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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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ein alberner Schwachkopf sei, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Der alte Sklave mochte Kip offensichtlich nicht, und jetzt, da Kip die Anerkennung verweigert worden war, sah er auch keinen Grund, diesen Umstand zu verbergen.
    Das weckte in Kip den Wunsch, sich stur zu stellen und dem Kerl zu sagen, er könne sich zum Teufel scheren.
    »Kip?«, fragte Teia. Sie wartete.
    Kip blickte zu ihr hinüber.
    Teia murmelte: »Sei kein Idiot.«
    Kip runzelte mürrisch die Stirn. »Lass uns gehen«, sagte er zu Grinwoody.
    Er folgte dem Mann zu Andross Guiles Zimmer hinauf, wobei er sich bemühte, sich an seinem Ärger festzuhalten, aber er wurde immer nervöser. Grinwoody öffnete die Tür und deutete auf die schweren Vorhänge, die den Raum verdunkelten.
    Wahrhaftig, wenn dieser blöde alte Hund mich heute schlägt, schlage ich zurück.
    Kip war sich ziemlich sicher, dass er nichts Derartiges tun würde, aber bei dem Gedanken fühlte er sich besser. Er trat ein.
    Süßliche Gerüche. Alter Mann und Weihrauch. Staub und säuerlicher Achselschweiß. Oh, Letzteres bin ja ich.
    »Du stinkst«, erklang in der Dunkelheit eine Stimme voller Abscheu.
    »Ihr auch«, entgegnete Kip. Das Gehirn sprang zwei Sekunden zu spät an.
    Stille. Dann: »Setz dich.«
    »Auf den Boden?«, fragte Kip.
    »Was bist du, ein Affe?«
    »Mehr Monster als Affe. Wir beide sind schließlich verwandt«, erwiderte Kip.
    Wieder Schweigen. Diesmal länger. »Ich hatte vergessen, wie unbesonnen die Jugend sein kann. Aber vielleicht bist du weniger leichtsinnig als einfach bloß dumm. Setz dich. Auf den Stuhl.«
    Kip tastete in der Dunkelheit, bis er den Stuhl fand. Er setzte sich.
    »Grinwoody!«, bellte der alte Mann.
    Der Sklave kam herein und hängte etwas an einen Haken über Kips Kopf. Dann verließ er wortlos den Raum.
    »Die Laterne«, sagte Andross Guile.
    Eine Laterne? Aber sie brannte nicht. Sollte Kip sie anzünden? Würde das der ganzen Sache – hier in einem verdunkelten Raum zu sitzen, mit Vorhängen über jedem Fenster und jeder Tür, die das Licht aussperrten – nicht jeden Sinn nehmen? Außerdem hatte Kip nicht mal einen Zündstein.
    War es eine Wandelprüfung, um zu sehen, ob Kip vielleicht in der Lage war, hier …
    Idiot. Es ist eine ultraviolette Laterne.
    Kip verengte die Pupillen, und plötzlich hob sich der Raum als ein fremdartiges, violettes, äußerst feines Relief heraus. Der Raum war größer, als er gedacht hatte. Porträts der Ahnen der Familie Guile hingen an allen Wänden. Wenn man sie so in rein ultraviolettem Licht betrachtete, wirkten die Porträts leblos und farblos. Kip konnte die Unebenheiten und kleinen Erhebungen der Pinselstriche ausmachen, aber dadurch wurde es auch schwerer, die von diesen Pinselstrichen dargestellten Gesichter zu erkennen. In einem zweiten Raum stand ein riesiges Himmelbett, das durch die Türen hindurch kaum sichtbar war, und natürlich waren überall die schweren Samtvorhänge. Skulpturen aus Elfenbein und Marmor standen auf dem Kaminsims sowie auf dem Cembalo. Kip konnte in diesem Sammelsurium von Kunstgegenständen keinen Stil erkennen, aber sie schienen sehr erlesen zu sein.
    Im Raum befand sich eine Reihe von Stühlen, Diwanen und Tischen. Außerdem eine Uhr von der Art, wie sie Kip nur vom Hörensagen kannte: mit drehenden Zahnrädern und einem schwingenden Pendel.
    Zuletzt betrachtete Kip den Mann vor sich, in Erwartung, ein schreckliches Monstrum zu erblicken. Trotz der Dunkelheit trug Andross Guile eine riesige dunkle Brille. Er war ein großer Mann gewesen, bevor das Alter ihm seine Statur genommen hatte. Seine Schultern waren immer noch breit, aber nun knochig. Sein glattes Haar, das im Licht der Laterne ein bleiches Violett annahm, musste silbrig grau sein, fast weiß. Es war schütter und zerzaust – passend für einen Mann, der ohne Spiegel lebte. Auch seine schlaffe Haut wirkte wie ausgelaugt. Von Natur aus dunkler als diejenige Gavins, nun aber vom Alter gebleicht. Eine gerade Nase, tiefe Runzeln im Gesicht. Eine alte Narbe führte vom Hals hinauf zum Kinn.
    Er war einst ein gutaussehender Mann gewesen. Unverkennbar ein Guile.
    »Spielst du Neun Könige?«, fragte Andross Guile.
    »Meine Mutter hatte nie Geld für so etwas«, antwortete Kip. Es war ein Kartenspiel. Die Karten selbst waren oft ihr Gewicht in Gold wert.
    »Aber du kannst es spielen.«
    »Ich habe anderen dabei zugesehen.«
    »Deine Karten liegen vor dir«, sagte Andross Guile. »Niemand soll sagen, ich sei nicht

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