Die bestellte Braut
das denn wissen?“, verlangte er zu wissen und Steffiney schaute etwas verwirrt zurück.
„Na weil... Also bitte! Wir kannten uns noch keine fünf Minuten und Sie konnten sich ja kaum zu den selbstverständlichsten Höflichkeiten aufraffen. Wäre ich Ihnen sympathisch, hätten Sie sich garantiert nicht wie die Axt im Walde benommen und mich grundlos auf diese Weise beschimpft!“
Nach diesem Vorwurf wandte Luke sich mit einem schuldbewussten Blick wieder um und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf den Weg. Die restliche Fahrt verging schweigend und bald darauf hatten sie das Haus von Dave McAbberty im Herzen der kleinen Stadt erreicht.
Doc Daves Praxis musste recht gut laufen, denn sein Haus war groß und gut in Schuss, wie Steffiney feststellen konnte. Sie ließ gerade ihren Blick an der zweistöckigen Fassade hinauf wandern, als die Tür sich öffnete und eine ältere, rundliche Dame hinauskam.
„Luke mein Junge!“, rief sie. „Wie schön, dass Du Dich mal wieder blicken lässt. Du bringst mir also das Mädchen! Dave war ja voll des Lobes. Kommen Sie, kommen Sie her Herzchen und lassen Sie sich anschauen!“
Während ihr Begleiter ihr von der Kutsche herunter half, plapperte Mrs. McAbberty ohne Unterlass und drückte ihren neuen Hausgast schließlich wie eine lang vermisste Tochter an ihren mütterlichen Busen.
„Luke, mach Dich nützlich. Bring Miss O'Brians Sachen nach oben. Wir haben das Gästezimmer rechts von der Treppe für sie hergerichtet. Na los Junge, los! Und Sie kommen erst mal mit mir in die Küche, Schätzchen. Ich hab einen Kuchen gebacken und wir können uns gleich ein bisschen beschnuppern, wenn wir zusammen Kaffee trinken“, ordnete die Hausherrin fröhlich, aber ebenso resolut und bestimmt an.
Steffiney konnte nicht einmal einen Dank für ihre Freundlichkeit zwischen den unaufhörlichen Wasserfall von Mrs. McAbbertys Worten schieben, denn schon ging es weiter. „Luke! Luuuuuke, mein Junge. Komm in die Küche, wenn Du die Sachen hochgebracht hast. Es gibt Apfelkuchen!“ Damit wurde Steffiney durch den Salon in einen Flur und die dahinter liegende sonnendurchflutete Küche geschoben.
Einige Augenblicke später tauchte auch der älteste Sullivan wieder auf und gemeinsam wurde der wirklich sagenhaft gute Apfelkuchen angeschnitten.
Mrs. McAbberty war nicht nur sehr gesprächig sondern auch überaus neugierig und so war Steffiney gezwungen, gleich bei ihrer ersten Begegnung ihre ganze Familiengeschichte auszubreiten.
So erfuhr die Arztgattin, dass ihre Eltern irische Einwanderer gewesen waren, dass sie ihre Kindheit auf einer Farm in Pennsylvania verbracht hatte und ihr Vater starb, als sie zwölf Jahre alt war. Daraufhin war ihre Mutter mit ihr nach Boston gezogen, da sie die Farm allein nicht halten konnte und hatte dort als Haushälterin und Putzfrau gearbeitet. Unter anderem für einen alten Musikprofessor und im Boston Athenaeum. Ersterer hatte die Dienste der Mutter zum Großteil mit Klavierunterricht für die kleine Miss O'Brian vergolten und Letzteres hatte für eine ziemlich umfassende Allgemeinbildung gesorgt. Steffineys Mutter hatte es sich natürlich nicht leisten können ihre Tochter auf ein teures College oder ähnliches zu schicken, aber immer wenn Mrs. O'Brian spät abends los zog, um die langen Flure von Bostons großer Bibliothek zu wienern, hatte sie ihre Tochter mitgenommen. Steffiney hatte sich über die Jahre nach und nach durch die langen Reihen der Bücher vieler bedeutender Schriftsteller gearbeitet hatte.
Aber all diese schönen Stunden hatten ein Ende, als ihre Mutter starb und sie für sich selbst sorgen musste. Steffiney hatte Klavierstunden gegeben und schließlich als Krankenschwester während des Bürgerkriegs im Bostoner Stadtkrankenhaus gearbeitet. Tja und jetzt war sie auf ihrem Weg in den Westen hier bei den Sullivans, alten Bekannten ihrer Mutter, gestrandet. Bis auf den letzten Teil entsprach alles der Wahrheit und sie atmete dankbar auf, als Luke auch zur letzten kleinen Notlüge keine Bemerkung machte.
Mrs. McAbberty begann natürlich sofort sie wegen ihres schweren Schicksals zu bemitleiden. Steffiney beruhigte sie allerdings lachend, dass sie ihre Eltern zwar oft vermisste, aber ihr Schicksal nicht als besonders schwer empfand. Schließlich schaltete auch Luke sich wieder ein, der bis jetzt schweigend zugehört hatte und sagte, dass er langsam auf die Ranch zurück musste.
„Oh ja, wie recht Du hast, mein lieber Junge. Ich muss mich
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