Die bestellte Braut
Mittags und der Reverend und Doc Dave diskutierten gerade ob man die Verletzten in die Kirche tragen sollte, da die Sonne so unerträglich heiß brannte oder ob man lieber die Leichen und Todgeweihten dort unterbrachte, als ihnen ein unerwarteter Ausweg aus diesem Dilemma angeboten wurde.
Plötzlich stand inmitten der Karren und blutüberströmten Männer eine Frau in einem grellroten Kleid und mit stark geschminktem Gesicht. Finney hielt in ihrer unermüdlichen Arbeit augenblicklich inne und starrte diese Erscheinung fasziniert an. Sie hatte die Dame noch nie irgendwo gesehen. Weder in der Kirche noch in der Stadt. Die Frau ging ohne Umschweife auf den Pfarrer und Doc Dave zu und wechselte ein paar Worte mit ihnen. John Brinkley sah reichlich entsetzt aus, während Doc Daves Gesicht sich im Laufe des Gesprächs immer mehr aufhellte. Er reichte der seltsamen Dame die Hand und rief dann nach Finney.
„Mädchen, das ist Miss Henny. Sie stellt uns in Francys Namen das Gemstone für die Verletzten zur Verfügung, die wir nicht in ihre eigenen Häuser oder ins Lager schicken können. Geh mit ihr und sorg dafür, dass die Zimmer so hergerichtet werden, dass wir in jedem wenigstens drei oder vier unterbringen können.“
Steffiney war ihr Entsetzen deutlich anzusehen. Wenn diese Miss Henny von Francy kam, dann war sie eindeutig... Sie war... Sie war eine Hure! Und Doc Dave wollte die Verletzten in einem Freudenhaus unterbringen! Jetzt konnte sie John Brinkleys entsetzten Blick gut nachvollziehen.
„Aber Doc...“, versuchte sie einen Einwand gegen dieses unchristliche Vorhaben. Die Dame vor ihr schaute sie mit einem so abschätzenden Blick an, dass Finney fast das Gefühl hätte, sie wäre diejenige, die ihr Geld mit so unmoralischen Dingen verdiente.
„Keine Angst Missy, die Prostitution ist nichts Ansteckendes. Sie werden genauso moralisch intakt wieder aus dem Gemstone kommen, wie Sie herein gehen. Wir wollen lediglich unseren Teil für die armen Männer tun“, sagte die Frau unerwartet barsch und Finney musste sich zusammenreißen, um nicht unwillkürlich einen Schritt zurückzuweichen. Mit einem Augenzwinkern an Doc Dave fügte Miss Henny hinzu: „Einige von den Jungens hier sind unsere besten Kunden. Wir würden eine Menge Umsatz einbüßen, wenn denen was passiert.“ Und damit drehte dieser schillernde Paradiesvogel sich um und stolzierte auf das Gemstone zu.
Überrumpelt von so viel Offenherzigkeit, sowohl was das Kleid als auch die Ausdrucksweise anging, starrte Steffiney der größten Attraktion des Gemstone hinterher, bis Doc Dave in schneidendem Ton sagte: „Wenn Du Dich nicht drum kümmerst, muss ich jemand anderen schicken. Aber lass Dir eins gesagt sein, mein Mädchen: Nur weil die Frauen dort drinnen nicht Dein Glück haben und ihr Auskommen auf diese Weise sichern müssen, sind sie noch keine schlechten Menschen. Und das Gemstone als Krankenlager kommt uns wie gerufen. Ich hätte all die Schwerverletzten an einer Stelle und noch dazu haben sie es da drinnen viel bequemer als auf den Kirchenbänken.“
Mit zweifelndem Blick schaute Finney der Dame hinterher, doch Doc Daves Worte ließen sie nicht kalt. Sie musste an ihre Ankunft hier in Green Hollow denken und wie es wohl weiter gegangen wäre, wenn die Sullivans sich nicht als so hilfreich und freundlich ihr gegenüber erwiesen hätten. Wer weiß, wozu sie gezwungen gewesen wäre... Außerdem ging es hier in der Tat nicht um sie und ihre Ansichten von der Welt, sondern darum den Verletzten zu helfen. Wenn sie Pech hatten, würden nach dem zweiten Einsturz noch weitere Verletzte hier eintreffen. Mit allem Galgenhumor, den sie aufbringen konnte, wandte sie sich wieder an Dave. „Naja, immerhin werden wir dann ein ganzes Haus voller kostenloser Krankenschwestern haben, die sicherlich ihr Bestes geben, um es den Männern angenehm zu machen. Ich gehe.“
McAbberty klopfte seiner Gehilfin mit einem breiten Grinsen auf die Schultern. „So gefällst Du mir viel besser, Mädchen.“
Im Weggehen hörte Steffiney noch, wie John Brinkley mit aufgebrachter Stimme dagegen protestierte, dass der Doc die junge Frau einfach allein in diese Brutstätte der Sünde gehen ließ, aber er wurde still als Doc Dave recht verständlich für alle Umstehenden sagte: „Wenn Sie so besorgt um Finneys Wohlergehen sind, dann begleiten Sie sie doch einfach. Wenn ich mich nicht irre, kennen Sie sich doch besonders gut im Gemstone aus.“
Indes betrat Miss Finney etwas
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