Die Bismarcks
Münchener Ausstellung »Entartete Kunst«.
Klaus kehrte noch einmal für kurze Zeit in den erlernten Beruf zurück und wurde bei einem Herrn von Diest in Zeitlitz zweiter Beamter. Dort lernte er binnen kürzester Zeit sehr viel, denn der Betrieb war hochmodern, stand auf vielen Beinen und war aufgrund seiner veredelten Produkte hochprofitabel. Lief ein Bereich nicht mehr gut, wurde eine andere gewinnversprechende Sparte ausgebaut. Am 15. Juli 1939 heiratete Klaus von Bismarck Ruth-Alice von Wedemeyer; aus der Ehe sollten acht Kinder hervorgehen. Gleichzeitig endete nach einem halben Jahr sein Gastspiel in der Landwirtschaft, denn auf der Hochzeitsreise erhielt er den Einberufungsbefehl. Am 1. August 1939 reiste Klaus im Rahmen der Mobilmachung zu seinem Jäger-Bataillon. Nur während des Jahres 1943, als er vorübergehend uk gestellt worden war, ist Klaus von Bismarck noch einmal für wenige Monate in die Landwirtschaft zurückgekehrt. 1940 kam sein erstes Kind, Gottfried, zur Welt.
Klaus von Bismarck wurde kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs wieder Adjutant des Bataillonskommandeurs. Das Regiment, aus drei Bataillonen bestehend, wurde an die Grenze zu Polen verlegt. Die ersten Tage des Krieges verliefen ruhig. Beim Angriff auf die Festung Modlin gab es die ersten Verluste, wie auch in den Tagen danach, als die Einheit von Klaus in den Vororten von Warschau kämpfte. Die Leiden der polnischen Zivilbevölkerung entgingen ihm nicht.
Wenige Tage später war der Polenfeldzug beendet. Klaus von Bismarck avancierte nun vom Bataillons- zum Regimentsadjutanten. Bald darauf wurde seine Einheit nach Westen verlegt und in Hennef unweit von Bonn einquartiert. Die schneidigen Soldaten aus dem Osten hinterließen einen nachhaltigen Eindruck bei der rheinische Damenwelt wie auch umgekehrt. Später wurde das Regiment weiter nach Westen verlegt und bezog in der Nähe von Prüm in der Eifel seine Stellungen.
Der Frankreichfeldzug begann im Mai 1940. Bei der Überquerung der Maas wurde das Schlauchboot, in dem Klaus von Bismarck saß, von einem französischen Geschoss getroffen. Klaus hatte Glück und bekam nur einen Granatsplitter ab. Er wurde vorübergehend auf einem Verbandsplatz gepflegt, war aber nach acht Tagen wieder bei der Truppe. Über Maubeuge und Lille setzte das Regiment unter leichten Verlusten seinen Vormarsch fort und gelangte über Abbéville nach Rouen. Den Auftritt der Einheit im Zentrum der Stadt, im Angesicht der Kathedrale, hat Klaus von Bismarck im Nachhinein als »banausenhaft« empfunden.
Nach dem Übersetzen über die Seine war der Feldzug für die Soldaten aus Kolberg so gut wie beendet. Sie marschierten nun nach Nantes, überquerten dort die Loire und marschierten nach Les Sables d’Olonne am Atlantik weiter. Hier bezogen sie Quartier, und dort erreichte den Regimentsstab die Nachricht von der Kapitulation Frankreichs. Mit einer Rückholaktion von evakuierten Kindern, die auf Wehrmachtslastwagen aus Lille heimkehren konnten, erwarb sich das Regiment Vertrauen bei der Bevölkerung und Dankbarkeit: Nie hat Klaus von Bismarck nach eigener Aussage in seinem Leben so viel Hummer gegessen wie in diesen Wochen.
Schon bald darauf wurden die pommerschen Soldaten in die Nähe von Saint-Lô in der Bretagne verlegt, wo sie sich auf eine Invasion Großbritanniens vorbereiteten. Klaus’ Regiment sollte zur ersten Angriffswelle gehören. Aber das benötigte Transportmaterial, vor allem Landungsboote, war nicht vorhanden. Weil die Luftschlacht um England bald darauf scheiterte, wurde das Vorhaben abgeblasen. Die Kolberger Jäger kehrten nach Osten zurück, aber nicht nach Hause, sondern nach Graudenz an die Weichsel. Der Angriff des Deutschen Reichs auf die Sowjetunion stand bevor.
Im Morgengrauen des 22. Juni 1941 lag das Regiment in der Rominter Heide in Ostpreußen. Die Stimmung unter den Soldaten war gedrückt, trotz des guten Verlaufs der beiden vorangegangenen Feldzüge. Dort hatten sich das Ausbildungskonzept und das Material der Infanterieeinheit bewährt. Aber die Aufgabe, die Klaus und seinen Kameraden nun bevorstand, erschien ihnen unheimlich, durch Größenwahn gekennzeichnet. 9 Dazu passte auch der völkerrechtswidrige sogenannte Kommissarbefehl, der wenige Stunden vor dem Angriff beim Regiment eintraf. Dieser Befehl, der zum Inhalt hatte, Politkommisare der sowjetischen Armee nicht als Kriegsgefangene zu behandeln, sondern sofort zu erschießen, zwang Klaus von Bismarck erstmals dazu,
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