Die Blüte des Eukalyptus
sich ihm in den Weg. Sanft schmiegte sie sich an ihn und strich ihm mit dem Finger über den Mund.
»Jake! Bevor es zu spät ist, liebe mich. Jetzt gleich.«
Einige köstliche Augenblicke lang machte Jake keinen Versuch, sie aufzuhalten, als sie ihre Hüften sacht gegen seinen Körper presste. Sie schloss die Augen und streifte mit ihrem Mund seine Lippen – bereit und entschlossen. Er spürte, wie ihr Körper Feuer fing wie keine andere Frau, die er zuvor berührt hatte.
»Und Daniel?«, brachte er noch heraus.
»Es wird ihm nichts ausmachen. Wir haben eine Abmachung. Er will nicht das, was ich dir geben kann, Jake.«
In diesem Augenblick fiel der Groschen. Er schob sie auf Armeslänge von sich weg und sagte freundlich, wie er glaubte: »Dass ich mein halbes Leben in einem Bordell verbracht habe, heißt nicht, dass ich keine Grundsätze hätte.«
Kein anständiger Mann nutzte eine Frau aus, deren Kopf von Alkohol benebelt war, aber als Jake ihren Ausdruck sah, fragte er sich, ob die Bedeutung dessen, was er hatte sagen wollen, irgendwie verloren gegangen war.
Keziah trat einen Schritt zurück und hob das Kinn, als kämpfe sie darum, sich wieder zu fassen. Jake kam es vor, als hätte er plötzlich eine ganz andere Keziah vor sich. Ein bisschen benebelt vielleicht, aber ganz Dame.
»Ich habe dich um deine ehrliche Meinung gefragt. Du hast sie geäußert. Ja, du hast ganz Recht. Ich werde Daniel wie geplant heiraten und hoffe, dass du Zeit hast, auf unserer Hochzeit zu tanzen.«
Dann öffnete Keziah ihm die Tür. »Vergiss deinen Hut nicht, Jake.«
Er stolperte zurück, um den Hut zu holen, versuchte es an der Tür aber noch einmal.
»Ich wollte noch sagen, dass es das schönste Angebot ist, das ich je bekommen habe.«
Zu spät. Ihre Miene erinnerte ihn an die seiner Mutter, als er eines Tages von der Schule nach Hause kam und einen katholischen Priester vorfand, der ihr erzählte, dass sie mit ihrem protestantischen Mann und ihren sechs Kindern in Sünde lebte. Keziahs Stimme klang wie die seiner Mutter an jenem Tag – süß, distanziert und unnatürlich höflich.
»Nett, dass du uns zu dieser Versammlung mitgenommen hast. Was meinst du – werden sie das Kriegsrecht durchbringen?«
Jake schwankte. Sie klang völlig nüchtern, war aber offensichtlich müde, denn sie musste sich an den Türrahmen lehnen.
Er hob die Hände. »Kriegsrecht? Wie soll ich das wissen, Mädchen? Heute Nacht würde ich auf gar nichts wetten.«
Während Jake über die Sydney Road fuhr, konnte er nicht einmal zum Himmel aufsehen, ohne Keziahs außergewöhnliche violettblaue Augen vor sich zu sehen.
Warum, zum Teufel, lassen mich ihre Worte nicht los? Sie ist doch nur mein Kumpel!
Jake glaubte nicht an das alberne Gerede über Geister, trotzdem fragte er sich seit Tagen, ob eine lebende Frau einen Mann verfolgen könnte. Er sagte sich, dass er seine Schuld Kez gegenüber, weil sie ihm das Leben gerettet hatte, gänzlich abgetragen hätte, sobald sie Daniel endlich geheiratet hätte. Dann wäre sie versorgt, und er könnte sich wieder auf die Suche nach Jennys Schurken machen.
Als er im Postamt von Goulburn seine Briefe abholte, fand er ein Schreiben vor, das ihn zutiefst erschütterte. Jenny.
Er las es in einem Wirtshaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Jennys Anspielungen auf die Juwelen, das mit rosa Marmor ausgestattete Badezimmer und die Zofe, jenen Luxus, den er ihr nicht hatte bieten können, trafen ihn bis ins Mark. Auf den ersten Blick war ihr Brief eine freundliche Einladung, Pearl zu besuchen. Aber Jake kannte seine Jenny. Wo war der Haken? Er las den Brief erneut und fand ihn. Kein Absender. Seine durchgebrannte Frau konnte überall und nirgends sein.
Nachdem sein bitteres Lächeln verflogen war, beschloss er, nach Sydney Town zu fahren und die Dienste eines neuen, ungewöhnlichen, amerikanischen Büros in Anspruch zu nehmen. Erneut studierte er die Werbung, die er aus einer Zeitung ausgeschnitten hatte. Unter dem Banner einer amerikanischen Flagge war ein Fernglas abgebildet. Der Leiter der Agentur, ein gewisser Benjamin Rogers aus New York, behauptete, den Erfolg garantieren zu können. Alle Nachforschungen würden mit größter Diskretion durchgeführt. Vermisste Personen, verbotene Liebesverhältnisse, Betrügereien und ungeklärte Morde.
»Verdammt noch mal, ja, ich versuche es mit deiner Agentur, Yankee.«
Doch als er Richtung Norden fuhr, hörte Jake den Widerhall von Keziahs eindringlichem
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