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Die Besucher

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Titel: Die Besucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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konnte, überraschte die Ratsmitglieder. Die ebenholzschwarze Dichterin hatte schnell erfaßt, daß sie die Gefühle aller ausdrückte, als sie sagte:

    »Und nicht von Ihnen, wie? Ich schlage vor, den Akademiker Philipp und seine Expedition zu ehren, indem wir uns von unseren Plätzen erheben und...«

    Sie kam nicht weiter.

    Im Hintergrund erhob sich eine einsame Greisenhand.

    Es war die des Akademikers Archipenko. In einem gelben fließenden Gewand, das ihm bis an die Fußknöchel reichte, glich er einem traurigen Falter mit klugen Kinderaugen. Offenbar hatte ihn eine Erinnerung innerlich erheitert, denn er sagte lächelnd:

    »Mich habt ihr bereits dreimal lebendig begraben. Das letzte Mal im Vorjahr, als ich an Bord des Forschungsraumschiffes Galaxia auf der Umlaufbahn Ciolkowski als vermißt galt, weil meine Nachricht von der Kursänderung und Verspätung irrtümlich vom Zentrum für den Schiffstransport empfangen wurde. Da aber dort niemand etwas damit anzufangen wußte, landete sie einfach im Archiv. Ich, für meine Person, habe Vertrauen in die Expedition Adam 84. Nach der Theorie Niels Bohrs ist sie hinreichend verrückt, um wissenschaftlich erfolgreich sein zu können. Nur keine Hast! Für Trauerkundgebungen ist immer noch Zeit genug. Mein Vorschlag lautet: abwarten!«

31. Eine Nacht der Zauber und Wunder

    Ein feuriger Hund!

    Funkensprühende Katzen!

    Diese Wunder der Maiennacht dauerten zwar kaum zwei Minuten, denn nach dem Bericht des Streifenwagens der Kamenicer Schutzpolizei, verstummte genau um Null Uhr neunundfünfzig Minuten und vierzig Sekunden die Musik der Lautsprecher des Jahrmarkts. Die Karussells blieben stehen. Die Scheinwerfer der hupenden Autos verloschen ebenso wie die bunten Glühbirnen um den Marktplatz, aber das aus dem Schlaf aufgestörte Städtchen ging nicht mehr zu Bett. Überall wimmelte es von Menschen. Aus den Wohnwagen erschienen die schlaftrunkenen Familien der Karussellbesitzer. Zwischen den Buden irrten Neugierige in Pyjamas und Nachthemden umher. Knaben und Mädchen saßen auf den Karussells, in der Hoffnung, der Zauber würde weitergehen. Die Girlanden aus Glühbirnen würden wieder aufleuchten, die Musik würde wieder einsetzen, das Kettenkarussell wieder zu kreisen beginnen und die Fliegenden Untertassen des Twisters und die Schwäne würden wieder hoch in die Luft steigen. Eng aneinandergeschmiegt verschwanden Liebespaare im blauen Schimmer der Nacht. In diesem prächtigen Chaos kümmerte sich kein Mensch um die vier blaßen Geometer, die im Inneren des Niva im Hof des Hotels »Zum Löwen« in fliegender Hast die letzten Reste der verunglückten Sendung beseitigten.

    »Die Antennen?«

    »Sind eingezogen!«

    Der Akademiker kroch vom Rücksitz auf den Fahrersitz. Aufatmend klappte er die Armaturen des Zentralgedächtnisses mit den blinkenden Lichtern hinter die Polsterung der Autotür zurück. Es war höchste Zeit, denn am Auto erschien plötzlich eine keuchende Gestalt. Es war Adam. In Begleitung Alis war er vom Marktplatz herbeigesaust.

    »Haben Sie Fido nicht gesehen?«

    »Mehr als uns lieb war, mein Junge«, seufzte Karas, damit beschäftigt, die roten Glassplitter des Warndreiecks zusammenzusuchen. »Der ist einer Katze nachgerannt zum Zaun. Jetzt schau aber, daß du weiterkommst und schnüffle hier nicht herum!«

    Adam kam aber noch einmal zurück. Verwirrt betrachtete er das Autodach und die Scheibenwischer an der Windschutzscheibe.

    »...das ist seltsam...Eben sind hier solche komischen glitzernden Stäbchen herausgekrochen...«

    »Stäbchen? Wo sollten da Stäbchen herauskriechen?«

    »Gerade das finde ich ja so seltsam, weil es dort nämlich keine Löcher gibt, aus denen sie herauskriechen könnten...Sie sahen wie Antennen aus...«

    »Du hast wohl noch nie einen Geländewagen gesehen? Etwas Einmaliges!« Karas hatte vergessen, daß er es mit einem Jungen des 20. Jahrhunderts zu tun hatte. »Verstärkte Federung...Vierradantrieb...« Aber Adam hörte ihn zum Glück nicht mehr, sondern eilte Ali nach zum Platz, von wo Musik erklang. »Machen Sie etwas damit, Katja!« bat Philipp, nachdem er schwitzend aus dem Auto gestiegen war. Er hielt Adams Schultasche mit den Heften, die in dem Versteck unter der Hundehütte verborgen gewesen war, in der Hand. »Er muß morgen früh unbedingt in die Schule gehen. Anders kann man hier nicht arbeiten! Sie auch Karas! Lassen Sie diese Splitter endlich! Unauffällig, mein Lieber, unauffällig!«

    »Sie vergessen,

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