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Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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noch. Vielleicht denke ich tatsächlich wie eine Unbestimmte.
    » Hast du schon mal daran gedacht, dass ich deine Hilfe vielleicht gar nicht brauche?«, sage ich. » Ich bin kein Schwächling, weißt du. Ich komme allein damit zurecht.«
    Er schüttelt den Kopf. » Du denkst, etwas treibt mich dazu, dich zu beschützen. Weil du klein bist oder ein Mädchen oder eine Stiff. Aber da irrst du dich.«
    Er beugt sich zu mir und nimmt mein Kinn in die Hände. Sie riechen nach Metall. Wann hat er zum letzten Mal ein Gewehr oder ein Messer in der Hand gehabt? Dort, wo er mich berührt, kribbelt meine Haut, als ob er elektrisch aufgeladen wäre.
    » In Wahrheit treibt mich etwas ganz anderes an. Etwas treibt mich dazu, dich so weit herauszufordern, bis du nicht mehr kannst und zusammenbrichst, nur damit ich sehe, wie weit ich dazu gehen muss«, sagt er mit rauer Stimme und drückt mich dabei ganz fest. Mein Körper spannt sich vom Kopf bis zu den Zehen an und ich vergesse das Atmen.
    Seine dunklen Augen blicken mich an und er fügt ruhig hinzu: » Aber ich widerstehe diesem Trieb.«
    » Warum…« Ich muss schlucken. » Warum ist das so?«
    » Angst lähmt dich nicht, sie stachelt dich an, sie macht dich wach. Ich habe es selbst erlebt. Es ist faszinierend.« Er lässt mich los, aber er weicht nicht zurück, sondern fährt mir mit der Hand über das Kinn und den Hals. » Manchmal möchte ich einfach… einfach noch einmal sehen, wie du aufwachst.«
    Ich lege meine Hand auf seine Hüfte. Ich weiß nicht, was mich dazu bringt, aber ich kann meine Hand nicht wieder wegziehen. Ich drücke mich an seine Brust, schlinge die Arme um ihn. Meine Finger tasten die Muskeln an seinem Rücken ab.
    Er zögert kurz, dann fasst er meinen Rücken, zieht mich zu sich, streicht mir übers Haar. Ich komme mir wieder wie ein kleines Mädchen vor, doch diesmal macht es mir keine Angst. Ich schließe die Augen. Er macht mir überhaupt keine Angst mehr.
    » Müsste ich jetzt nicht weinen?« Meine Stimme wird durch sein T-Shirt gedämpft. » Stimmt etwas nicht mit mir?«
    Die Simulationen haben Al zerbrochen, sie haben einen Riss durch ihn getrieben, der so tief war, dass er die Hälften nicht mehr zusammenfügen konnte. Warum ging der Riss nicht auch durch mich? Weshalb bin ich anders als er– und warum ist mir bei dem Gedanken so unwohl, warum habe ich das beklemmende Gefühl, als taumelte ich selbst am Rande des Abgrunds?
    » Mit Tränen kenne ich mich nicht so gut aus«, sagt er leise.
    Ich erwarte nicht, dass er mich tröstet, und er macht auch keinerlei Anstalten dazu, aber während ich hier mit ihm stehe, geht es mir besser als dort draußen, unter den Menschen, die meine Freunde, meine Fraktion sind. Ich presse meine Stirn an seine Schulter.
    » Wenn ich ihm verziehen hätte, meinst du, er würde jetzt noch leben?«
    » Ich weiß es nicht.« Er hebt seine Hand an meine Wange und ich schmiege mich hinein. Ich will meine Augen noch nicht aufmachen.
    » Ich glaube, es ist meine Schuld.«
    » Es ist nicht deine Schuld«, sagt er und drückt seine Stirn an meine.
    » Aber ich hätte es tun müssen. Ich hätte ihm verzeihen müssen.«
    » Vielleicht. Vielleicht hätten wir alle mehr tun müssen«, sagt er. » Aber wir sollten unsere Schuld zum Anlass nehmen, es beim nächsten Mal besser zu machen.«
    Seine Worte verblüffen mich so, dass ich mich zurücklehne. Das ist eine Lektion, die die Altruan lernen– Schuld als Mittel, nicht als Waffe gegen das eigene Selbst. Das Gleiche hat mein Vater in seinen Ansprachen bei unseren allwöchentlichen Zusammenkünften immer wieder gesagt.
    » Von welcher Fraktion kommst du, Four?«
    » Das spielt keine Rolle«, sagt er mit gesenktem Blick. » Jetzt bin ich hier. Und dasselbe gilt für dich.«
    Sein Blick ist unstet, doch dann drückt er mir die Lippen auf die Stirn, genau zwischen beide Augen.
    Ich schließe die Augen. Was immer das hier auch ist, ich verstehe es nicht. Aber ich möchte es nicht kaputt machen, deshalb sage ich nichts. Reglos steht er da, verharrt mit seinen Lippen auf meiner Stirn und ich halte mich an ihm fest. So bleiben wir eine lange Zeit.

25 . Kapitel
    Ich stehe mit Will und Christina an dem Geländer, von dem aus man die Schlucht überblicken kann. Es ist spät in der Nacht und die meisten Ferox sind schon schlafen gegangen. Ich spüre die Stiche der Tätowiernadeln noch in beiden Schultern. Wir alle haben uns vor einer halben Stunde neue Tattoos stechen lassen.
    Tori war allein im

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