock und sah mich nach seinen Stiefeln um.
»Na also«, sagte ich endlich, nicht sehr erfolgreich um einen munteren Tonfall bemüht. »Sie sind fertig. Wir können gehen.«
Draußen schloss Joral sich uns an. Das ramponierte Aussehen seines Vorgesetzten übersah er diskret – jedenfalls dachte ich das, bis ich erkannte, dass seine Aufmerksamkeit auf jemand anderen gerichtet war. Lian war bereits angekleidet und trabte mit einem Biosensor in der Hand vorbei.
»Etwas hat den Alarm ausgelöst«, erklärte Lian. »Fergus ist schon vor Ort, aber er wollte zur Sicherheit eine Sensormessung haben.«
Ich war froh um die Ablenkung. Solange wir von einer Krise in die andere stolperten, konnten wir uns immer noch einreden, wir würden funktionieren; gefährlich waren die Phasen, in denen wir in aller Ruhe Nabelschau halten konnten. Wir trabten hinter Lian einen kleinen Hügel hinauf. Fergus war bereits oben, er hatte ein Knie auf den Boden gesetzt und hielt seine schussbereite Pistole in der Hand, den Lauf nach unten gerichtet.
Zunächst sah ich nur das gelbe Gras, doch dann bewegte sich etwas – ein Tier mit kurzem Fell, nach Größe und Gestalt einem Wildhund nicht unähnlich. Es schnüffelte kurz herum, zuckte mit dem Kopf, als hätte der Staub es zum Niesen gereizt, wandte sich ab und sprang in langen Sätzen auf der anderen Seite den Hang hinunter.
Joral löste sich als Erster aus der Erstarrung. Stumm und mit ausdruckslosem Gesicht drehte er sich einfach um und eilte den Weg zurück, den wir gekommen waren. Ich sah ihm nach und runzelte verständnislos die Stirn.
»Ein Wildhund?«, fragte Lian in gedämpftem Ton.
»Ein Savannenhund. Ich habe selbst noch nie einen gesehen, habe aber gehört, dass sie in dieser Gegend manchmal anzutreffen sind«, antwortete Fergus. »Solange wir ihre Welpen in Ruhe lassen, sollten sie keinen Ärger machen.«
Die beiden Offiziere des Wissenschaftsrats kamen mit Joral den Hügel heraufgestürmt, sie hielten Biosensoren in den Händen. Wir folgten ihnen bis zur
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