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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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man an dem Tag, an dem man wirklich etwas erreichen kann, nicht zur Stelle ist.«
    »Ja, Herr. Ausbilder Fisk hat uns das Gleiche gesagt. Von der Sache mit dem Verlieren einmal abgesehen.« Kip runzelte die Stirn. »Aber ich danke Euch. Dafür, dass Ihr mir die Wahrheit gesagt habt.«
    Danke, dass Ihr mir die Wahrheit gesagt habt. Wenn in dem Satz nicht eine ordentliche Portion bittere Ironie steckte, war Gavin ein dumpfer Sumpftrottel.
    »Ich will morgen mit Euch kommen«, sagte Kip.
    »Und was macht dich glauben, dass ich morgen überhaupt irgendwo hingehe – außer der Tatsache, dass wir alle ohnehin schon auf dem Weg sind und du daher sowieso mit mir gehen wirst?«
    »Ihr seid der Promachos, Herr. Ob sie Euch nun so nennen oder nicht. Ich möchte mit Euch kämpfen.«
    Diese Kampfbereitschaft. Aber war ich denn anders? Wie viele Menschen habe ich umgebracht, bis ich wirklich verstanden habe, was es bedeutet zu töten? Gavin strich sich nachdenklich über den Nasenrücken.
    »Ich werde morgen Menschen töten, Kip. Menschen, die es nicht wirklich verdient haben, getötet zu werden. Es ist eine Sache, einen Wicht oder einen Mörder zu töten oder Piraten oder jemanden, der in deine Stadt oder dein Zuhause eindringt, bereit zu vergewaltigen, zu morden und zu stehlen. Es ist eine ganz andere Sache, einen Kaufmann zu töten, dessen Waren zwar den Tod säen werden, der aber selbst einfach nur versucht, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. So ein Mann hat zu Hause Kinder und eine Frau, die du durch deine Tat zur notleidenden Witwe machst.«
    »Wir alle schlagen uns auf die eine oder die andere Seite«, entgegnete Kip.
    »Ist das wirklich so einfach?«, fragte Gavin.
    Kip zögerte und nickte dann.
    »Wir haben von vier verschiedenen Spionen erfahren, dass Liv Danavis jetzt beim Farbprinzen ist. Zu seiner Truppe gehört. Und nun sage mir, Kip, wenn wir Liv Danavis auf dem Deck eines dieser Schiffe sehen, gerade dabei, eine Granate auf uns abzuwerfen, würdest du sie dann töten? Ohne zu zögern, bevor sie uns töten kann?«
    Kip schluckte. »Bei Orholams haarigen … haarigem Bart. Ich … ich hoffe, er würde mich davor bewahren, eine solche Entscheidung treffen zu müssen.«
    »Wenn uns Orholam vor solchen Entscheidungen bewahren würde, wären wir nicht hier, Kip.«
    »Wie konnte sie nur mit ihnen gehen, Herr? Es sind Ungeheuer. Buchstäblich, Ungeheuer aus echtem Fleisch und Luxin.«
    »Idealisten tun sich mit dem Erwachsenwerden schwer. Wenn sie aus ihrem Idealismus nicht herauswachsen können, werden sie scheinheilige Heuchler oder für die Realitäten blind. Liv hat die Blindheit gewählt, indem sie sich so sehr an den Fehlern der Chromeria festgebissen hat, dass sie nun glaubt, diejenigen, die sich gegen uns stellen, müssten wahre Musterbilder sein. Dass wir nicht perfekt sind, sagt noch nichts über unsere Feinde, Kip. Nichts. Wie sich herausstellt, sind sie weitestgehend schlechte Menschen. Schlecht genug, dass ihre Herrschaft eine wahre Katastrophe wäre. Was aber nicht heißt, dass sie nicht manch gute Argumente gegen uns in der Hand hätten. Es heißt auch nicht, dass jeder Narr, der für sie arbeitet, böse ist. Es heißt einfach nur, dass wir sie aufhalten müssen. Wenn nötig, indem wir sie töten. So sieht das Leben aus, in das du nun eintrittst, Kip. Ich breche morgen früh bei Morgendämmerung auf. Ich werde mir von deinem Hauptmann die Erlaubnis geben lassen, dich mitzunehmen, aber wenn du nicht dazu in der Lage bist, Liv notfalls zu töten, dann bleib lieber hier. Ich würde dir als Mensch keine Vorwürfe deswegen machen, aber als Soldat wollte ich dann auch nicht, dass du mir den Rücken deckst.«
    Kip antwortete nicht sofort, und Gavin respektierte ihn dafür nur umso mehr.
    »Danke, Herr«, sagte Kip schließlich. »Es gefällt mir nicht, aber ich schätze Eure Ehrlichkeit.«
    Ehrlichkeit? Wenn ich in diesem einen Punkt die Wahrheit sage und in allen anderen lüge? Schätze lieber etwas anderes, mein Junge. Ich bin ein Lügner durch und durch.

98
    Im ersten Morgengrauen stand Kip an Deck und wartete auf seinen Vater. Es war kalt, und die See war bewegt, aber seine neue Kluft als Zwerg der Schwarzen Garde war warm genug. Zumindest in Kombination mit seinem Körperfett. Er zog den grauen Umhang enger um sich und stampfte mit den Füßen. Er hatte nicht viel Schlaf gefunden. Die Vorstellung, Liv zu töten – oder von ihr getötet zu werden –, hatte ihm den Schlaf geraubt.
    Aber Liv hatte

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