Die Besucher
Schublade eines alten Tisches verschwinden. Er schloß die Türe auf und öffnete sie. Er hatte gerade noch Zeit, Adam und die Torte mit den elf brennenden Kerzen zu erblicken. Dann klatschte die Torte wie durch einen Zauberschlag an die Kellerdecke, wo sie in tausend Bröckchen zerfiel. Eine Stichflamme schlug hoch; die Dämpfe des Apfeldestillats hatten sich entzündet und waren explodiert.
»Idiot!« schrie der Vater verzweifelt, nachdem er sich und den Adam in Sicherheit gebracht hatte. »Eine Torte mit Kerzen! Wie oft hab’ ich dir gesagt, daß du nicht mit offenem Feuer in den Keller gehen sollst!« Doch nun war es schon zu spät. Das Feuer breitete sich schnell aus. Weitere Retorten und Kolben mit ihrem kostbaren Alkoholinhalt explodierten. Die ersten Flammen leckten gierig am Rohrgeflecht der Kellerdecke und an den Balken. Die Kellertreppe und das Erdgeschoß waren von beißendem Qualm erfüllt. Während die Rathausuhr mit hellen Glockenschlägen die Stunde verkündete, quollen bereits Rauchschwaden aus den Fenstern in den Garten. Es war fünf Uhr nachmittags. Das Haus Adam Bernaus begann zu brennen.
20. Die Besucher greifen ein
»Ein herrlicher Brand. Genau wie in den >Erinnerungen<«, freute sich der Akademiker, als das hellblaue Auto der Expedition, mit dem Techniker am Steuer, nach einer Viertelstunde Irrfahrt durch die Einbahnstraßen der Stadt am brennenden Geburtshaus des Genies ankam. Das Feuer hatte sich inzwischen entsprechend verbreitet. Auch aus den Fenstern des oberen Stocks schlugen bereits Flammen. Die Straßen waren von den roten Tankwagen der Feuerwehren versperrt, die unter Sirenengeheul aus der ganzen Umgebung zur Brandstätte eilten. In dem entstandenen Trubel bemerkte niemand die vier seltsamen, überzähligen Feuerwehrleute. Sogar die Kinder entdeckten sie nicht, stellte Philipp erfreut fest. Den goldverzierten Helm eines Feuerwehrhauptmanns auf dem Kopf, erteilte er die letzten Befehle: »Sender sendebereit halten! Kennwort: Aktion S! Vor allem unauffällig! Niemand darf erkennen, daß wir Besucher sind. Unsere Aufgabe ist hoffentlich allen klar. Das Heft...und fort! Als erster geht Michael Noll los! Wir folgen!«
»Wir haben auch schönere Uniformen«, entdeckte Katja, als sie, in Paradeuniform und mit dem Paradehelm auf dem Kopf, dem Arzt zum Garten folgte, und dabei Gelegenheit hatte, die anderen Feuerwehrleute zu mustern, die mit den Schläuchen kämpften und Wasserströme in das Flammenmeer spritzten. »So einen goldenen Helm wie Sie hat hier keiner! Und goldene Achselstücke auch nicht!«
»Kümmern Sie sich nicht um die Uniformen!« schrie der Akademiker. Er kam zu spät, weil ihn das Beil am Koppel beim Laufen behinderte. »Sorgen Sie für die Dokumentation! Karas, die Rauchbomben! Das Sprühmittel gegen die Flammen!«
Auch er war seiner Sache nicht sicher, aber für derartige Erwägungen blieb jetzt keine Zeit mehr. Aus dem Rauch tauchte plötzlich ein unbekannter alter Mann auf, reichte dem Akademiker ein lebendes Kaninchen und sagte: »Die Tiere zu den Nachbarn!«
Die Aktion nahm ihren Fortgang, allerdings ganz anders, als sie der Zentraldenker geplant hatte. Eine Kette hilfreicher Hände beförderte Hühner, Bettzeug und Kaninchen ins Nachbarhaus. Philipp verbarg sich hinter einem Wäschespind. Da er aber nicht wußte, wohin mit dem Stallhasen, ließ er ihn im Gras frei. Es war ihm heiß. Er nahm den Helm ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann versuchte er, den Helm genauso loszuwerden wie das Kaninchen, indem er ihn einfach fortwarf, aber ein riesiger weißer Köter stand plötzlich in dem Rauch vor ihm und brachte dem Akademiker die Kopfbedeckung zurück.
Vergeblich versuchte Philipp, ihn zu verscheuchen: »Pfui! Weg da!«
»Das ist doch Fido. Vor dem müssen sie sich nicht fürchten«, bemerkte ein kleines Mädchen lachend, eine gackernde Henne vorbeitragend.
»Haben Sie vielleicht irgendwo den Adam gesehen?« »Der war doch eben noch hier«, gab Adams Vater Bescheid. Er schaffte mehrere Fernseher, die er instandsetzen sollte, in den Garten. »Er hat alle Schlüssel mitgenommen!« »Welche Schlüssel? Warum Schlüssel?«
»Dokumentieren!« Der Akademiker atmete erlöst auf, denn er hatte Katja entdeckt. »Sein Vater! Die weinende Frau, die eben fragte, warum er die Schlüssel genommen hatte, dürfte die Mutter des Genies sein. Frau Alice Bernau. Hier zu meinen Füßen, der Hund Fido!«
»Adam!« schrie plötzlich Adam Bernaus
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