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Die blonde Witwe

Die blonde Witwe

Titel: Die blonde Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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auftreiben zu können. Er wollte dann das Haus renovieren lassen.«
    Ich ließ sie endlich gehen. Da hatte ich also eine Menge erfahren, aber jetzt, allein mit diesen Neuigkeiten, wußte ich nichts Rechtes damit anzufangen. Es war so, als hätte ich für ein und dasselbe Puzzlespiel zweierlei verschiedene Steinchen in der Hand, die zwar an manchen Stellen zum Bild zu passen schienen, an anderen aber wiederum nicht.
    Ich freute mich schließlich auf nichts anderes als auf meinen kalten, saftigen Wurstsalat und ein Glas Bier.
    Der Appetit verging mir jedoch schlagartig, als man mir das Essen brachte.
    Der Mann, der ohne anzuklopfen ins Zimmer kam und mir die Platte schweigend auf den Tisch stellte, trug eine grüne Hausdienerschürze. Seine Hemdsärmel waren hochgekrempelt. Auf seinem starken Unterarm prangte ein tätowiertes Herz mit Pfeil, und darunter stand der Name Erna.

7

    Schließlich, ohne mich dabei anzusehen, stellte der Mann die Platte mit dem Wurstsalat auf den Tisch, legte das Besteck und eine Papierserviette dazu, und dann erst blickte er kurz auf. Ich hatte auf diesen Moment gewartet.
    »Rasch zurück von der Beerdigung, mein Lieber. Es hat Ihnen wohl keinen Spaß mehr gemacht?«
    Er ließ sich Zeit mit der Antwort, und er ließ mir Zeit, dieses Gesicht endlich in Ruhe zu studieren. Es war kurz, mehr breit als lang, und seine Züge schienen mir eher im Laufe der Zeit vergröbert, als grob von Natur aus. Der Mann gehörte offenbar zum Mittelstand, vielleicht hatte er früher sogar bessere Tage gehabt, war nicht immer Schankkellner im Bahnhof oder Laufbursche in einem Hotel gewesen. Der Mund, mit schmalen, etwas verkniffenen Lippen, schien mir nicht ausgesprochen brutal, wohl aber konnte er grausam sein, sozusagen grausam mit Genuß. Vielleicht war er ein Sadist.
    Er sagte: »Jeder macht mal einen Fehler, Herr Petersdorff.«
    »Kann sein. Es war mein Fehler, mich auf euer dreckiges Geschäft einzulassen.«
    Er schüttelte den Kopf. Sein borstiges Haar, schmutziggrau, war kurz geschnitten, an seiner Stirn schlängelten sich Adern. Er mochte zwischen fünfzig und sechzig sein. Ein rüstiges Alter für einen Mörder.
    »Nein«, sagte er. »Das habe ich nicht gemeint. Der Fehler lag bei uns. Wir hätten Sie nicht nehmen sollen. Mit euch Klugscheißern hat man immer Ärger.«
    »Sie haben mich vorhin kommen sehen?«
    »Natürlich. Sie hatten ja gewissermaßen einen Logenplatz in Ihrem grünen Ghia.« Er machte eine Pause, fuhr dann sachlich fort: »Können wir uns irgendwie einigen?«
    Ich überlegte eine Sekunde und sagte: »Meine Forderung habe ich schon Frau Heidemann gesagt.«
    In seinem Gesicht verzog sich kein Muskel. Er nickte.
    »Das wissen wir, und deshalb bin ich hier. Wieviel?«
    »Das sagte ich auch schon: zweitausendsiebenhundert. Keine Mark weniger, keine mehr. Ich halte mich ein meine Abmachungen.«
    Er lächelte und es sah aus, als versuche ein Stier zu lächeln.
    »Das stimmt nicht ganz, Herr Petersdorff. Wir hatten vereinbart, daß Sie die Pistole wegwerfen, aber Sie haben sie mitgenommen. Wir mußten befürchten, Sie würden bei der Versicherung damit noch mehr herausholen.« Seine schwarzen Augen wurden lauernd. »Das wollten Sie doch, oder?«
    »Keine Spur«, sagte ich ruhig. »Aber lassen wir doch die Vorreden. Sie wollen mir Geld geben, nehme ich an. Zweitausendsiebenhundert. Und ich soll mich dünn machen und verschwinden. Das hättet ihr doch leichter haben können; es lief ja alles so schön. Aber ihr seid unsicher gewesen, wolltet der Polizei lieber auch noch einen Mörder in die Hand spielen. Wenn eine halbe Million im Spiel ist, werden Versicherungen unangenehmer als die Kripo. Doppelt wolltet ihr euch absichern. Und jetzt ist das plötzlich nicht mehr nötig? Für wie dumm haltet ihr mich eigentlich?«
    »Für nicht so dumm, um wegen Raubmord ins Zuchthaus zu gehen. Ich brauche doch nur die Polizei anzurufen, und schon sind Sie geliefert.«
    Ich schüttelte ehrlich besorgt den Kopf.
    »Ihr seid wirklich auf dem falschen Dampfer. Das wollt ihr doch gerade: mich der Polizei in die Hände spielen. Warum solltet ihr euch das auch noch einen Haufen Geld kosten lassen? Aber so einfach geht das eben nicht. Woher, zum Beispiel, wollen Sie mich überhaupt kennen? Was würden Sie als Zeuge der Polizei erklären?«
    Er grinste.
    »Die Wahrheit«, sagte er. »Sie sind am Montag abend im Imbißraum zu mir gekommen, und ich habe Ihnen einen Job vermittelt. Ich kenne weder Sie noch den Herrn,

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