Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
Vom Netzwerk:
uns beiden ist. Eine Handbreit. Ich rücke ein Stückchen dichter an ihn heran. Weniger als eine Handbreit. Mir wird ganz warm. Von ihm scheint eine Energie auszugehen, die ich nur jetzt, so nah bei ihm, spüren kann.
    » Wovor fürchte ich mich also wirklich?«, frage ich ihn.
    » Das weiß ich nicht«, antwortet er. » Das weißt nur du allein.«
    Ich nicke. Es kommen so viele Dinge infrage, aber ich bin mir nicht sicher, was davon das Richtige ist oder ob es überhaupt ein Richtiges gibt.
    » Ich wusste gar nicht, dass es so schwierig ist, eine Ferox zu werden.« Ich bin selbst überrascht über meine Worte und über das Eingeständnis, das sie beinhalten. Auf meiner Lippe kauend beobachte ich aufmerksam Fours Reaktion. War es ein Fehler, so offen zu sein?
    » Man sagt, es war nicht immer so.« Er zieht die Schultern hoch. Mein Eingeständnis scheint ihn nicht sonderlich zu stören. » Ein Ferox zu sein, meine ich.«
    » Was hat sich geändert?«
    » Die Führung.« Seine Antwort kommt prompt. » Wer die Ausbildung leitet, legt fest, wie man sich als Ferox zu verhalten hat. Vor einigen Jahren haben Max und die anderen Anführer die Ausbildungsmethoden geändert, damit mehr Wettbewerb unter den Initianten herrscht und sie gewaltbereiter werden. Damit wollen sie angeblich die Stärken und Schwächen der Leute besser erkennen. Aber das hat die Werte der Ferox von Grund auf verändert. Du kannst dir vielleicht denken, wer der besondere Günstling unserer älteren Anführer ist.«
    Die Antwort liegt auf der Hand: Eric. Sie haben ihn darauf gedrillt, grausam zu sein, und jetzt drillt er uns, grausam zu sein.
    Ich blicke Four nachdenklich an. Bei ihm hat diese Ausbildung nicht gefruchtet.
    » Wenn du bei deiner Initiation Erster warst, was war dann Eric?«
    » Er war Zweiter.«
    » Das heißt aber auch, er war nur ihre zweite Wahl als Anführer.« Ich nicke langsam. » Und du warst die erste. Das hab ich mir schon gedacht.«
    » Wieso?«
    » Wegen der Art, wie Eric sich am ersten Abend beim Essen benommen hat. Er wirkte eifersüchtig auf dich, obwohl er ja bekommen hat, was er wollte.«
    Four widerspricht mir nicht. Also habe ich recht. Ich will ihn fragen, weshalb er den Posten ausgeschlagen hat, wieso er auf keinen Fall ein Anführer sein will, wo ihm das Führen doch anscheinend in die Wiege gelegt worden ist. Aber ich weiß, wie Four auf persönliche Fragen reagiert. Schniefend wische ich mir noch mal übers Gesicht und streiche mein Haar glatt.
    » Sehe ich aus, als hätte ich geweint?«
    » Hmm.« Er beugt sich dicht zu mir, kneift die Augen zusammen und erforscht mein Gesicht. Ein Lächeln spielt um seine Mundwinkel. Wenn er noch näher kommt, atmen wir dieselbe Luft ein– falls ich dann noch weiß, wie man atmet.
    » Nein, Tris«, sagt er. Ein ernsterer Blick tritt an die Stelle des Lächelns. » Du siehst knallhart aus.«

19 . Kapitel
    Ich platze mitten in eine Versammlung. Fast alle Initianten– sowohl die gebürtigen Ferox als auch die anderen– stehen zwischen den Betten und umringen Peter. Mit beiden Händen hält er ein Blatt Papier fest.
    » Die Massenflucht unter den Kindern der Altruan-Anführer ist auffällig und kann nicht bloßem Zufall zugeschrieben werden«, liest er vor. » Der erst vor Kurzem erfolgte Wechsel von Beatrice und Caleb Prior, den Kindern von Andrew Prior, lässt Zweifel aufkommen an der Seriosität der Werte und Lehren der Altruan.«
    Mich überläuft es kalt. Christina, die am Rand der Gruppe steht, dreht sich um und sieht mich. Als ich ihren besorgten Blick bemerke, bleibe ich abrupt stehen. Mein Vater. Jetzt greifen die Ken schon meinen Vater an.
    » Aus welchem anderen Grund sollten die Kinder eines so einflussreichen Mannes sich entscheiden, die Lebensweise, die er ihnen vorgelebt hat, nicht mehr für die vortrefflichste zu halten?«, fährt Peter fort. » Molly Atwood, die ebenfalls zu den Ferox übergetreten ist, vermutet, dass möglicherweise Verhaltensstörungen und Missbrauch in der Erziehung daran schuld seien. › Einmal habe ich gehört, wie sie im Schlaf gesprochen hat ‹ , erzählt Molly. › Sie hat gesagt, ihr Vater solle aufhören, etwas zu tun. Ich weiß nicht, was es war, aber sie hatte Albträume davon. ‹ «
    Das also ist Mollys Rache. Sie muss den Ken-Reportern Auskunft gegeben haben, mit denen Christina sich angelegt hat. Wenn ich ihr die krummen Zähne ausschlage, tue ich ihr womöglich sogar noch einen Gefallen.
    » Was ist hier los?«, frage ich.

Weitere Kostenlose Bücher