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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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Zellenblock – die ihn kennengelernt hatten, obwohl sie ihn nicht sehen konnten – warteten ebenfalls auf ein Uhr, um das Urteil zu hören. Es wurde eins, dann halb zwei. Gegen zwei Uhr begann Spezi sich mit der Tatsache abzufinden, dass die Entscheidung zu seinen Ungunsten ausgefallen war. Und dann erhob sich unter seinen Mitgefangenen am Ende des Flurs lauter Jubel. Jemand hatte etwas von dem plärrenden Fernseher aufgeschnappt, den keiner von ihnen sehen konnte. »Onkel! Du bist frei! Onkel, du kommst raus! Onkel, sie haben dich ohne Auflagen aus der Haft entlassen!«
    Myriam, die in einem Café auf Neuigkeiten wartete, erhielt einen Anruf von einem von Marios Kollegen bei der Zeitung. »Großartige Nachrichten! Gratuliere! Wir haben gewonnen! Gewonnen! In jedem einzelnen Punkt!«
    »Nach dreiundzwanzig Tagen«, berichtete RAI, der öffentlich-rechtliche Fernsehsender Italiens, »wurde der Journalist Mario Spezi, dem Strafvereitelung im Fall der Serienmorde von Florenz vorgeworfen wird, auf Entscheidung des Überprüfungsgerichts aus der Untersuchungshaft entlassen.« Die drei Richterinnen hatten seine Freilassung nicht einmal an Auflagen geknüpft, was eigentlich üblich war – er wurde weder unter Hausarrest gestellt, noch musste er seinen Reisepass abgeben. Er wurde schlicht bedingungslos freigelassen.
    Das war ein gewaltiger Rüffel für den Oberstaatsanwalt von Perugia.
    Ein Wärter kam zu Spezis Zelle, eine große schwarze Mülltüte in der Hand. »Beeilen Sie sich. Packen Sie Ihre Sachen hier rein. Gehen wir.«
    Spezi stopfte alles in den Müllsack, wandte sich zum Gehen und stellte fest, dass der Wärter ihm den Weg versperrte. Es gab noch eine letzte Demütigung. »Ehe Sie gehen«, sagte der Wärter, »müssen Sie Ihre Zelle putzen.«
    Spezi dachte, das sei ein Scherz. »Ich habe nicht darum gebeten, hier eingeschlossen zu werden«, erwiderte er, »und ich wurde obendrein unrechtmäßig hier festgehalten. Wenn Sie die Zelle geputzt haben wollen, putzen Sie sie doch selbst.«
    Der Wärter kniff die Augen zusammen, riss die metallene Tür unter Spezis Händen weg und knallte sie zu. Er drehte den Schlüssel herum und sagte: »Wenn es Ihnen hier so gut gefällt, bleiben Sie doch noch ein bisschen!« Er wandte sich ab.
    Spezi konnte es nicht fassen. Er packte die Gittertür mit beiden Fäusten. »Jetzt hören Sie mal zu, Sie Kretin. Ich kenne Ihren Namen, und wenn Sie mich nicht auf der Stelle herauslassen, zeige ich Sie wegen Freiheitsberaubung an. Haben Sie das verstanden? Ich zeige Sie an.«
    Der Wärter zögerte, ging noch ein paar Schritte auf seinen Posten zu, drehte sich dann langsam um und kam zurück, als wollte er Spezi gnädigerweise recht geben. Er schloss die Tür auf, und Spezi wurde einem weiteren Wärter mit steinerner Miene übergeben, der ihn in einen Warteraum brachte.
    »Warum lassen Sie mich nicht gehen?«, fragte Spezi.
    »Erstens muss noch Papierkram erledigt werden. Und …« Der Wärter zögerte. »Dann haben wir Schwierigkeiten, draußen die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten.«
    Spezi verließ das Capanne-Gefängnis schließlich mit einem schwarzen Müllsack in der Hand und wurde von der wartenden Menschenmenge aus Journalisten und Neugierigen mit Jubelgeschrei empfangen.
    Niccolò rief mich als Erster an. »Grandiose Neuigkeiten!«, sagte er. »Spezi ist frei!«

Kapitel 57
    Spezi und ich telefonierten noch am selben Tag lange miteinander, und er sagte, er werde mit Myriam ans Meer fahren, nur sie beide. Aber nicht länger als ein paar Tage. »Mignini«, erzählte er, »lässt mich zu einem weiteren Verhör in Perugia antanzen. Am vierten Mai.«
    »Weswegen denn?«, fragte ich fassungslos.
    »Er bereitet eine neue Anklage gegen mich vor.«
    Mignini hatte nicht einmal die schriftliche Urteilsbegründung des Überprüfungsgerichts abgewartet. Er hatte gegen Spezis Entlassung beim Obersten Gerichtshof Revision eingelegt.
    Ich stellte ihm die Frage, die mir schon seit Wochen auf der Zunge brannte. »Warum hat Ruocco das getan? Warum hat er sich die Geschichte über die Metallkästen ausgedacht?«
    »Ruocco kannte Antonio Vinci wirklich«, antwortete er. »Er hat gesagt, Ignazio hätte ihm von den Metallkästen erzählt. Ignazio ist so eine Art padrino der Sarden … Ich habe seit unserer Verhaftung nicht mit Ruocco gesprochen, also weiß ich nicht, ob er sich die Geschichte selber ausgedacht hat oder ob Ignazio etwas damit zu tun hatte. Es ist gut möglich, dass Ruocco es des

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