Die bezaubernde Arabella
Seine Erfahrung mit dem weiblichen Geschlecht hatte ihn nicht zu der Meinung gebracht, daß selbst eine liebevolle Schwester viel Geschmack an Gribb’s Parlour fand, wo gerade der berühmte Silberpokal gezeigt wurde, den der Champion nach seinem letzten Kampf gegen Molyneux, den Schwarzen, vor Jahren erhalten hatte; auch eine Rauchpartie im Daffy Klub, inmitten junger modischer Herren, war wohl kaum nach ihrem Geschmack, und es imponierte ihr nicht, daß an den Wänden Veteranen des Ringes, frühere Champions, deren Namen jedermann Respekt einflößen mußten, abgebildet waren; auch eine Dämmerstunde in dem berühmten Salon in Covent Garden galt einer Frau nichts, wo die kecken Blicke der Lebedamen – der Salon war ihr bevorzugter Jagdgrund – ihn erschreckt und eingeschüchtert hatten. Er erwähnte auch nicht die Verabredung mit einer neuen Bekanntschaft, die er an diesem Morgen im Tattersall gemacht hatte. Auf den ersten Blick hatte er gesehen, daß Mr. Jack Carnaby für ihn gerade das Richtige war – ein Spiegel modischer Tugenden, nach Kleidung und Air zu schließen, aber er hatte das Gefühl, daß Arabella mißgünstig auf seine bevorstehende Einführung in einen netten kleinen Spielklub, unter dem Schutz dieses Gentleman, blicken würde. Da hätte es wohl wenig Sinn gehabt, ihr zu versichern, daß er nur hinging, um eine Erfahrung zu sammeln, und daß es nicht im entferntesten seine Absicht war, seinen kostbaren Schatz zu vergeuden; sogar sein kenntnisreicher Cicerone hatte über diesen Plan den Kopf geschüttelt, hatte geheimnisvolle Warnungen vor Falschspielern und griechischen Banditen geäußert. Sein Onkel und Vertrauter habe ihm erzählt, solche Leute verlören nie. Er selbst hätte die Wahrheit dieses wertvollen Hinweises erprobt. Aber da sich auf Umfrage nichts Abträgliches über Mr. Carnaby ergab, folgte Bertram dem Wink nicht. Mister Carnaby brachte ihn in ein diskretes Haus in Fall Mall, wo man, nachdem man auf eine bestimmte Weise an die Tür geklopft hatte, durch ein Gitterfenster aufmerksam betrachtet und dann eingelassen wurde. Nichts entsprach den Erwartungen Bertrams von einer Spielhölle weniger als das gutgeführte Haus, in dem er sich nun befand. Die zahlreiche Dienerschaft machte einen höchst respektablen Eindruck, alles ging sehr leise vonstatten, und man konnte sich keinen höflicheren, verbindlicheren Gastgeber als den Besitzer des Hauses denken. Bertram, der bisher nie etwas Kühneres als Whist gespielt hatte, sah eine Weile zu, aber nachdem er die Regeln des Hasards erfaßt zu haben glaubte, wagte er sich doch mit einer kleinen Rolle an einen der Tische. Und bald war ihm klar, daß Mr. Scunthorpe mit seinem Gerede über Plünderer und Falschspieler unrecht gehabt hatte. Er hatte erstaunlich Glück, und in seinen Taschen klimperten nach kurzer Zeit so viele Guineas, daß er sich keine Sorgen mehr darüber zu machen brauchte, ein wenig über die Schnur gehauen zu haben. Eine glückliche Wette im Tattersall am nächsten Morgen bestärkte ihn in der Vorstellung, daß er nun auf dem Turf und am Spieltisch zu Hause wäre, und niemand durfte von ihm erwarten, daß er Mr. Scunthorpe anders als ungeduldig zuhörte, wenn dieser sich in düsteren Prophezeiungen erging: von der Tow Street führe ein direkter Weg in den Schuldturm.
»Weißt du, was mein Onkel sagt?« fragte Mister Scunthorpe. »Einen Anfänger lassen sie das erste Mal, wenn er in eine Spielhölle geht, immer gewinnen. Laß die Hände davon, mein Junge! Sie machen es auch mit dir so.«
»Ach, Unsinn! Ich bin kein solcher Esel, daß ich mich zu tief in die Sache einlasse. Weißt du was, Felix? Einmal möchte ich bei Watier spielen, wenn du das für mich einrichten könntest.«
»Was? Alter Junge, dorthin wirst du deinen Fuß nicht setzen, auf Ehre, die lassen dich nicht hinein! Bin selber auch nicht hineingekommen! Gehen wir lieber nach Vauxhall! Vielleicht treffen wir deine Schwester dort! Schau dir den großen Springbrunnen an! Dort spielt die Pandean-Bande! Da ist was los.«
»Langweiliges Zeug! Möchte mein Glück lieber beim Pharao erproben«, sagte Bertram.
11
VOM DAFFY CLUB zu LIMMERS HOTEL in der Conduit Street war ein unvermeidlicher Schritt für jeden jungen Gentleman, der in der Lebewelt eine Rolle spielen wollte. Hier begegnete man all den Gefeierten des Rings und den modischen Herren, die mit ihnen Umgang pflegten. Bertram kam in Begleitung von Mr. Scunthorpe hin, der es jetzt darauf, abgesehen hatte, die
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