Die Beute
Seite des Balken auf sie ein. »Ich mag Frauen, die um sich schlagen. Es geht nichts über einen ordentlichen Kampf, der das Blut in Wallung bringt.« Er hielt das Messer an ihre Handgelenke und trennte mit einem sauberen Schnitt ihre Fesseln durch.
Jodies Brustkorb hob und senkte sich, das Herz schlug ihr bis zum Hals. Es lief besser, als sie gehofft hatte.
Er hielt ihre Hände eisern umklammert. »Versuch irgendwas, und ich ritze dir den Arm auf.«
Sie zog den Arm weg, der um den Balken lag, hielt ihm beide Arme hin und sah ihm mit makabrer Befriedigung dabei zu, wie er sie wieder mit dem Isolierband zusammenband.
Vielleicht war es die Dunkelheit, vielleicht war es auch Matts Verzweiflung, doch er war schon fast zu dem Körper gerutscht, als er es begriff. Der Körper war zu groß, und er trug keinen weißen Pulli. Er stützte sich auf das gesunde Knie, robbte zu dem Körper und erkannte Travis, dessen Kehle von einer Kugel zerfetzt worden war, und das dickflüssige dunkle Blut, das über den Kies floss. Matt wandte den Kopf wieder zum Licht.
Jodie war in der Scheune.
Mit Kane.
Er war auf den Füßen, bevor er noch darüber nachdenken konnte, keuchte, spürte den Adrenalinstoß. Er sah auf den Wagenheber in seiner Hand. Großer Knüppel gegen Gewehr. Verdammt. Ein Schatten bewegte sich vor dem Fenster, irgendwas krachte auf den Boden. Er warf sich auf den Kies und drückte sich mit dem Rücken an den Jeep. Entdeckte die offene Kiste neben sich und rutschte näher heran.
Herrgott, es war also nicht nur eine Steyr gewesen.
Die Kiste war voller Steyrs.
Zwanzig oder mehr.
Und ein Magazin mit Patronen lag wie eine Zugabe obenauf.
Er erstarrte. Ging es hier um Waffen? Sie hatten auf eine Frau und auf einen Cop geschossen und damit gedroht, alle fünf umzubringen – und das alles wegen Gewehren? Waren die völlig durchgeknallt?
Nein. Kane war durchgeknallt. Travis nicht.
Er kannte nur wenige Fakten, doch die schwirrten in seinem Kopf herum. John Kruger war gestern ermordet worden, man hatte ihn mit einem Stück Holz zu Tode geprügelt. Das war kein Raubüberfall gewesen. Das war das Werk von jemandem, der völlig die Kontrolle verloren hatte. Travis und Kane hatten dort als Bauarbeiter gearbeitet. Sie hatten sich vor den Cops versteckt. Sie hätten auf der Flucht sein sollen. Warum waren sie noch hier? Es ging nicht um Waffen!
Es ging um Geld.
Die Kiste voller gestohlener, illegaler Maschinengewehre war ein kleines Vermögen wert. Viel für ein paar Burschen vom Land, die sich verstecken mussten. Und genug, um von Bald Hill zu verschwinden.
Doch jetzt war Travis tot.
Und Jodie war drinnen mit dem Psychopathen der Anderson-Familie.
Und sie schrie.
Jodie blickte auf den glatten Schnitt in Corrines Pulli und das Blut, das aus ihm hervorquoll. Kane hatte sie geschnitten. Es tat weh, doch sie hatte ihm zuvor wehgetan.
Er hatte sie mit dem Messer gereizt. Hatte ihren Kopf zurückgeschoben, war mit dem Messer provozierend über ihr Kinn, ihre Kehle und ihre Brüste gefahren. Und sie hatte sich geweigert, darauf zu reagieren, hatte ihn mit ihren Blicken in die Knie gezwungen, die Wut begrüßt, die durch ihren Körper gerauscht war – und auf die richtige Gelegenheit gewartet. Die hatte nicht lange auf sich warten lassen.
Er hatte am Isolierband gezogen, das ihre Hände zusammenband. In seinen hellen Augen hatte sie gesehen, was er vorhatte, als er sie an sich zog. Er wollte an ihr Gesicht kommen, dafür sorgen, dass sie sich klein, als Opfer und unterlegen vorkam. Sie hatte die Gelegenheit genutzt, ihm ihre Stirn ins Gesicht geschlagen und dabei einen lauten Schrei ausgestoßen.
Das Messer hatte durch den Pulli oberhalb ihrer Handgelenke geschnitten, als er zurückgeprallt war. Die Wunde schmerzte kaum. Dann sah sie das Blut, das aus seiner Nase quoll, und lächelte.
Er wirbelte herum, umfasste ihre Brust und hielt ihr mit der anderen Hand das Messer an die Kehle. Sie hörte, wie er keuchte. Er wandte sein Gesicht ab und spuckte auf den Boden. »Versuch das noch mal, und ich schneid dir die Kehle durch.«
Sie hätte gelähmt vor Angst sein sollen. Sie hätte um ihr Leben betteln sollen. Sie würde sterben. Unter großen Schmerzen.
Aber sie spürte nur eine unbändige Wut, die alle anderen Gefühle einfach ausschaltete. Kane hatte ihre Freundinnen verletzt, Matt ermordet. Einen Teenager umgebracht. Ein Mädchen wie Angie. Und er war drauf und dran, ihren Kindern die Mutter zu nehmen.
Die Wut verhalf
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