Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
Vom Netzwerk:
schwer verletzen und die Stadt verklagen.«
    Über ihnen ertönte ein Knarren, und Russ erstarrte. Clare blieb reglos hinter ihm stehen, ließ den Regen abtropfen. »Weiter« sagte er.
    »Jetzt scheint niemand hier zu sein«, flüsterte sie.
    »Wir waren Anfang März hier. Es hatte einen Kampf gegeben, bei dem einer der Kerle einen anderen übel zugerichtet hat. Der Rettungswagen war hier, die Feuerwehr, der ganze Betrieb. Normalerweise bleiben sie nach so einer Sache erst mal weg. Sie wollen nicht geschnappt werden, wenn wir noch mal auftauchen.«
    »Was ist mit dem Mann passiert?«
    »Welchem?«
    »Dem Verletzten.«
    »Er wurde in der Notaufnahme zusammengeflickt und hing dann noch eine Weile in der Stadt rum. Er hatte irgendeine chronische Krankheit. Tb? Er war eine Weile in der Klinik und wurde behandelt. Ja, es muss Tb gewesen sein. Natürlich verschwand er, sobald es ihm etwas besser ging.«
    Sie gelangten zu einem offenen Durchgang. In der Wand zur Flussseite waren mehrere unverglaste Fenster, aber der Regen und die späte Stunde schienen das graue Licht zu dämpfen, so dass es faul über den Boden kroch und erstarb, ehe es die Mitte des Raums erreicht hatte.
    »Ich werde durch die Tür gehen und mich rechts mit dem Rücken an die Wand drücken.« Er dämpfte die Stimme zu wenig mehr als einem Flüstern. »Ich will, dass Sie mit der Waffe geradeaus zielen, sobald ich aus dem Weg bin, und sich dann neben mich stellen. Verstanden?«
    »Ja.«
    Der Griff der Waffe in ihrer Hand war rutschig vom Regen und von nervösem Schweiß.
    Russ humpelte durch die Tür und zur Seite, die gummibewehrten Enden seiner Krücken quietschten protestierend, und sie umklammerte die Waffe und trat vor, sprang nach rechts und prallte gegen die Wand, wodurch ein pudriger Schauer getrockneter Vogelscheiße auf sie herabregnete.
    »Ich wette, Sie haben als Kind immer Starsky und Hutch geguckt.« Sein Tonfall war trocken. »Weiter, hier drin ist niemand.«
    Sie überquerten den gewölbten Boden zur nächsten Tür. Russ spähte um die Ecke. »Ende der Fahnenstange«, sagte er. Er streckte die rechte Hand aus. Clare gab ihm die Waffe. Russ humpelte als Erster hindurch, Clare direkt hinter ihm. Während die anderen Räume sich weit nach oben in die modrige Dunkelheit erstreckten, war dieser so niedrig, dass Russ sich gerade noch bewegen konnte, ohne den Kopf einzuziehen. Freistehende Treppen führten auf zwei Seiten nach oben. Unter jeder Treppe gähnten Falltüren, die den Blick auf zwei weitere Treppen freigaben, die in den Keller führten. Aus der Menge der Mäuseköttel und dem Schmutz, der die Türen verkrustete, schloss Clare, dass sie schon sehr lange offenstanden.
    »Polizei«, sagte Russ mit vor Autorität knarrender Stimme. »Nehmen Sie die Hände hoch, und kommen Sie heraus.«
    Schweigen.
    »Er muss hier sein, oder?«, flüsterte Clare. Die Fensterscheibe neben der Treppe war herausgebrochen, aber die schmalen Querlatten waren noch intakt. Die Wand gegenüber war solide und glatt.
    »Es gibt keinen anderen Weg raus.« Er zeigte zu dem Raum über ihnen. »Unter dem Dach sind ein paar Lüftungsschächte. Zu klein für Menschen. Der Keller liegt unter den Steinfundamenten.«
    »Was machen wir jetzt?« Sie musterte Russ’ Gips.
    »Keine Sorge, ich werde ihm nicht nach oben folgen.« Er betrachtete das dunkle Rechteck, in dem die Kellerstufen verschwanden. »Oder nach unten.«
    Sie hörten ein Platschen. Clare wirbelte zur rechten Treppe herum. »Was war das?«
    »Klang wie etwas im Keller.« Er humpelte näher heran, bis er an der Längsseite der offenen Falltür stand wie an einem offenen Grab. »Ziemlich tief unter dem Wasserspiegel. Muss ganz schön feucht sein da unten.«
    Noch ein Geräusch. Schlurfen. Bewegungen.
    »Sie da im Keller«, rief Russ. »Treten Sie mit erhobenen Händen an den Fuß der Treppe. Es gibt keinen Ausweg.« Seine Stimme wurde etwas wärmer. »Ich kann Ihnen versprechen, dass es im Revier verdammt viel wärmer und trockener ist als hier.«
    Clare ging an ihm vorbei und kauerte sich oben neben die Stufen. Sie führten direkt in die Düsternis des Kellers. Wie die anderen Treppen war auch diese freistehend, einfach an Streben genagelte Sprossen ohne Geländer. »Das hier wurde offensichtlich gebaut, ehe man die Bauaufsicht erfunden hat«, bemerkte sie. Im grauen Licht eines einzelnen Strahls, der es bis zum Boden schaffte, konnte sie eine schwarze Wasserlache und die skelettierten Reste eines Fasses ausmachen.

Weitere Kostenlose Bücher