Die Bestimmung
Teddybären, die brummten, wenn man ihnen in den Bauch drückte. Sie holte tief Luft und steckte den Schlüssel ins Schloss. Er glitt hinein wie in Butter.Ganz vorsichtig drehte Nilah ihn nach links. Nichts. Sie drehte nach rechts. Nichts. Verwirrt sah sie auf das Schloss. Der Schlüssel passte perfekt, warum also tat sich nichts? Sie hockte sich hin, wechselte den Kerzenhalter in die andere Hand und versuchte, in den Schließzylinder zu spähen. Aber erkennen konnte sie überhaupt nichts. Nichts, was ihr weitergeholfen hätte. Sie pustete leicht über ihre Hand, rieb die Fingerkuppen aneinander und versuchte es erneut. Und nun war ein weiches Klacken zu hören. Ihr Herz schlug heftiger. Sie drehte weiter ... wieder ein Klacken. Nach dem sechsten Klacken war es, als wehe plötzlich ein leiser Ton aus dem Schloss. Die Tür sprang ohne jedes Geräusch ein Stück auf. Nilah schaute in den entstandenen Spalt. Keine Mauer! Sie hatte es gewusst! Dieser Skelling hatte gelogen. Sie vergewisserte sich kurz, ob Bran noch bei ihr war, dann schob sie die Tür weiter auf und leuchtete hinein. Der Raum war leer. Das Zimmer war ähnlich groß wie das, in dem sie schlief, nur dass kein einziges Möbelstück darin stand. Sie ging hinein und sah sich um.
«Such, Kleiner!», zischte Nilah und der große Hund begann herumzuschnüffeln, tappte leicht wedelnd umher, während sie ans Fenster trat. Doch sie erkannte nichts, das Fenster schien wie mit schwarzer Farbe bestrichen, hatte nicht mal einen Riegel, um es zu öffnen. Nilah versuchte sich zu erinnern, was sie von hier aus eigentlich sehen müsste. Den Garten, dachte sie, doch irgendwie fiel es ihr schwer sich zu orientieren. Sie hatte das unbestimmte Gefühl nicht einmal mehr genau zu wissen, auf welcher Seite des Hauses sie sich überhaupt befand. Nun, vielleicht war es besser, sich das Ganze bei Tageslicht anzusehen, beschloss sie. Sie hatte ja jetzt einen Schlüssel. Sie drehte sich um und bemerkte, dass Bran in Richtung Tür blickte. Wieder war es, als klammere sich etwas um ihre Brust. Sie vollendete die Drehung, sah zur Tür und zog die Luft scharf ein. Die Tür war verschwunden. Stattdessen war dort jetzt wirklich eine Mauer. Und nicht nur das. Das gesamte Zimmer war plötzlich wie gemauert. Mächtige dunkle Steinquader, groß wie Fernsehgeräte, lagen aufeinander. Es wirkte wie ein Verlies oder der Raum einer alten Burg. Nilah trat auf die Mauer zu, als sie mit ihrem ersten Schritt merkte, dass auch der Boden sich verändert hatte. Auch er bestand nun aus großen abgerundeten Steinplatten. Sie blieb an etwas hängen und wäre beinahe gestolpert. Sie kniete sich hin. Eine der Steinplatten hatte einen schweren, dicken Ring an der Kante, wie eine Falltür. Nilah stellte den Kerzenhalter daneben und wischte mit ihrer Hand den Staub vom Stein, als sie darauf plötzlich einen Fleck wahrnahm, der größer wurde.
Wie dunkle Tinte, die durch den Stein sickerte und einer bestimmten Form folgte, rann die Farbe immer um sich selbst, bildete Linie um Linie, bis eine spiralförmige Hand übrig blieb. Sie sah genauso aus, wie jene, die aus dem Blatt des Schlüssels gestanzt worden war. Nilah konnte es nicht fassen. Doch eine seltsame Ruhe hatte von ihr Besitz ergriffen. Wie selbstverständlich legte sie ihre Hand auf die Zeichnung, war wenig erstaunt, dass es genau passte, und mit einem knirschenden Ruck schnellte der Stein ein paar Zentimeter in die Höhe. Sie griff in den Ring und zog so fest daran wie sie konnte. Für einen Moment musste sie fast lachen, als sie sich vorstellte, ihr Sportlehrer Potzki würde neben ihr stehen und sie anschreien: Na los, van Arten, streng' Dich an, verdammt, ich geb' Dir sonst null Punkte!
Aber sie schaffte es, legte die Falltür langsam auf den Boden und beugte sich dann über eine düstere Öffnung und ein paar Treppenstufen, die sich in stummer Schwärze verloren. Feuchte, erdige Luft schlug ihr entgegen.
«Nein, nein, das mach' ich nicht», murmelte sie, als Bran sich an ihr vorbei schob, die Stufen hinablief und Sekunden später nicht mehr zu sehen war.
Eine Zeit lang stand sie da, überlegte fieberhaft und stellte erleichtert fest, dass sie ja gar keine Schuhe anhatte - so konnte sie da nicht 'runter! - sah wieder zur Wand, wo die Tür gewesen war. Dabei dachte sie, dass passendes Schuhwerk wohl ihr geringstes Problem sei. Sie erwartete, dass sich Angst in ihren Körper schlich, aber seltsamerweise tat sich nichts. Eine summende Aufregung war
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