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Die Bischöfin von Rom

Die Bischöfin von Rom

Titel: Die Bischöfin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckel
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der Jäger zutiefst beeindruckt. »Nur wenige Männer wären dazu fähig gewesen – und du bist eine Frau …«
    »Ja, das bin ich!« bekräftigte Branwyn, dann sprach sie flüssiger weiter: »Als die Flammen im Winkel zwischen dem Felsen und dem dichten Buschwerk loderten, fühlte ich mich ein wenig sicherer. Tatsächlich dauerte es lange, bis die Wölfe sich heranwagten. Ich weiß nicht mehr genau, wann es geschah, denn manchmal war ich vor Schmerzen wie betäubt. Aber irgendwann zwischen Mitternacht und Morgengrauen griffen die Raubtiere an. Ich kämpfte mit Feuerbränden und der zerbrochenen Lanze gegen sie, bis die Bestien mit dem ersten Tageslicht verschwanden. Danach zwang ich mich, wach zu bleiben, solange ich es vermochte – ansonsten weiß ich nur noch, daß mir plötzlich schwarz vor Augen wurde …«
    »Kein Wunder, nach allem, was du durchstehen mußtest«, murmelte Haimo. Er reichte ihr seine Gürtelflasche; nachdem sie durstig getrunken hatte, fügte er hinzu: »Doch jetzt hast du das Schlimmste hinter dir, und wenn wir erst im Dorf sind, wird sich alles Weitere finden. Es fragt sich nur, wie wir dich am besten dorthin bringen? Glaubst du denn, du kannst den Weg aus eigener Kraft bewältigen, wenn ich dich stütze, oder soll ich vielleicht besser aus ein paar Stangen und einem Stück von der Plane des zertrümmerten Wagens eine Schleifbahre bauen?«
    »Es ist nicht nötig, daß du dir solche Mühe mit mir machst«, antwortete die junge Frau tapfer. »Schließlich ist nur mein Oberkörper verletzt, nicht aber meine Beine.«
    Wenig später gingen sie los. Der Jäger trug Branwyns Gepäck und war ihr an den schwierigen Stellen des Pfades behilflich, so gut er konnte. Ihre Schmerzen freilich vermochte er nicht zu lindern: die scharfen Stiche im Brustkorb und in der Schulter, die sie unentwegt peinigten. Häufig legten sie kurze Rastpausen ein, damit die junge Frau sich ein wenig erholen konnte, ehe sie das nächste Wegstück in Angriff nahmen. Auf diese Weise verstrich allmählich der Nachmittag; als die Sonne sank, waren sie immer noch weit von der Ansiedlung entfernt.
    Erst tief in der Nacht kamen sie dort an. Branwyn taumelte mittlerweile vor Erschöpfung und bemerkte kaum noch, wie Haimo sie zu seinem Haus am Dorfrand geleitete, das er allein bewohnte. Drinnen bettete er sie auf sein eigenes Lager; im selben Augenblick, da ihr zerschundener Körper den Strohsack berührte, war sie auch schon eingeschlafen.
    ***
    Als Branwyn am Spätvormittag erwachte, fühlte sie sich so krank wie nie zuvor in ihrem Leben. Ihr Kopf dröhnte; das dumpfe Pochen, das von ihren Wunden ausging, schien sich durch ihren ganzen Leib fortzusetzen. Hinzu kam das Glühen auf ihrer Haut, das ihr abwechselnd Schweißausbrüche und heftiges Frösteln verursachte – und nach einer Weile begriff sie, was das bedeutete.
    Der Jäger, welcher gleich darauf in Begleitung einer hochbetagten Dorfbewohnerin an die Bettstatt trat, sprach das Schreckliche aus: »Das Wundfieber hat dich gepackt! Ich sah es dir schon vorhin an, deshalb habe ich Hulda zu dir gebracht.«
    Die junge Frau musterte die gebrechliche Greisin, dann fragte sie mit schwacher Stimme: »Bist du die Heilerin oder die Wehmutter der Ansiedlung?«
    »Walbirg erfüllte diese Aufgaben«, krächzte die Alte. »Aber sie verstarb im vergangenen Winter. Seitdem holt man mich zu den Kranken. Doch ich weiß längst nicht so viel wie Walbirg. Denn sie war eine erprobte Heilkundige, während ich ihr nur manchmal zur Hand ging.«
    Branwyn kämpfte gegen einen weiteren Anfall von Schüttelfrost; nachdem er vorüber war, erkundigte sie sich: »Hast du irgendwann einmal eine verrenkte Schulter eingerichtet, beziehungsweise einen Knochenbruch versorgt?«
    »Mit Brüchen besitze ich keine Erfahrung«, erwiderte die Greisin betreten. »Was hingegen dein Schultergelenk angeht, so sah ich einmal, wie es gemacht wird. Bloß fürchte ich, daß ich nicht mehr ausreichend Kraft dafür in meinen Händen habe.«
    »Wenn es so ist, brauchen wir deine Hilfe!« wandte Branwyn sich an Haimo. »Hulda und ich werden dir jetzt erklären, wie du vorzugehen hast …«
    Mit bleichem Gesicht lauschte der Jäger den Worten der beiden Frauen. Zuletzt kniete er neben dem Lager nieder, öffnete vorsichtig das Kleid der Verletzten und setzte den Griff an, der ihm beschrieben worden war. Branwyn stieß einen lauten Schrei aus, im nächsten Moment wurde sie ohnmächtig.
    »Ich darf gar nicht daran denken, wie

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