Die bestellte Braut
schweigend an. „Nein. Nein, Finney, ganz und gar nicht. Ich denke Sie sind eine überaus kluge Frau, die damals die richtige Entscheidung getroffen hat. Es hat sicherlich einigen Mut erfordert sein eigenes Glück über sein Ansehen und das Geschwätz der Leute zu stellen. Es muss Ihnen schwergefallen sein und umso bewundernswerter finde ich Ihre Entscheidung. Und darüber hinaus denke ich eher schlecht von Mary-Sue, weil sie Sie mit ihren ständigen Sticheleien zu diesem Ausbruch provoziert hat. Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass niemand etwas von dieser Geschichte erfahren wird. Ich wage auch in Mary-Sues Namen zu sprechen. Ich hab da so eine Ahnung, dass ihr jemand eindrücklich klar machen wird, dass sie besser schweigen sollte.“
Und damit hatte Josh Recht. Mary-Sue sah sich zuerst einer Gardinenpredigt von Charles Sullivan ausgesetzt, der an ihr Mitgefühl und ihre Diskretion appellierte diese Geschichte nicht publik werden zu lassen. Und später, als Luke sie zurück in die Stadt brachte, machte er ihr in weniger wohl gewählten, aber dafür umso deutlicheren Worten klar, dass er von ihr absolute Verschwiegenheit erwartete.
Na, haben Sie doch noch den Mut gefunden, sich ins Sündenbabel zu begeben?
Der kleine Zwischenfall am Sonntagnachmittag hatte auf alle Beteiligten eine Wirkung, mit der sie so nicht gerechnet hatten. Zur ihrer eigenen Überraschung fühlte Finney sich um einiges besser. Als hätte sie etwas richtig gestellt, auch wenn sie selbst nicht wusste, was das sein sollte.
Mary-Sue dagegen, die so große Hoffnungen in ihre kleinen Bosheiten gesetzt hatte, bekam das Gefühl, dass Luke ihr mit jedem Tag ein bisschen mehr durch ihre perfekt gepflegten Finger glitt. Oh ja, er kam sie immer noch besuchen, er machte Ausritte mit ihr und lud sie ab und an auf die Ranch ein, aber er wirkte, als wäre er in Gedanken stets woanders. Und Mrs. Brandon hatte die ungute Ahnung, dass das irgendwie mit dieser peinlichen Geschichte der aufdringlichen Arzthelferin zusammenhing.
Und Luke selbst gingen immer mehr die Augen darüber auf, dass er an der Ablehnung seines Antrags nicht ganz unschuldig war. Sein ganzes Verhalten kam ihm auf einmal doch recht kindisch vor. Sich nach Finneys Zurückweisung sofort Mary-Sue an den Hals zu werfen, bloß um nicht darüber nachdenken zu müssen, wie sehr ihn das alles getroffen hatte, passte eher zu einem grünen Bengel als zu einem erwachsenen Mann. Hätte er Finney doch wenigstens seinen übereilten Antrag erklärt...
Einstweilen jedoch fühlte er sich in der Pflicht Mary-Sue nicht wie eine heiße Kartoffel fallen zu lassen, auch wenn ihm inzwischen klar war, dass er meilenweit davon entfernt war ernsthafte Gefühle für sie zu haben.
Doch keiner der drei jungen Leute sollte großartig Zeit haben sich Gedanken um das zu machen, was geschehen war und wie es weitergehen sollte. Kaum war nach dem Erntedankfest etwas Ruhe in Green Hollow eingekehrt, als das nächste Unglück über die kleine Stadt hereinbrach. Mrs. Trudi sollte sich später darüber wundern, dass manchmal jahrelang nichts in dem kleinen Kaff geschah, aber wenn, dann jagte eine Katastrophe die nächste.
Es war noch zeitig am Morgen, kaum dass die McAbbertys und Steffiney vom Frühstückstisch aufgestanden waren, als für einen Moment das Haus zu erzittern schien und ein fernes Rumpeln zu hören war. Mrs. Trudi und Finney hielten beim Tisch abräumen erschrocken inne und Doc Dave runzelte seine sowieso schon faltige Stirn.
„Mein Güte, Dave! Was kann das denn nur gewesen sein?“, verlangte seine Frau von ihm zu wissen. Der alte Arzt wusste keine Antwort, doch es sollte nicht lange dauern bis Licht in das Dunkel kam.
Kaum eine halbe Stunde später klopfte es heftig und ausdauernd an die Haustür und Miss Finney ging hin, um zu öffnen. Sie war etwas verblüfft sich Auge in Auge mit dem seltsam verwahrlosten jungen Mann wieder zu finden, der sie an ihrem ersten Tag in Green Hollow zur Black Creek Ranch hinausgefahren hatte. Er stützte sich mit einer Hand am Türrahmen ab und atmete schwer, als wäre er eine weite Strecke gerannt. „Missy, der Doc. Wir brauchen den Doc“, keuchte er mühsam. „Reeds Silbermine ist eingestürzt!“
Miss Finney glaubte im ersten Augenblick nicht recht zu hören, doch dann fielen ihr das Rumpeln und das kleine Erdbeben ein. Resolut zog sie ihren ehemaligen Kutscher zu den Verandamöbeln und drückte ihn auf einen der Stühle. „Sitzenbleiben!“, befahl sie
Weitere Kostenlose Bücher