Die Bischöfin von Rom
hatten, wünschte ich mir, wir könnten zusammenbleiben. Später, während unserer Wanderung, wurde meine Zuneigung zu dir von Tag zu Tag stärker, und schließlich, nachdem wir Avalon erreicht hatten …«
»Ja, es blieb mir nicht verborgen …« Branwyn griff nach seiner Hand und brachte ihn dazu, sich wieder neben ihr niederzulassen. »Ich spürte es schon seit langem, wie tief du für mich empfindest. Meinetwegen harrtest du auf der Ynys Avallach aus, obwohl du am Fürstensitz von Tintagel eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hast …«
»Ich blieb, weil ich mich an die Hoffnung klammerte, du würdest mir doch noch nach Kernow folgen«, murmelte er. »Und vorhin, als wir uns plötzlich in den Armen lagen, glaubte ich, du hättest dich endlich dazu entschlossen. Dann aber …«
»Bewahrte Ceridwen uns davor, etwas Falsches zu tun«, fiel die junge Frau ein. »Denn wenn ich mich dir hingegeben hätte, so wäre dies Betrug an dir gewesen. Ich hätte dir danach sagen müssen, daß ich deine Liebe trotzdem nicht so erwidern kann, wie du es verdienen würdest, und du wärst um so enttäuschter gewesen.«
»Das heißt …« Er räusperte sich und setzte neu an. »Das heißt, du dachtest nie daran, daß mehr als Freundschaft zwischen uns sein könnte?«
»Doch, ich dachte daran«, gab sie zu. »Und vielleicht hätte ich dich lieben können, wenn wir uns unter anderen Umständen begegnet wären. Aber du mußt bitte eines verstehen: Ich kann Dafydd nicht vergessen! In diesem Frühling wollten wir heiraten, und auch wenn er nun in seinem Grab auf der Ynys Vytrin liegt, lebt er in meinem Herzen weiter. Das ist der Grund, Eolo, warum es mir unmöglich ist, mit dir …«
»Deine Treue zu Dafydd ehrt dich«, unterbrach er sie. »Ebenso deine Aufrichtigkeit und Anständigkeit mir gegenüber.« Im Schein des Mondes, der jetzt langsam über dem Horizont aufstieg, sah sie, wie er sich zu einem Lächeln zwang; mit den nächsten Worten bewies er ihr, daß er seinen Humor, den sie so sehr an ihm schätzte, wiedergefunden hatte: »Und eigentlich müßte ich dich deswegen noch mehr anbeten als bisher – doch das verkneife ich mir besser, nachdem ich mich ohnehin schon bis auf die Knochen blamiert habe.«
»Nein, das hast du bestimmt nicht!« widersprach Branwyn erleichtert. »Vielmehr hätte ich mir während der vergangenen Monate keinen besseren Gefährten als dich wünschen können. Und gerade erst zeigtest du mir einmal mehr, welch wunderbarer Mann du bist, denn die meisten deiner Geschlechtsgenossen hätten mir wahrscheinlich eine fürchterliche Szene gemacht.«
»Das kann durchaus noch passieren, wenn ich erst die ganze Tragweite deiner schnöden Abfuhr begriffen habe!« scherzte der Barde.
»Aber dann warnst du mich rechtzeitig, ja?« versetzte die junge Frau schelmisch. »Andererseits, sofern du imstande bist, dich zu beherrschen, wäre ich unter Umständen bereit, diese romantische Nacht ausgiebig mit dir zu genießen …«
»Wie meinst du denn das jetzt wieder?« fragte er verdutzt.
»Nun, findest du nicht auch, daß der Mond die Landschaft förmlich verzaubert?« antwortete sie leise und lehnte sich wie von ungefähr gegen seine Schulter. »Sieh doch nur, wie seine goldene Scheibe sich im dunklen Wasser des Sees spiegelt …«
»Du solltest nicht auf diese Weise mit mir spielen!« Er rückte ein Stück von ihr ab. »Nicht, nachdem wir soeben übereinkamen, vernünftig zu sein – und noch dazu an meinem letzten Abend hier …«
»Dann ist es also unsere Abschiedsnacht – ich ahnte es«, flüsterte sie. »Und es ist gut, daß du diesen Entschluß gefaßt hast, denn so wird es dir und mir am leichtesten fallen.«
»Genau deshalb reise ich schon morgen ab«, nickte er. »In Tintagel werde ich auf andere Gedanken kommen, zumindest hoffe ich das.«
»Zweifellos wirst du es schaffen«, bekräftigte sie. »Denn der Vollmond wird auch dort am Himmel stehen, und irgendwann wirst du in Kernow eine Frau in den Armen halten, die deine Liebe verdient. Doch heute …«
Damit schmiegte sie sich erneut an ihn und suchte mit ihren Lippen zärtlich die seinen.
»Warum?!« stöhnte er. »Warum tust du das?!«
»Weil ich dir zwar nicht meine Liebe, aber diese eine Nacht schenken kann«, hauchte sie ihm ins Ohr. »Sie soll mein Dank an dich sein und uns immer in Erinnerung bleiben …«
Ehe Eolo etwas zu erwidern vermochte, küßte Branwyn ihn abermals, weich und lockend jetzt; gleich darauf löschte ihre innige
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