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Die Bibliothek des Zaren

Die Bibliothek des Zaren

Titel: Die Bibliothek des Zaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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wer ist dieser lange Trottel mit den Rollschuhen? Eine Parade wie im Zirkus.«
    Der Magister war über eine solche Beschreibung gekränkt, was er durch ein leichtes Anheben der Brauen zu verstehen gab, aber Altyn fuhr unbeeindruckt fort:
    »Wir hielten an der Bolschaja-Pirogowskaja-Uliza, gegenüber dem Archiv-Gebäude: der Shiguli, die Jeeps in einem weitschenkligen Dreieck und das bescheidene missratene Auto etwas abseits, direkt gegenüber dem Haus mit den steinernen Buchstaben obenauf: ARCHIV FÜR ALTE DOKUMENTE, 1882.«
    Nicholas zuckte zusammen, sagte aber nichts.
    »Ich wartete lange, zwei Stunden oder vielleicht auch länger. Der Hippie saß eine halbe Stunde im Auto, dann bekam er einen Anruf per Handy und ging rein. Die Sicherheitsmänner fingen auch sofort an herumzutelefonieren. Dann war Ruhe, und sie saßen da. Nur lief mal der eine, mal der andere aufs Klo, da auf dem Platz ist nämlich eins. Ich sitze da und beneide sie wahnsinnig. Ich denke: So, ich halte das nicht mehr aus. Wie machen das eigentlich Frauen, die als Detektiv arbeiten? Für Männer ist das leicht. . .« Es sah aus, als wolle Altyn diesen Gedanken weiter ausführen, aber sie winkte nur ab. »Kurz, ich bin für fünf Minuten weggegangen und hätte fast das Interessanteste verpasst. Wie es dich und den Hippie aufs Dach verschlagen hat, habe ich nicht mitgekriegt, aber wie er dich über den Kopf warf, das habe ich beobachtet. Ein beeindruckendes Bild. Ein Wunder, dass du dir nicht alle Knochen gebrochen hast. Kannst du fliegen, oder wie?«
    »Sieht fast so aus«, brummelte Fandorin.
    »Die in den Jeeps wurden hektisch, die einen sprangen raus und rannten los, der Schnurrbärtige, der Chef unter ihnen, war mit seinem Handy zugange. Mir wurde es zu brenzlig. Ich rief einen Verkehrspolizisten, den ich kenne, in der Datenzentrale an und bat ihn, das Kennzeichen des Shiguli zu überprüfen. Die Antwort: seit gestern als gestohlen gemeldet, danke für die Hilfe. Aha, dachte ich. Also wird der Hippie nicht zum Auto zurückkommen. Ich saß da und beobachtete aus sicherem Abstand die Schwadron. Einer von ihnen lief ins Archiv, kam zurück, sie tuschelten über irgendetwas. Rührten sich nicht von der Stelle. Die Uhr tickte, das Leben ging weiter, meine Blase meldete sich allmählich wieder. Da führte dich ein Milizionär heraus. Ich richtete meine Kamera auf dich, fuhr den Zoom aus und guckte. Und sah: der Springer aus der Höhe war unversehrt, nur das grünliche Desinfektionsmittel verunzierte sein Gesicht. Sie packten dich in ein Milizauto, und der Rattenschwanz setzte sich in umgekehrter Richtung in Bewegung, nur entschieden schneller, sie hätten meinen ›Ferrari‹ beinah abgehängt. In der Twerskaja-Uliza, beim Hotel, trennten sich die Jeeps wieder. Zwei von den Sicherheitsleuten gingen hinter dir her: der Schnurrbärtige und . . .«
    »Stopp!«, schrie Nicholas. »Waren das Georgier, der eine mit hochgezwirbeltem Schnurrbart, der andere in Lederjacke?«
    »Genau! Dann bist du also doch nicht so unterbelichtet, wie du aussiehst. Du hast sie dir gemerkt?«
    »Dann war das also doch kein glücklicher Zufall«, wurde dem aufgeregten Magister jetzt klar. »Sie haben vor meinem Hotelzimmer Wache gestanden! Wussten, dass man mich umlegen will und kamen mir im kritischen Augenblick zu Hilfe.«
    Altyn pfiff durch die Zähne und sagte erstaunt:
    »Sie haben auch im Hotel noch versucht, dich umzulegen? Du hast aber ein interessantes Leben. Dann verstehe ich auch, warum du wie ein Tennisball aus dem Hotelgebäude gesprungen bist.«
    Nicholas hörte ihr nicht zu und versuchte, die Zusammenhänge zu durchschauen.
    »Sie haben mich nicht verfolgt, diese beiden Sicherheitsleute, sie haben mich bewacht! Wieso, ist unklar, aber das steht schon mal fest. Und als ich den Roten Platz überquert habe und der Mörder hinter mir her gewesen ist, sind meine Leibwächter auch nicht weit gewesen. Dann habe ich mit meinen Rollschuhen den Killer abgehängt und auch sie verloren. Und da bin ich dann schutzlos gewesen.«
    »Ja, mit deinen Rollschuhen hast du uns allen ein Schnippchen geschlagen. Der Hippie rannte zum Rand des Platzes, zum GUM-Kaufhaus, wir hinter ihm her, dich konnte ja eh keiner einholen. Ja, und im Kaufhaus war dein Freund dann wie vom Erdboden verschwunden.«
    »Ja, da ist er groß drin«, sagte Fandorin und nickte, weil ihm gerade die erfolglose Suche nach dem Brillenträger auf dem Archiv-Gelände einfiel.
    »Die Sicherheitsleute suchten und

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