Die beste Welt: Roman (German Edition)
Stadt hatte an taSadiri-Kultur nicht viel zu bieten, wir hatten indes wegen einer Telekonferenz Station gemacht, dieses Mal aus erfreulicherem Anlass. Wir hatten fast die Hälfte unseres Missionsplans abgearbeitet, das wollten die Medien entsprechend würdigen. Qeturah und Dllenahkh waren bereits interviewt worden, und auch der Rest des Teams bekam etwas vom Rampenlicht ab. Außerdem nützten wir die Gelegenheit, um an großen Schreibtischen in richtigen Büros, die uns von der hiesigen Zweigstelle der Zentralregierung dankenswerterweise zur Verfügung gestellt wurden, die angefallene Korrespondenz zu erledigen und Berichte zu verfassen.
»Recht gut«, antwortete ich, ohne zu verhehlen, wie überrascht und erfreut ich darüber war. »Sie hat etwas Geduld mit mir, aber nicht zu viel. Das heißt, sie hält mich auf Trab.«
»Allein das frühe Aufstehen würde Sie auf Trab halten«, bemerkte sie trocken.
Nasiha dachte natürlich nicht daran, meinetwegen ihre Meditationszeit abzukürzen, und so hatte ich die zweifelhafte Ehre, für den Unterricht noch früher aufstehen zu dürfen als der durchschnittliche Sadiri. »Hoffentlich macht sie morgen mal eine Ausnahme, denn heute Abend wird es spät.«
Wir wollten nämlich ausgehen. Ich hatte festgestellt, dass sowohl Dllenahkh als auch Joral sich bisher vor Gildas Kulturprogramm gedrückt hatten, und Qeturah fand, ein bisschen Abwechslung würde uns gut tun. Sie, Nasiha und Fergus hatten sich für etwas Zeitgenössisches entschieden und würden sich im hiesigen Cineplex ein Holovid ansehen, wir Übrigen wollten es mit der Aufführung einer Wanderbühne versuchen. Es ging dabei ziemlich primitiv zu, sogar das Programmheft war aus Papier, und vor dem Theater hatte man ein auffälliges Werbeplakat angebracht.
» Das Ende des Lachens. Das kenne ich«, sagte Joral. »Ist das nicht die Bearbeitung von Genug , der taSadiri-Geschichte von einem Mann, der seine treulose Frau und ihren Liebhaber umbringt?«
»Nein!« Tarik schüttelte energisch den Kopf. »Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. In diesem Stück bringt er den Mann um, den er irrtümlich für ihren Liebhaber hält, während der echte Liebhaber davonkommt. Es ist eine Bearbeitung des Ainya-Dramas Betrug , nicht von Genug .«
»Ich will ja die Verwirrung nicht noch vergrößern«, schaltete ich mich ein, »aber ich bin ziemlich sicher, dass es sich hier um eine Version von Othello handelt, einem der alten terranischen Klassiker. Der Held hört auf die Anschuldigungen eines Mannes, der ihn vernichten will, und bringt seine Ehefrau um, obwohl sie ihm nicht untreu war.«
Lian trat näher an das Plakat heran und las das Kleingedruckte am unteren Rand laut vor. »Nach Motiven aus der italienischen Oper Pagliacci .«
Wir drängten uns um das Plakat. »Wer stirbt?«, fragte Tarik interessiert. »Und war die Untreue echt oder nur unterstellt?«
»Könnten wir uns nicht eine andere Aufführung ansehen, eine, die uns nicht demonstrieren will, wie weit verbreitet dysfunktionale Paarbindungen in den meisten Kulturen sind?«, fragte Dllenahkh. Sein Missfallen war unüberhörbar.
Ich verdrehte die Augen und seufzte. »Jeder fühlt sich zum Kritiker berufen. Na los, gehen wir rein.«
Lian strebte bereits dem Foyer zu, und ich wollte schon folgen, als ich spürte, wie sich die Atmosphäre veränderte. Ich drehte mich um. Die Sadiri standen da wie angewurzelt und beobachteten eine hübsche junge Frau mit dichten schwarzen Locken, die auf eine Seitengasse zustürmte, um vermutlich durch den Hintereingang ins Theater zu gelangen. Sie hielt mit einer Hand einen Mantel und eine Handtasche fest, mit der anderen umklammerte sie ein Paar Schuhe, als hätte sie das alles auf dem Weg nach draußen zusammengerafft und keine Zeit mehr gefunden, sich fertig anzuziehen. Dabei hätte sie gut daran getan, denn sie trug das kürzeste und knappste Kleidchen, das man sich denken konnte. Ihre Beine waren kaum noch bedeckt, und wie sie mit so wenig Stütze für ihre Oberweite so schnell laufen konnte, ist mir heute noch unbegreiflich. Was an nackter Haut zu sehen war, und das war nicht wenig, strahlte in mattem Glanz. Ich kenne Frauen, die diesen Schimmer mit silikon- und glimmerhaltiger Körpermilch zu imitieren versuchen, um für Zhinuvierinnen mit geschmeidigen Gliedmaßen und noch geschmeidigerer Moral gehalten zu werden. So ganz gelingt das nie.
Inzwischen drehten sich alle nach ihr um, nicht bloß die Sadiri. Als sie endlich im Theater
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