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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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schnurstracks auf die Tür der Kapelle zu. Das Innere war ein Brutkasten. Ein Schwall heißer Luft schlug ihm ins Gesicht, vermischt mit dem Geruch von Parfüm und Pomade.
    Er hörte die Worte des Hochzeitsgottesdiensts, die der ältere Geistliche sprach, und stellte erleichtert fest, dass er noch rechtzeitig erschienen war. Der Priester machte sich nicht die Mühe, die Augen zu heben, als er die traditionelle Frage stellte: »Sollte jemand berechtigte Einwände gegen diesen Bund der Ehe haben, so möge er jetzt sprechen oder für immer schweigen.«
    Jake räusperte sich. »Halt! Moment!«
    Seine Worte trafen auf eine Mauer aus wirrem Gemurmel. Eine ältere Dame stieß ihn in die Seite und mahnte ihn zur Ruhe. Der große Sholto versuchte, Jake aus der Kirche zu drängen. Keziah drehte sich um, und ihre Blicke trafen sich. Ihr Mund öffnete sich. Sie sagte nichts, doch Jake wusste, dass es ein stummer Hilferuf war.
    Der Geistliche blickte erstaunt über die Unruhe auf und fuhr dann hastig fort: »Willst du, Daniel Browne, mit deiner Braut Sara Anne den Bund der Ehe schließen, sie lieben und achten und ihr die Treue halten, bis dass der Tod euch scheidet?« Kaum hatte er seine Frage beendet, als Daniel einer weiteren Intervention durch Jake zuvorkam und rasch antwortete: »Ja, das will ich.«
    Dann beugte er sich herab, um Keziah auf den Mund zu küssen,
und Jake hatte das Gefühl, jemand hätte ihm in die Magengrube geboxt.
    Im gleichen Moment stimmte die blecherne Orgel den Hochzeitsmarsch an, und das frischvermählte Paar kam durch den Mittelgang auf ihn zu. Jake stürmte aus dem Portal hinaus ins Freie.
    Er sprang auf sein Pferd und sah sich noch einmal um. Keziah und Daniel lächelten eisig, während die Kinder von Ironbark sie mit Konfetti überschütteten. Keziah zielte mit ihrem Strauß auf Nerida, doch Polly Doyle sprang in die Luft und fing ihn quietschend vor Freude auf. Daniel schaute Jake in die Augen, legte seinen Arm um Keziah und drückte sie an sich, wie um klarzustellen, dass sie nun ihm gehörte.
    Jake hatte mehr als genug gesehen. Er galoppierte davon, und erst auf der Sydney Road fiel ihm ein, dass er vergessen hatte, das Hochzeitsgeschenk für Keziah aus der Satteltasche zu nehmen. Das musste nun warten. Er hatte keine Lust, an der Hochzeitsfeier teilzunehmen und sich die blumigen Lobeshymnen des Malers auf seine Braut anzuhören.
    Was er jetzt brauchte, war eine lange Liebesnacht mit Lily Pompadour. Doch bis Mittwoch war es noch lang.

    Als Daniel mit Keziah am Arm das Schulgebäude betrat, stand er zu seiner Überraschung vor mehreren hufeisenförmig aufgebauten Tischen mit einem üppigen Hochzeitsbüfett. Er wusste sofort, dass es Keziahs Werk war. Für die Erwachsenen hatte sie Unmengen köstlicher Speisen zubereitet und für die Dorfkinder ausgefallene Geschenke gebastelt.
    Er beobachtete, wie sie die Gäste unterhielt, fest entschlossen, ihr Lächeln in der Öffentlichkeit beizubehalten, bis ihr Gesicht schmerzte. Nur Nerida und er sahen die Wahrheit in ihren Augen.
    Nachdem die letzten Gäste gegangen waren, beschwingt vom guten Wein, begleitete Daniel seine Frau schweigend zu ihrer Hütte. Kaum waren sie eingetreten, zog sie ihr Hauskleid an und
ließ ihrer Wut freien Lauf, indem sie das makellos saubere Haus von oben bis unten erneut putzte.
    Daniel saß auf einem Holzstuhl auf der Veranda, paffte eine der Zigarren, die Jake Andersen ihm schon vor einiger Zeit zur Hochzeit geschenkt hatte, und blies träge Rauchringe in die Luft. Daniel mochte Jake, und er vertraute ihm, trotzdem war ihm bewusst, dass seine Hochzeitspläne mit Keziah eine unsichtbare Spannung zwischen ihnen erzeugt hatten.
    Während er jetzt an einem neuen Porträt von Jake arbeitete, fragte er sich, was diesen Kerl so sehr von anderen Männern unterschied. Er war zwar nur eine Generation von seinen europäischen Wurzeln entfernt, aber dieses fremde Land hatte bereits seine Spuren in seinem Gesicht und an seinem Körper hinterlassen. Hatte es auch seine Seele in Besitz genommen? Dinge, die Daniel fremd waren, gehörten zu Jakes Erbe – seine Erde, sein Himmel, seine Luft, sein Wasser. Es war, als sei Jake halb fertig aus einer neuen Gussform von Engländern gekommen. Er besaß keine Manieren im herkömmlichen Sinne, dafür jedoch echte, spontane Herzenswärme.
    Während das Porträt rasch die Gestalt eines muskulösen Faustkämpfers annahm, fiel Daniel Jakes Warnung ein, mit der er ihm die Zigarrenkiste überreicht

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