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Die Besucher

Die Besucher

Titel: Die Besucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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unvollendete Gerüst der Geisterbahn zu erklettern, das blieb selbst den Männern vom Bau ein Rätsel. Trotzdem stand Adam aber dort oben zwischen den Gerippen und Hexen, wo er mit großem Interesse jene Getriebe untersuchte, die diese Spukgestalten bewegten.

    »Wart’ nur! In der Schule kriegst du dein Teil!«

    »Haha! Ich hab schulfrei! Weil’s bei uns gebrannt hat!«

    Bevor es den Männern gelungen war, ihn herunterzuholen, war er bereits freiwillig unten. (Das Auge 2 steckte zum Glück immer noch in seiner Schuhsohle). Ein Weilchen half er den Männern von der Geisterbahn, mit denen er sich bei der Schilderung des Brandes seines Vaterhauses angefreundet hatte, beim Ausladen. Doch dann wurde seine Aufmerksamkeit plötzlich von einem Streifenwagen der Polizei gefesselt, der mit Sirene und Blaulicht in eine Vorstadtstraße einbog. Schmählich ließ er seine Freunde von der Geisterbahn (ebenso wie den unglücklichen Akademiker, der, hinter den Luftschaukeln versteckt, lauerte) hinter sich und lief, an der Seite eines rothaarigen Bengels, von dem er sich einen Rollschuh geliehen hatte, der Polizei nach.

    »Mensch! Dicke Luft!« sagte der Junge mit dem zweiten, knarrenden Rollschuh. »Da wirste gucken! Jemand hat in der Nacht den Bretterzaun am Fußballplatz des Sportklubs entzweigesägt! Mit beiden Toren!«

    Der Platz lag am Stadtrand jenseits einer Schuhcremefabrik. Keuchend mischte sich der Akademiker, die Dokumentationsbrille immer noch in der Hand, unter die Neugierigen, die das Vorgehen der Polizei aufmerksam verfolgten. Adam war nicht in der Menge, sondern trieb sich zwischen den Uniformierten herum. Mit wichtiger Miene half er dabei, Bereitschaftstaschen und Geräte zu tragen.

    »Weiß man schon, wer das angestellt hat?«

    »Na, wer wohl?« fragten die Schupos, indem sie mit einem Meßband die unglaublich saubere Schnittlinie maßen, die sich über Dutzende von Metern des in zwei Hälften zersägten Zauns dahinzog. »Die Bejschowetzer natürlich! Aus Wut, weil sie eine 5:0-Niederlage eingesteckt haben! Unter anderem trieb sich hier aber nach Mitternacht auch der >Große Lehrmeister herum. Er kam von euerer Brandstätte und hatte unterwegs beim >Roß< sein Bierchen getrunken. Allein kann er das aber nicht geschafft haben. Womit auch? Ist dir vielleicht etwas davon bekannt, Adam? So ein unglaublich sauberer Schnitt! Wie mit einem Laser!«

27. Großeinkauf

    Eine Stunde lang irrten unsere Freunde durch die Straßen des Städtchens Kamenice, um sich zu orientieren. Jeder entdeckte etwas anderes. Katja bewunderte unbekannte Blüten an den Fenstern und in den Parks; natürlich auch die Kleidung der Mädchen. Doktor Noll ließ die Anmut dieser Mädchen nicht unbeachtet. Karas stand im Bann der Autos am Straßenrand.

    Wohl schon zum fünften Mal schritten die Besucher an den Schaufenstern des Kaufhauses Prior — »Einkäufen einfach! Alles unter einem Dach!« — vorbei. Was gab es da alles zu sehen: bunte Hemden, Pullover, Schuhe, Spielwaren, Camping-Bedarf, Schaufensterpuppen schlanker Mädchen, lässig an bunten Gartensonnenschirmen lehnend. Auch Gartenschaukeln standen im Hintergrund. Über dieser idyllischen Szene brannte eine grelle Sonne. Auf dem Plastik-Rasen des Schaufensters lag ein künstlicher Hund, ein Kanu mit Paddeln bewachend. Davon abgesehen gab es im Schaufenster jedoch auch eine ganze Menge von Gegenständen, deren Bestimmung die Besucher aus der Zukunft nicht erraten konnten, wie zum Beispiel glänzende, walzenförmige Blechbehälter mit dem Bild einer Kuh, oder flache Blechdosen mit dem Bild eines Fisches.

    Die Kuh und der Fisch schauten so vergnügt drein, als lächelten sie ihren künftigen Käufern entgegen. Weniger vergnügt wirkte der Anblick toter Enten und Gänse hinter den frostbedeckten Schaufenstern der Fleisch- und Geflügelabteilung.

    »Jetzt ist euch allen wohl auch klar, warum wir nur Eier, Apfelsinen, Zitronen, Bananen und Amaronen essen werden«, bemerkte Doktor Noll. Beim Anblick der Berge von Fleisch, der Schüsseln mit Aufschnitt, der rosaroten Schinken und Majonnaisesalate, schüttelte er sich vor Ekel und folgte nur zögernd den andern ins Erdgeschoß des Kaufhauses nach. »Ganz entschieden nichts kaufen, was wir nicht kennen!«

    »Wir haben ja auch nicht die nötigen Mittel«, flüsterte beunruhigt Karas. Genau nach den Weisungen, sich nicht zu verraten, sondern die andern zu beobachten und nachzuahmen, mischte er sich zwischen eine Gruppe von Frauen mit

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