Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Titel: Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
Vom Netzwerk:
war sicher, dass er ihn bei der Convention in Birmingham treffen würde, dann konnten sie ja Versäumtes nachholen.
    Aber hier und jetzt fühlte er sich absolut erbärmlich. Das war das Grausame an dieser Krankheit, die kurzen Phasen, in denen es einem besser ging und man Hoffnung schöpfte, und dann das …
    Im Krankenhaus machten sie weitere Untersuchungen. Sie bemühten wieder mal dieselben schwammigen Umschreibungen: diverse unidentifizierte und bekannte Krankheiten, depressive, psychosomatische Erkrankung, ein geheimnisvolles Virus. Die Unterstellung, er sei Alkoholiker und weigere sich nur, es einzusehen, kam nie ganz vom Tisch, doch für ihn war das alles Unsinn, denn sie waren jetzt kein Stück weiter als am Anfang.
    Er hatte wie besessen im Internet recherchiert und von alternativen Behandlungsmethoden über obskure Religionen bis hin zu Entführungen durch Außerirdische alles in Erwägung gezogen, das irgendeine Erklärung für seinen Zustand enthalten könnte. Während er mit einem Dröhnen in den Ohren und zitternden Händen verstohlen an seinem Schreibtisch hockte, hörte er Skinners raue Stimme ordinär durchs Büro brüllen: – ICH LASSES DIESN SOMMER MAL WIEDER AUF IBIZA RICH TICH KRACHN ! Als Kibby sich umdrehte, sah er, dass Skinner ihn direkt anstarrte, fast als drohte er ihm. Er klickte schnell den Internet Explorer weg und nahm einen Inspektionsbericht zur Hand.
    In der Mittagspause machte er einen seiner üblichen Besuche in der National Library auf der George IV Bridge. Hier versuchte er außerhalb der Arbeitszeit auf eigene Faust, das Unerklärliche zu erklären, mit unermüdlicher, zwanghafter Paranoia.
    Als er Zeitungsseiten auf Microfiche durchsah, stach ihm etwas ins Auge. In einem Artikel war von einer Frau namens Mary McClintock die Rede, die mit siebzehn Katzen in einem gammeligen Caravan am Stadtrand von Tranent gewohnt hatte, bis sich die Behörden einschalteten und sie in eine Anlage für betreutes Wohnen unterbrachten. Mary bezeichnete sich selbst als »weiße Hexe« und wurde von vielen als Expertin für Zaubersprüche betrachtet. Mehr Ermutigung brauchte Kibby nicht; er besorgte sich über eine Bekannte von Shannon, die bei Scotsman Publications in Holyrood arbeitete, eine Telefonnummer.
    Nach der Arbeit machte er sich mit einem Bus der Eastern Scottish vom St Andrew’s Square auf nach Tranent. Er fand die Wohnanlage ohne große Mühe. Mary McClintock entpuppte sich als grotesk übergewichtig, aber ihre Augen waren flink und lebhaft und passten nicht so recht zu ihrem schweren, trägen Körper und ihrem Puddinggesicht. Sie schien mehrere Schichten Kleidung übereinanderzutragen, fror aber anscheinend immer noch, dabei war es in dem Gebäude so heiß, dass er schwitzte, obwohl er seine Jacke ausgezogen hatte.
    Mary ließ ihn Platz nehmen und sein Problem darlegen. – Für mich hört sich das an, als hätt Sie einer mit nem Fluch belegt, erklärte sie dann ernsthaft.
    Kibby wollte eigentlich verächtlich schnauben, doch er beherrschte sich. Schließlich hatte man ihm ja bisher auch keine rationale Erklärung geben können. – Aber wieso soll ich verflucht worden sein?, fragte er ratlos. – … das ist doch Unsinn …
    – Wenn das Unsinn ist, wollen Sie ja sicher nichts weiter von mir hören, sagte sie mit einem gebieterischen Kopfwackeln.
    – Ich kann bezahlen, falls Sie das wollen, winselte Kibby unglücklich.
    Mary starrte ihn empört an. – Ja klar musst du bezahlen, aber es ist kein Geld, was ich will, Jungchen, davon hab ich nix mehr in meinem Alter, erklärte sie, wobei sie lüstern ihren Mund verzog.
    Irgendwie wurde Kibby plötzlich wirklich sehr sehr kalt.
    – Was … äh … ich …
    – Du sagst, du warst schlank, bevor du krank geworden bist …
    – Aye …
    – Nur Pimmel und Knochen, wette ich. Lieg ich damit richtig?
    – Was …?, japste Kibby, und seine Hände umklammerten die Armlehnen des Sessels.
    – Hast du n hübschen Schwanz, Jungchen? Nen hübsch dicken? Denn für den hätt ich n schönes Plätzchen, erklärte Mary unverblümt. – Dann geb ich dir ne gründliche Beratung.
    Kibby stand auf und ging zur Tür. – Ich glaube, äh, ich bin hier, äh, wohl am falschen Ort, tut mir leid, sagte er und verließ in panischer Hast die Wohnung.
    Als er die Eingangshalle erreichte, hörte er noch hinter sich ihre Stimme: – Du bistn ganz Versauter, das seh ich doch! Er stürzte aus der Haustür und wollte nichts wie weg von den regennassen Straßen von

Weitere Kostenlose Bücher