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Die Bestie im Menschen

Die Bestie im Menschen

Titel: Die Bestie im Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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unglaubliche Geschichte daraus geworden, das reine Dintenfaß. Ich kann Euch das nicht so erklären, in der Zeitung stehen zwei volle Spalten darüber.«
    Jacques schien zerstreut kaum hingehört zu haben.
    »Wozu sich darüber den Kopf zerbrechen,« sagte er vor sich hin, »was geht das uns an? … Wenn das Gericht nicht weiß, was es zu thun hat, wir wissen es ganz gewiß nicht.«
    Dann schienen seine Augen in die Ferne zu schweifen und sein Gesicht entfärbte sich:
    »Mich dauert bei alledem nur die arme Frau … O die arme, arme Frau!«
    »Ich habe eine Frau,« setzte Pecqueux auffahrend hinzu, »wenn aber Jemand wagen sollte, sie zu berühren, dann erwürge ich mit diesen Fingern alle beide. Nachher kann man mir ebenfalls den Hals abschneiden, es soll mir dann ganz gleichgültig sein.«
    Abermals herrschte Stille. Philomène füllte die Gläser noch einmal und zuckte lächelnd mit den Schultern. Im Innern aber war ihr durchaus nicht besonders gut zu Muthe und sie streifte Pecqueux mit einem schnellen Seitenblick. Seit Mutter Victoire in Folge ihres Bruches nicht mehr thätig sein konnte, ihre Stellung als Wärterin im Bahnhofe aufgegeben hatte und in’s Hospital gegangen war, vernachlässigte er sich vollständig, er ging immer in schmutzigen Lumpen umher. Sie sorgte nicht mehr duldsam und mütterlich für ihn, indem sie ihm frische Wäsche zurecht legte, damit die andere in Havre ihr nicht vorwerfen konnte, daß sie ihren Mann umkommen lasse. Philomène war durch das eigene, niedliche Aussehen Jacques verführt worden und verabscheute jetzt natürlich den Andren.
    »Meinst Du Deine Frau in Paris, die Du erwürgen willst?« fragte sie vorwitzig. »Du brauchst nicht zu befürchten, daß man sie Dir nimmt!«
    »Die oder eine Andere!« brummte Pecqueux.
    Sie trank ihm zu und stichelte dabei:»Auf Dein Wohl, Pecqueux. Und vergiß nicht, mir Deine Hemden zu bringen, damit ich sie waschen und zurecht machen kann, denn wir machen keinen Staat mehr mit Dir, weder sie noch ich … Auf Ihr Wohl, Herr Jacques!«
    Jacques fuhr zusammen, als erwachte er eben aus einem Traume. Trotzdem er keine Gewissensbisse fühlte, seit dem Morde sich wie erleichtert vorkam und sich eines körperlichen Wohlbefindens erfreute, erschien ihm Séverine häufig und dann rührte sie den mitleidigen Menschen, der in ihm wohnte, zu Thränen. Er trank und sagte hastig, um seine Verlegenheit zu verbergen:
    »Wissen Sie schon, daß wir Krieg bekommen werden?«
    »Nicht möglich,« rief Philomène. »Mit wem denn?«
    »Nun mit den Preußen … Wegen eines deutschen Fürsten, der König von Spanien werden will. Gestern ist in der Kammer ausschließlich davon gesprochen worden.«
    Sie schimpfte nun darauf los.
    »Das kann ja recht nett werden! Mit ihren Wahlen, ihrem Plebiszit und ihrer Angst haben sie uns schon genug zugesetzt! –Wenn es losgeht, müssen alle Männer mit?«
    »O wir brauchen nichts zu fürchten, denn man kann die Eisenbahnen nicht entbehren … Natürlich hätten wir mit dem Transport der Truppen und den Verproviantirungen alle Hände voll zu thun! Wenn es also so kommen sollte, müssen wir ebenfalls unsere Schuldigkeit thun.«
    Er erhob sich, denn er merkte, daß sie eines ihrer Beine unter das seine geschoben hatte und daß Pecqueux, der es gesehen und roth geworden war, darob die Zähne aufeinander preßte und die Fäuste ballte.
    »Wir wollen zu Bett gehen, es ist höchste Zeit.«
    »Ja, das wird uns besser bekommen,« sagte der Heizer bebend.
    Er hatte den Arm Philomène’s gepackt und drückte ihn, als wollte er ihn kurz und klein brechen. Sie unterdrückte einen Schmerzensschrei und beeilte sich, dem Locomotivführer in’s Ohr zu flüstern, während Jener sein Glas leerte:
    »Nimm Dich in Acht, er ist zu allem fähig, wenn er getrunken hat.«
    Man hörte jetzt schwere Schritte die Treppe herunterkommen. Sie entfärbte sich.
    »Mein Bruder! … Macht, daß Ihr fortkommt.«
    Die beiden Männer waren noch keine zwanzig Schritt vom Hause entfernt, als sie schon einige Ohrfeigen fallen hörten, auf die lautes Geheul folgte. Philomène erhielt wieder einmal ihre Prügel wie ein kleines Mädchen, das die Nase in den Compottopf gesteckt hat. Der Locomotivführer war stehen geblieben und schien geneigt, ihr zu Hilfe zu eilen. Doch der Heizer hielt ihn zurück.
    »Was geht das uns an? … Tödten sollte er sie gleich, diese Dirne!«
    In der Rue François-Mazeline legten sich Jacques und Pecqueux nieder, ohne ein Wort mit einander zu

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