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Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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mit Four noch über etwas unterhalten«, sage ich und zeige auf den Schatten, der weiter hinaufsteigt.
    Christina folgt meinem Blick. » Bist du sicher, dass du nachts hier alleine herumlaufen willst?«
    » Ich bin nicht allein. Four ist ja auch da.« Ich beiße mir auf die Lippe.
    Christina sieht Will an und der erwidert ihren Blick. Keiner von beiden hört mir wirklich zu.
    » Na dann«, sagt Christina abwesend. » Bis später.«
    Die beiden gehen zum Schlafsaal, wobei Christina durch Wills Haar wuschelt und Will Christina in die Rippen pikst. Ich beobachte sie mit dem Gefühl, Zeuge von etwas zu werden, was sich anbahnt, auch wenn ich noch nicht genau weiß, was es ist.
    Ich renne zu dem Steg auf der rechten Seite der Grube und folge der dunklen Gestalt. Dabei bemühe ich mich, so leise wie möglich zu sein. Im Gegensatz zu Christina fällt es mir nicht schwer zu lügen. Ich habe gar nicht wirklich vor, mit Four zu reden– nicht ehe ich weiß, wohin er so spät in der Nacht unterwegs ist.
    Ich schleiche lautlos hinter ihm her, und als ich das Ende der Stufen erreicht habe, bin ich außer Atem. Ich stehe an der einen Seite des Glasraums, Four steht auf der anderen. Durch die Scheiben sehe ich die Lichter der Stadt. Sie leuchten, aber während ich noch den Blick schweifen lasse, verlöschen sie. Um Mitternacht werden sie ausgeschaltet.
    Four steht an der Tür zur Angstlandschaft. In einer Hand hält er eine Schachtel, in der anderen eine Spritze.
    » Wenn du schon mal da bist«, sagt er, ohne sich nach mir umzudrehen, » kannst du auch mit hineinkommen.«
    Ich zögere. » In deine Angstlandschaft?«
    » Ja.«
    Ich trete zu ihm. » Und das geht so einfach?«
    » Das Serum verbindet dich mit dem Programm«, sagt er, » aber das Programm bestimmt, wessen Angstlandschaft du betrittst. Und gerade jetzt ist es so eingerichtet, dass wir meine betreten.«
    » Die würdest du mir zeigen?«
    » Was glaubst du, weshalb ich hineingehe?«, fragt er leise, ohne mich anzuschauen. » Ja, es gibt ein paar Dinge, die ich dir zeigen möchte.«
    Er hebt die Spritze, und ich beuge den Kopf vor, damit er meinen Nacken besser sehen kann. Ich spüre einen heftigen Schmerz, als die Nadel eintritt, aber daran habe ich mich inzwischen gewöhnt. Als er fertig ist, gibt er mir eine schwarze Schachtel. Darin liegt eine weitere Spritze.
    » Ich habe so etwas noch nie gemacht.« Zögernd nehme ich die Spritze heraus. Ich will ihm nicht wehtun.
    » Hierhin«, sagt er und zeigt auf eine Stelle im Nacken. Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und steche die Nadel hinein. Meine Hand zittert ein bisschen, aber Four zuckt nicht einmal zusammen.
    Er lässt mich die ganze Zeit über nicht aus den Augen, und als ich fertig bin, legt er beide Spritzen in die Schachtel zurück und stellt sie neben die Tür. Er wusste, dass ich ihm hierherfolgen würde. Wusste es oder hoffte es. So oder so, beides ist mir recht.
    Er hält mir seine Hand hin und ich lege meine hinein. Seine Finger sind kalt und spröde. Ich habe das Gefühl, ich müsste etwas sagen, aber vor lauter Aufregung bringe ich keinen Ton heraus. Mit der freien Hand öffnet er die Tür. Es macht mir nichts mehr aus, unbekannte Orte zu betreten. Ich folge ihm ins Dunkle, atme gleichmäßig und halte Fours Hand fest.
    » Mal sehen, ob du herausfindest, warum man mich Four nennt«, sagt er.
    Die Tür schnappt hinter ihm zu. Jetzt ist es ganz dunkel. Die Luft im Raum ist kalt, ich spüre jedes Partikel, das in meine Lungen dringt. Ich drücke mich enger an ihn, mein Arm berührt seinen und mein Gesicht ist dicht an seiner Schulter.
    » Wie heißt du wirklich?«, frage ich.
    » Mag sein, dass du auch das herausfindest.«
    Wir tauchen in die Simulation ein. Der Boden, auf dem ich stehe, ist nicht mehr aus Zement, er knirscht wie Metall. Von allen Seiten umgibt uns Licht, und unter uns erstreckt sich die Stadt– Gebäude mit verglasten Wänden, das Geflecht von Eisenbahnschienen–, doch wir schweben hoch über allem. Einen blauen Himmel habe ich lange nicht mehr gesehen; bei seinem Anblick stockt mir der Atem und mir wird schwindelig.
    Dann fängt der Wind an zu wehen. Er weht so heftig, dass ich mich an Four anlehnen muss, um nicht weggeblasen zu werden. Four lässt meine Hand los und legt mir den Arm um die Schulter. Zuerst denke ich, er will mich beschützen– doch dann merke ich, dass er kaum mehr Luft bekommt und ich ihn stützen muss. Er ringt mit aufgerissenem Mund und verzerrtem Gesicht nach

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