Die Bismarcks
Freude über die Entlassung von Erwin Planck aus. Der ehemalige Staatssekretär war ein häufiger Gast im Bredow’schen Hause in Potsdam und ein enger Freund von Hannah.
In fortlaufender Korrespondenz mit seinen beiden Brüdern spielte Albrecht nun seine Karrierechancen in Hitler-Deutschland durch. In einem Brief an seine Mutter kam er am 20. Februar 1933 zu dem Schluss, dass ihm für eine diplomatische Laufbahn die Vorbildung fehle. »Ich hoffe ja doch, mit dem Anwachsen der Macht der Partei hier einmal mich irgendwie betätigen zu können. Das wäre mein Ideal.« Das klang, als träumte er von einer Gauleiter-Karriere in Rom.
Albrecht plagten in diesen Jahren allerdings massive finanzielle Probleme. Persönliche Kredite, die ihm Otto gewährt hatte, konnte er nicht zurückzahlen. Der Bruder, auch nicht auf Rosen gebettet, beklagte sich bei Mutter Marguerite über den säumigen Bruder. Albrecht sah die Dinge entspannt. Zumeist hat er sich in seinem Leben »on the sunny side of life« befunden. Das Interesse an Karrieremöglichkeiten bei den Nazis erlosch so rasch, wie es gekommen war. Bald war in den Briefen Albrechts nach Hause wieder nur von den Bällen und Veranstaltungen die Rede, die er als Mitglied der römischen Hautevolee frequentierte. Im Juni 1933 besuchte er seinen Bruder in London und hielt sich dort während der kommenden Jahre häufig auf.
Albrecht, ein auffallend schöner, zarter, rötlich-blonder Mann, hatte ein besonderes Talent zum Entwerfen von Häusern und zur Gestaltung von Inneneinrichtungen, obwohl er nicht besonders gut im Detail zeichnen konnte. Umso besser gelang ihm dies bei einem Service in Friedrichsruh, das er mit blauen Blumenmotiven bemalte. Seine Mutter ließ es bei festlichen Anlässen gern aufdecken. Die Freundschaft mit Philipp von Hessen, der Name Bismarck und seine künstlerischen Fähigkeiten eröffneten Albrecht Zugang zu den führenden gesellschaftlichen Kreisen Italiens und zu lukrativen Aufträgen im Ausland. So wurde Albrecht »Eddy« mit dem Bau der Villa des Schweizer Industriellen und Schöngeistes Maurice Sandoz beauftragt und gestaltete den »Embassy Club« des New Yorker Hotels Ambassador.
Die Familie und Hitler
Hannah von Bredow wurde in dem Jahr Witwe, in dem Hitler an die Macht kam. Ihr Mann starb am 1. Oktober 1933 in Lausanne an Meningitis und einem Lungenödem. Ihr achtes und letztes Kind, Leopold-Bill, war wenige Monate zuvor, am 2. Januar 1933, auf die Welt gekommen. Seine sieben Geschwister waren Marguerite, 1916 geboren, Alexandra, geboren 1919, gefolgt von Diana im Jahre 1920, Wolfgang, geboren 1921, Philippa, geboren 1923, Maria, geboren 1926, sowie Herbert, geboren 1928. Leopold-Bill, Diana, Maria und Herbert leben noch heute.
Hannah hatte mit ihrem Mann verabredet, mit der Familie in die Schweiz zu ziehen, wenn es zu einer Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland kommen sollte. Aber jetzt verließ sie der Mut, den Beschluss in die Tat umzusetzen, und sie blieb in Potsdam. Sie war 40 Jahre alt, hatte viele prominente Verehrer, ging aber keine Verbindung mehr ein. C. G. Jung und Erwin Planck, der Sohn von Max Planck und Chef der Reichskanzlei unter Brüning, gehörten zu ihren Bewunderern. Planck, dessen Talent für politische Analyse Hannah nicht besonders hoch einschätzte, war zu dieser Zeit der väterliche Freund und Erzieher des Industriellensohnes Otto Wolff von Amerongen. 18
Die eindrucksvolle, 1,78 Meter große, schlanke Frau mit den stahlblauen Augen unterstrich ihr Gardemaß mit hochhackigen Schuhen und fiel in jeder Gesellschaft auf. Man sah Hannah, die sich nicht schminkte, die Abstammung vom Reichskanzler in Statur und Physiognomie an. Sie blieb zeitlebens eine echte, unbeugsame Bismarck. Würde und Ernst gingen von ihr aus. Der während des Zweiten Weltkriegs für das Office of Strategic Services ( OSS ) in Bern residierende Allen Welsh Dulles, ein Bruder von US -Außenminister John Foster Dulles, hat Hannah als »the only male descendant of Bismarck« bezeichnet. 19
Man sah Hannah bei Abendessen, Lunches, Teeeinladungen, Hochzeiten, Konzertbesuchen, in der Oper und in den Theatern der Hauptstadt sowie beim Golf und bei Ausritten. Trotz vorübergehender wirtschaftlicher Schwierigkeiten behielt sie den Lebensstil bei, den sie seit ihren Kindertagen verinnerlicht hatte. Briefe und Dokumente unterzeichnete die gebürtige Gräfin mit Bredow und Bismarck. Sorgfältig hielt die geschichtsbewusste Frau in ihren
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