Die Bestien - Thriller (German Edition)
dafür sorgen, dass Harmon kommt und Darlenes Leiche abholt?«
»Willst du sie nicht begraben? Das wäre doch viel einfacher.«
»Nein«, antwortete Hal mit fester Stimme. »Ich will, dass Harmon sie holt.«
»Sicher, Hal«, erwiderte Andrew. »Möchtest du, dass ich einen Wagen rufe, der dich nach Hause fährt?«
Hal war am Morgen mit Dale im Geländewagen der Polizei hergefahren, sein Pick-up stand also vor dem Haus in der Einfahrt.
»Ich kann zu Fuß gehen.«
Hal hatte noch immer ein bisschen Stolz in sich, und er hoffte, dass er trotz allem noch in der Lage war, den ganzen Weg zurück in die Stadt zu gehen, ohne zusammenzubrechen. »Und kannst du bei Darlene bleiben, bis Harmon kommt? Das wüsste ich wirklich zu schätzen.«
Andrew nickte.
»Oh, und verständige die anderen Jäger über Funk und sag ihnen, dass der Fremde immer noch da draußen ist. Sie haben bestimmt die Schüsse gehört und angenommen, dass sich schon jemand die Beute geschnappt hat.«
»Willst du, dass ich ihnen sage, was passiert ist?«
Hal zuckte die Achseln. »Sicher, was kümmert mich das?«
Und damit wandte sich Hal ab, ohne Darlene eines weiteren Blickes zu würdigen, und machte sich auf den langen Weg nach Hause.
Es dauerte eine Weile, bis Jim die Tasche mit Darlenes Sachen fand. Er stolperte durch die Dunkelheit und trat dabei gegen verschiedene Gegenstände, die auf dem Boden verteilt lagen, stets in der Angst, irgendwann auf eine Schlange zu treten oder in ein Loch zu fallen, das in einen tiefer gelegenen Teil der Mine führte. Doch als sein Fuß gegen einen großen Haufen stieß, ging er in die Hocke und fand den Sack. Er schüttete den Inhalt auf dem Boden aus und tastete ihn ab, bis er eine der Kerzen und eine Schachtel Streichhölzer fand. Als er die Kerze angezündet hatte, vermochte er endlich, sich einen ersten Überblick über die Mine zu verschaffen.
Die Mine selbst war nicht besonders groß – nicht, dass Jim viel Erfahrung damit gehabt hätte. Auch er wusste nur, was er aus Film und Fernsehen kannte. Wenn er aufrecht stand, streiften seine Haare die Decke. Der Schacht war außerdem nicht sehr breit: Jim schätzte ihn auf vielleicht 1,50 Meter an seiner weitesten Stelle. Hier konnte man ganz leicht klaustrophobisch werden, wenn man nicht aufpasste. Wände und Decke sahen aus, als seien sie aus Granit oder einem ähnlich harten Gestein. Etwa drei Meter vor ihm stützte ein Rahmen aus Holzbalken die Mine. Jim nahm an, dass er auf ihrer gesamten Länge noch viele dieser Rahmen finden würde.
Als Jim die Flamme etwas tiefer hielt, sah er verrostete Schienen, eine Lore, die ein Stück weiter entfernt im Tunnel stand und schon bessere Tage gesehen hatte, eine Ansammlung leerer, glänzender Getränkedosen, leere Verpackungen von Schokoriegeln – und Knochen.
Er erstarrte ungläubig, aber als er die kleine Flamme an den Haufen verstaubter Skelette hielt, wusste er ganz sicher, dass das, war er sah, keine schreckliche Vision war, die sein aufgewühlter Verstand fabriziert hatte.
Jims Magen krampfte sich zusammen. Er hatte das Gefühl, als krabbelten ein Dutzend haariger Spinnen seinen Rücken hinauf und hinunter.
Die ersten Knochen lagen etwa 1,50 Meter von der Leiter entfernt, doch der Lichtkreis der Kerzenflamme konnte bei Weitem nicht alle erfassen. Er erkannte Beinknochen, Brustkörbe und einige Schädel, aber in dem Haufen aus menschlichen Überresten befanden sich sogar komplette Skelette.
Jim konnte beim besten Willen nicht einschätzen, wie viele Leichen sich insgesamt hier unten befanden.
Ein Teil von ihm hatte Darlene nicht geglaubt, als sie ihm erzählt hatte, der Chief habe früher Leichen in diesem Schacht abgeladen. Er hatte nicht erwartet, die längst verrotteten Überreste dieser Leichen noch immer hier vorzufinden. Nun bevölkerten nur noch ihre Skelette diesen Knochenfriedhof.
Er versuchte, seine Angst abzuschütteln.
Dann waren eben Knochen hier unten – eine riesige Ansammlung von Knochen! Stell dich nicht so an, sagte er sich. An seinen Plänen änderte sich dadurch ja nichts, er musste eben nur so tun, als seien sie nicht da.
Sicher, klar, es ist ja auch ganz leicht, einen Haufen zerstörter Skelette zu ignorieren. Nur ein weiterer gewöhnlicher Tag im Leben des James Douglas Clayton.
Durch den Tunnel wehte außerdem ein leises, unheimliches Heulen – dies war wirklich alles andere als ein einladender Ort. Aber immerhin war es hier unten entschieden kühler als draußen.
Draußen, wo
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