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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Ford
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die blutige Bluse zusammen, tupfte etwas Klebriges an seinem Mund ab, zog sie wieder fort, und wieder haftete Blut daran.
    Matt lächelte unbeholfen. »Er schuldete mir mehr als nur eine kaputte Lippe.«
    Jodie wollte etwas darauf antworten, doch Corrine kam ihr zuvor. »Wann kommt die Polizei?«
    Alle vier sahen ihn an. Ihre Gesichter waren blass vor Schreck und Angst, doch ein Hoffnungsschimmer lag darin. Und Matt war im Begriff, ihn zu vernichten.
    »Die kommt nicht. Niemand weiß, was hier los ist.«
    »Niemand?«, sagte Corrine.
    »Nein.«
    »Hast du eine Pistole?«, fragte sie.
    »Nein.«
    »Ein Funkgerät?«
    »Nein.«
    »Nein?«, quiekte Corrine. »Was für ein Polizist bist du denn?«
    Matt ballte die Faust. Diese Frage hatte er sich die vergangenen sechs Monate selbst gestellt. »Ich bin kein Cop.«
    »Was? Was?«
    »Halt den Mund, Corrine«, sagte Jodie.
    »Ich dachte, du wärst gekommen, um uns zu retten. Und niemand weiß etwas?«, jammerte Corrine.
    »Das ist nicht seine Schuld«, zischte Jodie sie an.
    Corrine umklammerte mit den Armen ihren Oberkörper. »Wir werden niemals hier rauskommen. Sie werden uns vergewaltigen und dann ermorden. Ich bin zuerst dran, dann werden sie uns alle ermorden.«
    Jodie setzte sich auf den Hintern, als wollte sie auf Corrine losgehen. »Halt den Mund, Corrine.«
    »Wir werden alle …«
    »Halt’s Maul!« Sie atmete ein paar Mal tief durch und sah sich schnell im Raum um. »Noch können wir kämpfen. Wir kommen hier raus und fahren nach Hause.«
    Corrine weinte wieder, Tränen kullerten über ihr Gesicht, vor lauter Schluchzen war sie kaum in der Lage, etwas zu sagen. »Aber …«
    »Aber gar nichts!« Jodie starrte sie wütend an.
    Niemand stritt mit ihr. Alle drei sahen sie an, als wäre sie Moses vor der Teilung des Roten Meeres – mit Schrecken, Staunen und Hoffnung im Gesicht.
    Dann brach sie zusammen.

26
    Ohne jegliche Vorwarnung verlor Jodie plötzlich die Kontrolle über sich selbst. Sie blickte auf, presste ihre Lippen zusammen, kippte nach vorne und stieß einen gellenden Schrei aus.
    Matt standen die Haare zu Berge. Sie kniete auf dem Boden und hatte den Kopf auf die Knie gelegt. Dabei hielt sie sich den Bauch, wobei ihre Finger am Fleisch um ihre Hüften zerrten, als versuchte sie es zusammenzuhalten. Welche schlimmen Erinnerungen versuchte sie in Schach zu halten?
    Matt sah hilflos ihre Freundinnen an. Sie wirkten wie Pappfiguren, saßen starr da und gaben keinen Ton von sich, sondern starrten nur voller Entsetzen vor sich hin. Jede Gruppe hat einen Anführer, jemanden, der in schwierigen Situationen die Kontrolle übernimmt, der Entscheidungen trifft und Befehle erteilt. Sie hatten ihren Anführer soeben verloren, und plötzlich fühlten sie sich einsam und verlassen.
    Doch als er Jodie wieder ansah, hatte sich irgendwas verändert. Sie saß zwar immer noch zusammengekrümmt da, doch nun wirkten ihre Muskeln angespannter, ihr Rücken gerader, ihre Schultern locker.
    »Wir werden alle sterben«, jammerte Corrine.
    Jodie ballte neben Matt die Faust. Dann richtete sie sich genauso plötzlich, wie sie zusammengesackt war, wieder auf und riss die Hände von ihrem Leib.
    »Nein, werden wir nicht!«, rief sie entschieden, der Zorn in ihrem Blick war verschwunden und durch etwas Unbeugsames, Hartes ersetzt worden. Sie sah ihre Freundinnen an. »Corrine, hast du verstanden? Hannah? Ganz egal, was ihr von mir denkt, ob ihr mich für verrückt haltet oder glaubt, dass ich Hilfe brauche, nur dass ihr es wisst – ich bin eine Überlebende. Ich habe es schon einmal überlebt, und ich werde es auch diesmal überleben. Und ich werde niemanden zurücklassen. Verstanden? Wir werden alle nach Hause fahren.« Jodie sah jede Einzelne von ihnen an und duldete keinen Widerspruch. Dann sah sie Matt an. »Und das gilt auch für dich. Ich habe dich in die Sache reingezogen, also werde ich auch dafür sorgen, dass du wieder rauskommst. Wir bleiben zusammen, niemand bleibt zurück. Verstanden?«
    Ihre Überzeugungskraft war beeindruckend. Sie war verdammt beeindruckend. Ihre Stimme war fest, befehlshaberisch wie die eines Lehrers, der seinen Schülern die Leviten liest. Keine Spur vom Zusammenbruch mehr. Matt wäre am liebsten sofort auf ihr Motivationstraining eingestiegen. Scheiße, er hätte am liebsten auch gesagt, dass sie hier rauskommen würden. Doch er wusste, dass es nicht leicht würde. Er wusste, dass es noch ziemlich hässlich werden konnte, bevor irgendwer die

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