Die besten Freunde der Welt: Fritz und Ben (German Edition)
vergessen.
Fertig.
Los.
Nachts im Waldbad
Ben und ich haben uns vorgenommen, nicht zu sprechen. Ganz leise gehen wir die Treppe hinunter, biegen links auf den Bürgersteig und kommen schon nach wenigen Metern auf den kleinen Weg, auf dem nur Fahrradfahrer und Fußgänger Platz haben. Der Weg führt in das Wäldchen. Hier ist es schon richtig dunkel, weil kein Licht mehr durch die Baumkronen dringt. Der Weg wird immer schmaler und schlängelt sich wie eine Riesenboa den Hügel hinunter.
An einer vermoosten Holzbank biegen wir ab und gehen über den weichen Waldboden, zwischen den Bäumen hindurch. Weiter hinten sehe ich schon den Zaun. Ich ziehe an Bens Arm und zeige es ihm. Der Arm ist kalt, und Ben ist blass.
Zwei Minuten später stehen wir neben einer meterhohen Eiche. Hinter dem Stamm könnten sich sogar drei Kinder verstecken. Wir schauendurch den Maschendrahtzaun zur Wiese und weiter zum Schwimmbecken. Der Bademeister legt gerade den Schlauch zur Seite, mit dem er die Platten gereinigt hat.
Wir warten.
Jetzt zieht er die Badelatschen aus, schlüpft in kurze Hose und Sandalen, nimmt seine Fahrradtasche und verlässt das Waldbad durch den Haupteingang. Dabei kontrolliert er, ob das Eingangsrondell festgestellt ist, damit niemand mehr hineingehen kann.
Ben und ich hocken hinter der Eiche und beobachten alles. Schweigend. Kein Wort kommt über unsere Lippen.
Unten, am Ende des Wiesenhügels, liegen Schwimmer- und Babybecken in strahlendem Blau.
Nike hat erzählt, dass die Lichter im Becken erst nach zwei Stunden ausgehen. Danach wird es im Wald ganz schwarz.
Ich tippe Ben auf die Schulter und ziehe den Zaun an einer Stelle auseinander. Während ich den Draht festhalte, schiebt Ben sich auf die Wiese. Dann hält er von der anderen Seite den Maschendraht, und ich schlüpfe hindurch. Wir gehen am Zaun entlang nach unten, dann drückenwir uns an der Wand der Umkleidekabinen bis zu einer Bank.
Wir legen unsere Sachen ab.
Ben zittert. Die Luft ist aber noch warm, deshalb glaube ich, er zittert vor Angst. In Badehosen gehen wir zum Babybecken. Das Wasser hat sich über Tag aufgeheizt und fühlt sich an wie das in unserer Badewanne.
Nur ohne Schaum.
Ben steht am Rand. Jetzt setzt er vorsichtig die Füße ins Wasser. Die Übung in der Badewanne hat schon was gebracht. Ich sitze auf der Treppe und warte. Langsam geht er eine Stufe tiefer.
Ich lasse mich ins Wasser gleiten. »Komm, Ben, du kannst hier überall stehen. Es kann nichts passieren!«
Er schüttelt den Kopf.
Ich liege auf dem Bauch im flachen Wasser. »Ich kann hier mit den Händen über den Boden laufen«, sage ich.
Er schüttelt wieder den Kopf.
»Ich zeige dir mal Schwimmen.« Ich drehe mich um, damit er meine Füße sehen kann. Ich schwimme von ihm weg, wende am anderen Ende und schwimme wieder auf ihn zu, den Kopf über Wasser und die Arme weit nach vorne gestreckt,um sie dann zurückzuziehen, genau so, wie ich es ihm beim Üben erklärt habe.
Er ragt riesig vor mir auf, weil er immer noch auf der Stufe steht, und sieht aus wie Mister Bean in Badehose. Ich stoppe genau vor seinen Knien.
Ben schüttelt immer noch den Kopf.
Eine Weile schwimme ich hin und her, damit er sehen kann, was meine Füße machen. Bis mir langweilig wird.
Ben redet nicht. Ben schwimmt nicht. Ben zittert nur.
»Du musst ja heute nicht schwimmen«, sage ich, »aber setz dich wenigstens ins Wasser und paddel mit den Füßen.«
Ben steigt wortlos die Stufen hinauf und geht zurück zu seiner Hose.
Ich folge ihm.
»Nächstes Mal!«, sagt er. »Schwimm du doch im großen Becken, und ich schaue dir zu. Beim Zugucken kann man auch eine Menge lernen. Das weiß ich von meinen Eltern. Die gucken immer Billard, weil sie bald in einen Verein gehen wollen. Mein Vater sagt, er wäre schon ganz gut in Billard. Nur vom Zugucken.«
Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Ich finde es komisch.
Ich stelle mich auf den Startblock und springe mit einem Kopfsprung runter, tauche wieder auf und schwimme die Bahn bis zum Ende und wieder zurück und ein paarmal hin und her.
»Jetzt hast du den Startsprung auch gleich mitgekriegt!«, sage ich und steige die Leiter hoch. Auf der Bank liegt das feuchte Handtuch, und ich trockne mich ab.
Ein Tier ruft durch die Nacht. Es klingt gruselig, und ich zucke ein bisschen zusammen.
»Bestimmt eine Eule, oder?«, frage ich Ben.
»Nein, das ist keine Eule. Das ist ein Waldkauz. Die brüten oft in der Nähe von Wasser. Aber man muss
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