Die bestellte Braut
so kam es auch, dass Harriet sich wieder in ihren Schmollwinkel hinter die Mehlsäcke verzog, als sie vom Fenster aus Mary-Sue Brandon am Arm von Luke auf das Warehouse zukommen sah. Die Dame hatte sich Spitze für ein Kleid aus San Francisco bestellen lassen, die sie nun abholen wollte. Elizabeth Plockton verschwand gerade im Lager, um zu schauen, ob Harry die Spitze dort irgendwo untergebracht hatte, als sich die Tür nochmals öffnete und Miss Finney im Laden erschien.
Luke hatte sie seit dem Tag seines Heiratsantrags nicht mehr gesehen und auch wenn er sich nichts anmerken ließ, war er doch besorgt. Finney sah um einiges blasser und dünner aus als an dem Tag nach der Schießerei.
Steffiney blieb wie angewurzelt in der Tür stehen, als sie das Pärchen an der Ladentheke erblickte, entschied aber nach der ersten Schrecksekunde, dass es doch zu albern wäre wieder zu gehen. Mit einem verrutschten Lächeln grüßte sie und wollte schon in einiger Entfernung stehen bleiben, als sie sich unversehens von Mary-Sue angesprochen sah.
„Meine Güte Miss O'Brian, sie sehen ja unmöglich aus. Hat Sie diese unselige Schussverletzung so mitgenommen?“, fragte sie und schaffte es fast ehrlich besorgt zu klingen. Luke drehte bei diesem Kommentar den Kopf zur Seite und versuchte seinen Ärger über diese Ungehörigkeit zu verbergen, indem er so tat als würde er einige der Harken und Hacken an der anderen Wand begutachten.
Finney redete sich damit heraus, dass sie wohl etwas zu wenig gegessen hätte, weil in der Praxis so viel zu tun war und erkundigte sich dann pflichtschuldig nach Mrs. Brandons Befinden. Nicht ohne ein oder zwei vorsichtige Blicke aus den Augenwinkeln zu Luke hinüber zu werfen. Er sah genauso aus wie immer. Vielleicht ein wenig müder mit der Andeutung von dunklen Ringen unter den Augen, aber das war auch die einzige Veränderung, die sie an ihm feststellen konnte.
„Ach gut, gut. Aber was haben Sie denn da für eine enorme Liste?“ Damit zog sie Steffiney ihre Einkaufliste aus der Hand und ohne das geringste Schuldbewusstsein las sie die Notizen aufmerksam durch.
„Es ist nur für einen Kuchen“, sagte Finney ungehalten und eroberte ihre Liste genauso frech wieder zurück. Mary-Sue ließ eines ihrer aufgesetzten Lachen hören und Steffiney fragte sich, wie Luke dieses nervtötende Geräusch nur aushielt.
„Ach haben Sie sich doch nicht so, es war ja kein Liebesbrief“, meinte die Witwe mit einem verschwörerischen Zwinkern. „Ich schätze, Sie nehmen auch an dem Kuchenwettbewerb teil?“
Miss Finney bejahte, stellte aber sofort richtig, dass sie es nur tat, weil Mrs. Trudi sie darum gebeten hatte. „Und Sie, Mrs. Brandon? Werden Sie auch einen Kuchen beisteuern?“
Wieder dieses aufgesetzte Lachen, es hörte sich an wie einstudiert.
„Bis jetzt habe ich das noch gar nicht in Erwägung gezogen, aber eigentlich ist es keine schlechte Idee. Sie müssen wissen, dass ich in San Francisco für meine Nachmittagsgesellschaften berühmt war. Und vor allem für die Kuchen, die ich dort servierte. Die Leute waren ganz wild auf eine Einladung in mein Haus, nur um meine Torten probieren zu können.“
Mit einem säuerlichen Lächeln nickte Finney ohne zu wissen, dass die berühmten Torten und Kuchen von Mrs. Brandon samt und sonders von ihrer tüchtigen Haushälterin gebacken worden waren. Aber natürlich konnte die schöne Witwe sich hier, vor Luke, der ja völlig verrückt auf diesen Süßkram von der alten Prudle war, nicht die Blöße geben und eingestehen, dass sie noch nie eine Kuchenform in der Hand gehabt hatte.
„Na dann sollten Sie sich unbedingt auch anmelden. Mrs. Aldridge kümmert sich um die Organisation.“ Miss Finney war bemüht so höflich wie möglich zu bleiben und zu ihrer eigenen Überraschung gelang ihr das auch recht gut. Doch bevor ihre Beherrschung noch auf eine weitere Probe gestellt werden konnte, tauchte Elizabeth mit der Spitze in der Hand wieder aus dem Lager auf. Im Handumdrehen war alles erledigt und Mrs. Brandon verabschiedete sich mit einem ihrer nervtötenden Lachen. Luke zog kurz den Hut und mit einem „Auf Wiedersehen, Liz.“ ging er zur Tür. Finney wollte sich schon zu Liz umwenden, als er sich an noch einmal kurz zu ihr drehte. „Miss O'Brian.“ Und mit einem letzten undeutbaren Blick verschwand er mit der schönen Witwe nach draußen.
Kaum war die Tür wieder ins Schloss gefallen, erschien Harriet hinter den Mehlsäcken. „Ist die blöde Kuh weg?“,
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