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Die Bibliothek des Zaren

Die Bibliothek des Zaren

Titel: Die Bibliothek des Zaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Dienst, und Befehle wurden ausgeführt, ohne dass man die Stimme heben musste. Schon in der zweiten Woche begann Cornelius die Flüche zu vergessen, weil er sie nicht brauchte; es gab keinen Grund, die Musketiere auszuschimpfen.
    Die Kaserne stand dreihundert Schritte von Matfejews Palast entfernt, in der Malorossejka-Uliza. Sie war sauber, hell und hatte eine eigene Küche und ein Arsenal. Es war nicht üblich, dass der Kommandeur bei der Kompanie wohnte; er hatte sein Quartier in einem Flügel des Palasts in der Nähe des Bojaren.
    Das Haus hatte viele Nebengebäude und befand sich in der Nähe der Pokrowka-Uliza, in einer Gasse, die zu Ehren des Kanzlers Artamon-Gasse hieß. Der Hauptmann bekam eine geräumige Wohnung zugeteilt, mit europäischen Möbeln aus Eichenholz und einem Kachelofen. Außer dem Offiziersburschen gehörten noch ein Knecht und eine Wäscherin zu seinem Dienstpersonal. Beköstigt wurde er vom Tisch des Hauses: Entweder man rief ihn in die gute Stube (Artamon Sergejewitsch war einfach und nicht arrogant im Umgang), oder das Essen wurde ihm direkt aufs Zimmer gebracht.
    Besondere Erwähnung verdient von Dorns Ausrüstung, so eine hatte er noch nie gehabt: einen versilberten Helm und einen mit Gold eingelegten Kürass; eine grüne Paradeuniform mit Posamenten und eine weitere für den täglichen Gebrauch aus gutem englischen Tuch. Vier Paar Stiefel, darunter ein Paar Lackstiefel, die wie Spiegel glänzten. Außerdem hatte er von dem Bojaren geschenkt bekommen: einen Mantel und eine Wintermütze aus Biberpelz, sechs Batisthemden und zwei Paar warme Unterhosen. Wenn Cornelius an einem freien Abend in die deutsche Vorstadt kam (was ihm leider nicht oft möglich war), dann stolzierte er zwischen den Häusern wie ein richtiger Geck umher: in neuem Hut mit Straußenfedern, unter dem geöffneten Pelz von Matfejew war der mit Stickereien verzierte Leibrock zu sehen, an der Seite hing der Degen in einer frisch vergoldeten Scheide, in der einen Hand hatte er einen Stock mit einem Knauf aus geschnitztem Walrosszahn, in der anderen eine fein gearbeitete Tabaksdose. Bei einem Sold von vierzig Rubeln, ja da konnte er sich durchaus etwas gönnen.
    Man hatte dem Hauptmann ein Pferd gegeben, einen bildschönen Hengst turkmenischer Herkunft. Den spanischen, den er vorher gehabt hatte, hatte Cornelius, obwohl es ihm Leid tat, verkauft. Er hätte ihn im Pferdestall des Bojaren unterbringen können, dann wäre für kostenloses Futter und Pflege gesorgt, aber schließlich ist ein Pferd nicht dazu da, dass man es mästet. Er verkaufte den Rappen an den Reitermajor Luc Charpentier, und zwar mit Gewinn, für zweiunddreißigeinhalb Rubel. Obwohl er dem Rang und dem Alter nach über ihm stand, sprach der Reiter mit von Dorn respektvoll, er beneidete ihn. Als er erfuhr, dass dieser obendrein auch noch fünfundzwanzig goldene Pistolen erhalten hatte, schimpfte der Mann aus der Gascogne bitter; die Reiter bekamen nämlich in Friedenszeiten nur den halben Sold.
    Cornelius’ finanzielle Lage gestaltete sich hervorragend. Zum ersten Mal im Leben konnte er etwas zurücklegen, und zwar viel. Was sollte er auch sonst tun? Wein trank er nicht – in Moskowien darf man nicht trinken, sonst kommt man davon nicht mehr los; an Würfelspielen beteiligte er sich nicht, denn Iwan Artamonowitsch billigte das nicht, und wo sollte er in seiner jetzigen gehobenen Stellung auch Mitspieler finden; für die Weiber gab er ebenfalls nichts aus, nur ab und an machte er Steschka ein Geschenk. Aber da er jetzt so beschäftigt war, ging er seltener zu der Weißnäherin; und außerdem bekam er mehr von ihr, als er für sie ausgab: Sie beköstigte ihn und machte ihm auch noch Geschenke. Vor kurzem hatte sie ihm einen Kragen mit einem Besatz aus Brüsseler Spitzen geschenkt. Wenn es so weiterging, könnte er in zwei Jahren das Geld für ein treffliches Haus zusammenhaben, in Stuttgart oder Tübingen, mit Apfelbäumen im Garten und sogar mit einem eigenen Teich. Aber wo und wann er das Haus kaufen sollte, daran dachte er jetzt nur vage. Cornelius war sich sicher, dass er Russland verlassen würde, aber natürlich nicht nächsten Sommer, sondern später. Oder hat es schon einmal jemand gegeben, der vor seinem Glück davonrennt?
    Artamon Sergejewitsch war großzügig. In der zweiten Woche nach von Dorns Dienstantritt kam er ins Wachlokal, um die Waffen zu prüfen: ob sie in sauberem Zustand sind, ob die Musketen und Pistolen auch geölt und die Degen

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