Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2
sich auf den Metalltisch und stützt sich lässig mit den Händen ab.
» Ich bin natürlich in erster Linie wegen deiner Ergebnisse beim Eignungstest so erfreut.« Ihr blondes Haar, das sie zu einem strengen Knoten geschlungen hat, reflektiert das Licht und lenkt meine Aufmerksamkeit auf sie.
» Sogar unter den Unbestimmten bist du so etwas wie eine Kuriosität, immerhin kommst du laut Test für drei verschiedene Fraktionen infrage: Altruan, Ferox und Ken.«
» Woher…« Meine Stimme ist ein Krächzen. Ich muss mich zwingen, die Frage laut auszusprechen. » Woher weißt du das?«
» Alles zu seiner Zeit«, antwortet sie. » Deine Ergebnisse lassen den Rückschluss zu, dass du eine besonders starke Unbestimmte bist. Das ist jetzt kein Kompliment, sondern nur die Erklärung für das, was ich vorhabe. Wenn ich ein Serum entwickeln will, mit dem ich auch die Unbestimmten unter meine Kontrolle bringen kann, dann muss ich das Gehirn einer Unbestimmten mit sehr ausgeprägten Merkmalen untersuchen, um danach sämtliche technologischen Schwachstellen ausmerzen zu können. Verstehst du das?«
Ich gebe ihr keine Antwort, ich muss immerzu auf den Monitor starren.
» Deshalb werden ich und meine Wissenschaftler dich so lange wie möglich unter die Lupe nehmen.« Über ihr Gesicht huscht der Anflug eines Lächelns. » Und dann, wenn alle Ergebnisse unserer Untersuchung vorliegen, wirst du exekutiert.«
Das war mir klar. Ich wusste es schon lange– weshalb werden mir dann jetzt die Knie weich, warum dreht sich mir der Magen um, warum?
» Die Hinrichtung wird hier in diesem Raum stattfinden.« Sie lässt ihre Fingerspitzen über den Tisch gleiten. » Genau hier, auf diesem Tisch. Ich dachte, es ist bestimmt interessant für dich, ihn schon einmal zu sehen.«
Sie wartet gespannt auf meine Reaktion. Ich atme ganz flach. Ich habe immer gedacht, dass Grausamkeit nur in Verbindung mit Bösartigkeit funktioniert. Aber das stimmt nicht. Jeanine handelt nicht aus bösem Willen. Sie ist schlicht und einfach grausam, weil es ihr egal ist, was sie anrichtet, solange es sie nur fasziniert. Ich könnte genauso gut ein vertracktes Puzzle sein oder eine defekte Maschine, die sie auseinandernehmen und reparieren will.
Sie wird mir den Schädel spalten, nur um zu sehen, wie mein Hirn arbeitet; ich werde hier sterben und das wird eine Gnade für mich sein.
» Mir war von vorneherein klar, was mich hier erwartet«, sage ich. » Das hier ist ein Tisch wie jeder andere. Und jetzt würde ich gerne wieder in meine Zelle gehen.«
Die Zeit verfließt, ohne dass ich sie fassen kann. Ich spüre sie nicht einmal. Jedenfalls nicht so wie früher, als ich das Verstreichen der Zeit bewusst verfolgen konnte. Als sich die Tür wieder öffnet und Peter meine Zelle betritt, weiß ich nicht, wie viel Zeit inzwischen vergangen ist. Ich weiß nur, dass ich völlig erschöpft bin.
» Also dann mal los, Stiff«, sagt er.
» Ich bin keine Altruan.« Ich strecke die Arme über den Kopf, bis sie die Wand streifen. » Und jetzt, wo du es bis zum armseligen Möchtegern-Ken gebracht hast, kannst du mich nicht mehr Stiff nennen. Das ist für einen Ken viel zu unpräzise.«
» Los jetzt, hab ich gesagt.«
» Wie? Keine höhnischen Bemerkungen?« Mit gespielter Überraschung blicke ich zu ihm hoch. » Nichts von der Art wie › Gott, bist du eine Idiotin, dass du hier auftauchst. Dein Hirn muss nicht nur unbestimmt, sondern auch unglaublich unzulänglich sein.‹ Gar kein Kommentar?«
» Das ist ja wohl so klar, dass ich es nicht extra sagen muss«, entgegnet er. » Entweder kommst du jetzt mit oder ich schleife dich den Gang entlang. Ganz wie du willst.«
Ich werde ruhiger. Peter ist immer fies zu mir, das ist wenigstens etwas Vertrautes.
Ich stehe auf und gehe hinaus. Während wir laufen, bemerke ich, dass er seinen Arm– denjenigen, auf den ich geschossen habe– nicht mehr in der Schlinge trägt.
» Haben sie deine Schusswunde wieder zusammengeflickt oder was?«
» Ja«, sagt er. » Jetzt musst du dir eine andere Schwachstelle aussuchen, die du ausnutzen kannst. Zu blöd, dass ich gerade keine anzubieten habe.« Er packt mich am Arm und beschleunigt seine Schritte, während er mich neben sich herzieht. » Wir sind spät dran.«
Obwohl auch dieser Gang lang gestreckt und völlig menschenleer ist, hallen unsere Schritte nicht besonders laut. Ich fühle mich, als würde mir jemand die Ohren zuhalten und ich hätte es gerade erst gemerkt.
Ich versuche,
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