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Die Besucher

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Titel: Die Besucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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Ausnahme des Doktors nahm niemand dieses seltsame Federngestöber wahr, denn alle, Katja, Karas und der Akademiker, starrten wie versteinert zur Türe. Nach einem leisen Klopfen wurde sie geöffnet und an der Schwelle stand derjenige, dessen Person der Grund für ihre Reise in die Vergangenheit war.

    Adam Bernau, das Genie des 20. Jahrhunderts, betrachtete erstaunt die Verwüstung:

    »Dieser blaue Rauch ist prima! Der ganze Gang ist voll damit!« Adam war barfuß. Er fuhr sich mit dem Ärmel des Pyjamas über die Nase, als wollte er sich so entschuldigen. »Ich dachte, es brennt hier. Bei uns hat’s gestern gebrannt. Jetzt wohnen wir hier. Sind Sie Fotografen? Weil Sie diese rote Glühbirne haben? Zum Entwickeln, oder...?«

    »Jawohl, Fotografen«, gab der Akademiker zu, indem er unauffällig den Lichtschalter drehte. Die Glühbirne erlosch. »Wir sind aber auch Geometer. Dieses Ding hier ist ein Theodolit zum Vermessen des Geländes, Junge. Ihr werdet hier bald eine Autobahn haben!«

    »Jetzt werden Sie das Fräulein knipsen, nicht?« Mehr als die Hoffnung auf eine Autobahn schienen das junge Genie die Bettfedern zu interessieren, die um Katja umherwirbelten. »Solche Fotos hatte ich auch. In diesem blauen Heft mit meinen Berechnungen.«

    »Du hattest sie? Was ist mit ihnen geschehen?«

    »Nichts. Sie sind verbrannt.«

    Der Akademiker bekam Herzklopfen. Plötzlich erinnerte er sich an jenes Heft mit den Fotos, das er so voreilig in die Flammen geworfen hatte, denen auch »Der mordende Affe« und »Das gelbe Gift des Dalaj-Lama« zum Opfer gefallen waren.

    »Aber«, stammelte er heiser und hätte am liebsten nach dem dritten Brett am Fenster gefragt, »derartige Hefte mit solchen Fotos und Berechnungen pflegt man doch aufzuheben, oder?«

    »Gewiß, aber der Papa hat es mir weggenommen...«

    Der Papa war offenbar nicht weit, denn aus dem Nebenzimmer ertönte jetzt eine mürrische Stimme:

    »Zur Schule werde vermutlich heute ich gehen müssen? Wo steckt der Junge schon wieder? Der ist wohl auf dem Klo eingeschlafen?«

    »Ich lauf schon, Papa!« In Erwartung der schwierigen Verhandlung mit dem Vater, zog Adam sich zögernd in den Hotelgang zurück. »Als es damals bei den Mandliks gebrannt hat, brauchte der aber eine Woche lang nicht in die Schule zu gehen, wenn du was wissen willst...«

    »Du heißt nicht Mandlik!«

    »Aber meine Schultasche ist auch verbrannt, und es ist schon Viertel vor acht.«

    »Wenn die >Erinnerungen< stimmen, sollte er erst morgen in die Schule gehen, aber darauf wollen wir uns nicht verlassen«, flüsterte Philipp, nachdem die Tür des Nebenzimmers hinter dem eifrig widersprechenden Knaben ins Schloß gefallen war. »Bisher hatten wir Glück...obwohl...mit diesem Rauch hätten Sie noch ein wenig warten können, Doktor. Noch dazu diese idiotischen Bettfedern, die jetzt hier überall herumfliegen...«

    Um sicher zu gehen, schloß der Akademiker die Tür ab und drehte den Schlüssel zweimal im Schloß herum.

    »Die Aufgabe, festzustellen, wo die Bernaus nach dem Brand Unterkunft gefunden haben, können wir also bereits streichen. Man kann daher feststellen, daß die Ausgangssituation optimal ist, abgesehen davon, daß das erste Heft, das wir mitnehmen sollten, verbrannt ist, und daß wir diese Lasersäge nicht haben. Den Adam und das Heft Nummer 2 zu verfolgen, wird daher völlig einfach sein...«

    »Wie wär’s, wenn wir ihn erwischten und ihm ein paar Ohrfeigen versetzten, damit er uns sagt, was er weiß?« schlug Karas vor. Er hatte noch nicht gefrühstückt, und der Hunger erinnerte ihn an sein Heim und den gedeckten Frühstückstisch. »Zwei, drei Formeln, und wir könnten zurückkehren.«

    »Unsinn! Er weiß doch noch nicht, daß er etwas weiß. Verstehen Sie das?«

    »Nein.«

    »Dann sind Sie ebenso dran wie er. Er wird erst dann ein Genie sein, wenn er verstehen wird, daß er etwas weiß. Wenn Sie mein Buch >Adam Bernau, sein Leben, Werk und seine Zeit< gelesen hätten...«

    Aber das konnte Philipp gar nicht voraussetzen. Erregt schritt er im Zimmer auf und ab, besser gesagt, er vollführte einen verzwickten Hürdenlauf, da überall Koffer und Reisetaschen umherstanden und ihn in der Bewegung behinderten. »Bitte jetzt aufzupassen! Der Lageplan des Hotels sieht etwa folgendermaßen aus: Unten, im Erdgeschoß, Empfang, die Küche und der Speisesaal. Erster Stock: Zimmer 1 und 2, die Bernaus. Zimmer 3, wir. Zimmer 4, Katja. Am Ende des Ganges, das Badezimmer. Die

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