Die bezaubernde Rivalin
hätten ihre eigenen sanitären Anlagen.“
„Stimmt. Dein Großvater hat jedem Vorstandsbüro ein separates Badezimmer angliedern lassen und dabei keine Kosten und Mühen gescheut.“
„Ja, ich erinnere mich. Meine Mutter hatte eines dieser Büros.“
„Ich dachte, du seist noch nie im Warenhaus gewesen – hinter den Kulissen, meine ich.“
„Als ich klein war, hat mich Kitty auch immer zum C & F-Weihnachtsmann gebracht. Und als ich in die Schule kam, hat man mir hier meine erste Schuluniform verpasst.“
India versuchte, sich Jordan als kleinen Jungen vorzustellen, aber es gelang ihr nicht. „Deine Mutter hatte bei C & F ein eigenes Büro?“, fragte sie dann. „Was hat sie denn hier gemacht?“
„Sich ihren Träumen hingegeben und aufregende Pläne geschmiedet, um das Warenhaus zu modernisieren, wenn die alte Generation abtritt – genau wie du. Im Gegensatz zu dir ist sie aber von den Ereignissen sehr bald überholt worden.“
„Ich verstehe“, sagte India und dachte: Ich bin gar nicht die erste Frau, die um den Platz an der Unternehmensspitze kämpft. Das erklärte auch, warum Jordan ihrem Vater so feindlich gesonnen war und warum zwischen den beiden Familien Unfrieden herrschte. Aber es erklärte nicht, warum Jordan sie geküsst hatte. „Ich habe eine Kopie der Umbaupläne auf meinem Schreibtisch gelassen. Warum gehst du nicht in mein Büro und siehst sie dir an? Ich komme gleich nach“, fügte sie noch hinzu und dachte: Sobald ich wieder einen klaren Gedanken fassen kann.
„Ich hole mir die Pläne, aber dann lasse ich dich für den Rest des Morgens in Ruhe.“
India wollte schon fragen, was denn aus seinem Vorhaben geworden sei, sie den ganzen Tag über zu beschatten, besann sich aber eines Besseren.
„Halt dir die Mittagszeit frei!“, forderte Jordan da im Befehlston, und India dachte: Vielleicht ist das in seiner Welt ja so. Er sagte etwas, und die Leute sprangen und taten auch noch gern, was er von ihnen verlangte.
„Heißt das, ich kann mich nicht einmal zum Mittagessen von meinem Schatten erholen?“
„Schließlich habe ich auch nicht frei.“
Sein letzter Satz hatte trotz allem sehr freundlich geklungen, und Jordan sah fast so aus, als würde er gleich lächeln. Deshalb war India ihm nicht mehr böse und erklärte: „Ich lasse uns einen Tisch im C & F-Dachgartenrestaurant reservieren. Passt dir ein Uhr?“
„Wunderbar! Aber zum Essen finde ich es im Warenhaus ein wenig … zu öffentlich. Ich werde meine Sekretärin bitten, uns irgendwo in einem schicken Restaurant einen Tisch zu bestellen.“
Als India das hörte, dachte sie: Jedes Mal, wenn ich ihm den kleinen Finger gebe, nimmt er die ganze Hand – oder den ganzen Mund. „Du brauchst deine Sekretärin nicht damit zu behelligen, ich bin gern ein wenig unter Leuten.“
„Damit dich deine Kunden sehen?“
„Ja“, sagte India und dachte: Je mehr Leute da sind, wenn ich mit Jordan esse, desto besser. In der Öffentlichkeit hatte er sie bisher noch nicht geküsst. Laut sagte sie dann allerdings: „Die Leute schätzen ein Restaurant gleich viel mehr, wenn die Geschäftsleitung dort auch isst.“
„Das stimmt.“
„Also, dann um ein Uhr im Dachgartenrestaurant, Jordan.“ Diesmal gab India ihm nicht die Möglichkeit, ihr zu widersprechen. Sie stellte sich auf die Rolltreppe und war gleich darauf außer Sichtweite.
Als sich Jordan eine halbe Stunde später an den Schreibtisch seiner Sekretärin lehnte, um die Post durchzusehen“, sagte Christine: „Für einen Mann, der Publicity scheut, waren Sie gestern aber ganz schön im Rampenlicht, JD.“
Auf Jordans fragenden Blick hin zeigte sie ihm die „Evening Post“. Darin war ein Bild von ihm, Serena und dem Baby. Es sah aus wie andere Bilder dieser Art: Ein Mann hielt ein Neugeborenes. Nur dass er, Jordan, nicht der Vater des Kindes war.
„Schönes Foto“, sagte Christine, „schade nur, dass es gestellt ist.“
„Die Mutter des Kindes wäre doch viel zu jung für mich!“
„Jetzt lenken Sie nicht vom Thema ab, JD. Sie sind schon siebenunddreißig Jahre alt. Es wird Zeit für Sie, eine Familie zu gründen.“
„Ich bitte Sie, Christine, dafür bin ich bestimmt nicht der Richtige.“
„Wieso haben Sie dann in der Babywarenabteilung von C & F die Hebamme gespielt?“
„Um India bei ihrem eigenen Spiel zu schlagen. Sie war gerade dabei, sich als Hausherrin zu gebärden und durch die ‚geheiligten Hallen‘ zu schlendern. Da habe ich eben ihren Job
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