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Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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erwidere ihr Lächeln. Wir steigen in die Grube hinunter. » Ich habe eine Frage«, sage ich wie beiläufig. » Was genau haben sie dir über meine Angstlandschaft erzählt?«
    » Nichts. Ganz ehrlich. Warum fragst du?«
    » Nur so.« Ich trete einen Stein auf dem Weg beiseite.
    » Musst du noch mal in den Schlafsaal zurück?«, fragt er. » Wenn du bis zum Festessen deine Ruhe haben willst, kannst du auch bei mir bleiben.«
    Mein Magen krampft sich zusammen.
    » Was ist?«, fragt er.
    Ich will nicht in den Schlafsaal zurück und ich will mich nicht vor ihm fürchten.
    » Gehen wir«, sage ich.
    Tobias schließt die Tür hinter uns und streift die Schuhe ab.
    » Willst du ein Glas Wasser?«, fragt er.
    » Nein danke.« Ich verschränke die Hände.
    » Alles in Ordnung mit dir?« Er streicht mir über den Nacken und wiegt meinen Kopf in seinen Händen. Mit seinen schlanken Fingern fährt er durch mein Haar. Er lächelt und hält meinen Kopf fest, als er mich küsst. Mir wird langsam heiß. Meine Angst schrillt in mir wie eine Alarmglocke.
    Er küsst mich weiter, während er mir die Jacke von den Schultern zieht. Als ich höre, wie sie auf den Boden fällt, zucke ich zusammen und stoße ihn von mir. Meine Augen brennen. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Als er mich im Zug geküsst hat, war es anders. Ich schlage die Hände vors Gesicht und bedecke meine Augen.
    » Was ist denn los? Was ist mit dir?«
    Ich schüttle den Kopf.
    » Mach mir nichts vor.« Seine Stimme klingt kalt. Er packt mich am Arm. » Hey, schau mich an.«
    » Manchmal frage ich mich«, sage ich so ruhig wie möglich, » was du eigentlich von mir willst. Was genau… willst du?«
    » Du fragst dich, was ich von dir will?« Kopfschüttelnd rückt er von mir ab. » Du bist ein Dummkopf, Tris.«
    » Ich bin kein Dummkopf«, sage ich. » Und deshalb weiß ich auch, wie seltsam es ist, dass du von allen Mädchen, die du haben könntest, ausgerechnet mich ausgesucht hast. Wenn du also nur darauf aus bist … ähm, du weißt schon … auf das …«
    » Worauf? Auf Sex?« Er sieht mich finster an. » Ehrlich gesagt, wenn ich nur das im Sinn hätte, wärst du nicht unbedingt die Erste, die mir einfällt.«
    Seine Antwort ist wie ein Schlag in die Magengrube. Natürlich bin ich nicht die Erste– nicht die Erste, nicht die Schönste, nicht die Begehrenswerteste. Ich presse die Hände an meinen Bauch und kämpfe gegen die Tränen. Ich bin keine Heulsuse. Ich bin keine, die gleich losschreit. Ich blinzle ein paarmal und lasse die Hände wieder sinken.
    » Ich gehe jetzt«, sage ich leise und will an ihm vorbei.
    » Nein, Tris.« Er packt mich am Handgelenk und hält mich fest. Ich stoße ihn weg, ziemlich energisch sogar, aber er greift nach meiner anderen Hand und wir stehen uns mit gekreuzten Armen gegenüber.
    » Es tut mir leid, dass ich das gesagt habe. Ich meine doch nur, dass du anders bist. Das wusste ich gleich, als ich dich zum ersten Mal sah.«
    » Du warst eine meiner Prüfungen in der Angstlandschaft, wusstest du das?« Meine Unterlippe bebt.
    » Wie bitte?« Er lässt meinen Arm los und der verletzte Blick kehrt zurück. » Du hast Angst vor mir?«
    » Nicht vor dir.« Ich beiße mir auf die Lippe, damit er das Zittern nicht bemerkt. » Sondern davor, mit dir… mit irgendjemandem zusammen zu sein. Ich habe mich nie für einen anderen interessiert und… du bist älter als ich… ich frage mich, was du dir von mir erwartest…«
    » Tris«, sagt er ernst. » Ich weiß nicht, welcher Wahnvorstellung du aufgesessen bist, aber auch für mich ist das Neuland.«
    » Wahnvorstellung?«, wiederhole ich. » Heißt das, du hast gar nicht…« Ich ziehe die Augenbrauen hoch. » Ohhh. Ich dachte…« Ich dachte, nur weil ich so verrückt nach ihm bin, gilt das auch für alle anderen. » Hm. Du weißt schon.«
    » Da hast du falsch gedacht.« Er schaut weg. Seine Wangen sind rot, als ob er verlegen wäre. » Weißt du, du kannst mir alles anvertrauen.« Er nimmt mein Gesicht in die Hände. Seine Fingerspitzen sind kalt, seine Händflächen jedoch warm. » Ich bin netter, als es im Training den Anschein hat. Das kannst du mir wirklich glauben.«
    Ich glaube ihm. Aber das hier hat nichts mit Nettigkeit zu tun.
    Er küsst mich zwischen die Augenbrauen, auf die Nasenspitze, dann drückt er behutsam seine Lippen auf meine. Durch meine Adern fließt Strom. Ich will, dass er mich küsst, ich will es. Und zugleich habe ich Angst davor, wie weit uns das führen

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