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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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war. Sie schielte zu Juri hinüber, und aus dieser unwillkürlichen Reaktion wurde ihr plötzlich klar, daß ihr nicht die Erwähnung peinlich war, sondern Juris Gegenwart.
    Juris Gesicht zeigte zu Uttas Verwunderung ein seltsames Lächeln. Es galt ihr, denn er sah sie an, aber es war nicht aufmunternd, wie sie gehofft hatte, auch nicht ironisch, eher unsicher, verlegen.
    Juri war Utta gegenüber nachsichtig gestimmt, das hatte er bei Hellens Worten gemerkt. Dieser Umstand ließ ihn stutzen; es war nicht seine Art, berechtigte Vorhaltungen durch tröstlichkameradschaftliche Gestik oder Mimik abzuschwächen, und trotzdem fühlte er sich in diesem Falle dazu gedrängt. Das Lächeln, das aus diesem Widerstreit der Gefühle entstand, war eine Halbheit, und weil er Halbheiten nicht mochte, wurde sein Gesicht finster. Er wendete den Kopf ab, damit Utta es nicht sah, und das störte ihn wieder, weil es ihm unehrlich erschien. Er war überhaupt ganz durcheinander. Sicher war nur: Er war froh, daß Utta wohlbehalten wieder hier war, und er wäre sehr gern jetzt mit ihr allein gewesen.
    Als die anderen aufstanden und hinausgingen, blieb er deshalb sitzen. Leider blieb auch Ming und knüpfte ein umständliches Gespräch mit Utta an, dem Juri aber dann doch stumm und mit wachsender Aufmerksamkeit folgte, denn es kam ihm so vor, als sei es auch für ihn bestimmt.
    „Ja, die Gefühle“, sagte Ming, „sie sind plötzlich da und zwingen uns zum Handeln, und der Verstand ist dann nur noch der nützliche kleine Vogel, der dem Nilpferd mit Gefühl die Würmer aus der Haut pickt.“
    „Du willst wissen“, fragte Utta direkt, „warum ich plötzlich loslief und den Roboter befreien wollte?“
    „Ich will erst einmal, daß es dir selbst bewußt wird.“ Ming lächelte. „Wären wir in großer Gefahr, würde das keine Rolle spielen. Aber wir sind ja den Robotern so haushoch überlegen, daß wir uns impulsive Handlungen ruhig leisten können.“ Utta wollte widersprechen, aber Ming legte ihr beschwichtigend die Hand auf den Arm. „Ich bin mir sicher, daß du nicht so denkst. Aber verdeutliche dir bitte: Wir wissen im Grunde genommen noch gar nicht, was uns da gegenübersteht. Also wissen wir auch nicht, was unsere Handlungen für Folgen haben können. Also müssen wir uns über unsere Gefühle im klaren sein, damit sie uns nicht zu überraschenden Handlungen treiben.“
    „Ich bin mir nicht klar darüber?“ fragte Utta.
    „Du bist verändert“, sagte Ming, „in den letzten Tagen.“
    Utta überdachte noch einmal ihr Verhalten. Sie erinnerte sich, wie ihre ganze Fröhlichkeit zusammenbrach in dem Augenblick, als sie begriffen zu haben glaubte, was mit dem Roboter geschehen war, und wie sie über diesen Stimmungsumschwung vielleicht noch zorniger war als über das Geschehnis selbst… „Genügt es, wenn ich mich morgen oder übermorgen dazu äußere?“ fragte sie.
    „Selbstverständlich“, sagte Ming, stand auf und verabschiedete sich.
    Utta und Juri saßen sich stumm gegenüber. Ming hatte sie in eine Lage gebracht, in der sie eigentlich gar nicht anders konnten, als sich auszusprechen. Aber gerade das störte beide.
    Juri jedoch konnte Hemmungen dieser Art leichter überwinden als Utta. „Wollen wir unseren Urlaub auf der Erde gemeinsam verbringen?“ fragte er direkt.
    „Das ist aber noch lange hin“, sagte Utta mit einem halbgespielten Seufzer, „über anderthalb Jahre…“
    Juri blickte zur Seite. „Nur auf der Erde kann man sich finden“, sagte er. „Wenn man auf die Erde zurückkommt, sieht auf einmal alles ganz anders aus.“
    „Hab ich auch schon gehört“, meinte Utta leichthin. „Ist das nicht ein Vorurteil?“
    „Für mich leider eine Erfahrung“, sagte Juri finster, „und keine erfreuliche. Genauso hat es damals angefangen, nein, hör zu, ich weiß, zwischen uns beiden ist etwas entstanden, und du mußt wissen…“
    Er erzählte von seiner bösen Erfahrung, die er angedeutet hatte, und Utta merkte, daß er sich immer mehr in sein – wie sie meinte – dummes Vorurteil hineinsteigerte. Einen Augenblick lang erwog sie, ob sie ihn nicht einfach überrumpeln sollte, sie traute sich das durchaus zu, aber da fühlte sie sich plötzlich müde, ein wenig enttäuscht, nicht unzufrieden, aber eben müde.
     
    Vor Sonnenaufgang waren Raja und Juri mit dem Schweber gestartet. Den Tag über hatten sie den etwa hundert Kilometer langen Streifen abgesucht, in dem das Gebiet der Wüstenberge mit den Salzsümpfen

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