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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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neugeborenen Baby auf dem Arm durch den Kopf schwirrte. Die Erinnerung an den glücklichsten Tag in seinem Leben war jetzt wie ein Schlag unter die Gürtellinie. Pearl . Er rappelte sich wieder auf und nahm erneut Kampfhaltung ein, gerade als der Priester bei achtundzwanzig angekommen war.
    Die nächste Runde schien anfänglich an Bulldog zu gehen, bis Jake einen unberechenbaren Schlag losließ, der seinen massigen
Gegner zwar verfehlte, aber völlig aus der Fassung brachte, genauso wie Jake es beabsichtigt hatte. Sekunden später verging dem Mann nach einem linken Haken in den Solarplexus das Grinsen. Bulldog fauchte wie der Blasebalg eines Schmieds. Dann nahm er Jake hinterhältig in den Schwitzkasten, was die Menge zu Begeisterungsstürmen verleitete. Jakes Augen traten hervor, und er stieß ein Geräusch aus, das hoffentlich kein Todesröcheln war. Macs Augen weiteten sich entsetzt, als er begriff, dass Jakes Reaktion nicht gespielt war. Im nächsten Moment sackte Jake so überzeugend zusammen, als hätte er in Bulldogs Armen das Bewusstsein verloren. Der verblüffte Profi ließ ihn zu Boden fallen. Wie ein Affe stand er mit offenem Mund da, in panischer Angst, dass er Jake umgebracht hatte und dessen irische Kumpel ihn jetzt zur Strafe lynchen würden.
    Im gleichen Moment sprang Jake auf. Mit einer perfekt kalkulierten Bewegung versetzte er seinem Killer einen linken Schwinger aufs Kinn. Dessen Beine gaben nach, und im nächsten Augenblick lag er lang ausgestreckt am Boden. Ein Schwall von Triumph überwältigte Jake, der von einem Ohr zum anderen grinste.
    Father Declan zählte eilig bis dreißig und riss jubelnd seinen Arm in die Höhe. Dann erklärte er den Zuschauern: »Dieser junge Ketzer hat uns freundlicherweise die Hälfte seines Preisgeldes für den Bau unseres Kirchendachs gespendet!«
    Die Menge ließ ihn dreimal lautstark hochleben.
    Jake konnte sich nicht wirklich daran erinnern, dem Priester an dem Tag, an dem sie über den Kampf gesprochen hatten, ein so großzügiges Angebot gemacht zu haben, wusste jedoch, dass Albion Ale es in sich hatte. Zum Gedenken an seine katholische Mutter wollte er gern etwas spenden, doch nach einer Runde Drinks mit Mac und Father Declan wurde ihm klar, dass es nur allzu leicht wäre, den Schmerz der Erinnerung in Alkohol zu ertränken, bis sein ganzes Geld verprasst war. Daher warf er Mac einen warnenden Blick zu.

    Der machte sein Angebot trotzdem. »Du weißt, du kannst jederzeit hier übernachten, mein Freund.«
    »Danke, Mac. Aber ich muss los. Ich habe ein Hühnchen mit jemandem zu rupfen, und das kann nicht warten.«
    Er tippte sich kurz an die Hutkrempe. »Viel Glück mit dem Kirchendach, Dennis. Als einer, der nicht an Gott glaubt, will ich nicht sagen, bis zum nächsten Kirchenbesuch, aber vermutlich kann Mac die Ehrerweisungen für mich übernehmen.«
    Father Declan lächelte, doch seine Augen blieben ernst. »Ich werde dafür beten, dass deine Suche das rechte Ende findet, mein Junge.«
    Jake versuchte, den beiläufigen Tonfall aufrechtzuerhalten. »Danke, Dennis. Ich fürchte nur, dass Ihre Auffassung von dem, was recht ist, sich von der meinen unterscheidet.«
    Dann lenkte er Horatio auf die Straße nach Sydney Town. Das Geld aus dem Gewinn hatte er im Stiefel versteckt. Jetzt, da er zum Hahnrei geworden war, hatte der Ausdruck »Wer hat, dem wird gegeben« einen eher bitteren, ja, sogar leicht verächtlichen Beigeschmack. Doch Jake redete sich ein, dass dieses Geld ihm die Suche erleichtern würde. Im Kopf sah er die Karte der Kolonie deutlich vor sich, von Moreton Bay im Norden bis Port Phillip District im Süden, mitsamt dem Netzwerk von Straßen, die zu jedem einzelnen der neunzehn Counties in der Kolonie führten.
    Trotzdem war Sydney Town sein erstes Ziel. Jennys Schönheit würde nicht unbemerkt bleiben. Seine durchgebrannte Frau würde ihn selbst zu dem Mann führen, der weder einen Namen noch ein Gesicht hatte.

FÜNF
    D ie Silbermünzen im Geldbeutel ihrer Großmutter waren ein großzügiges Geschenk gewesen, und Keziah Stanley wusste, dass sie gerade reichen würden, um ihre Überfahrt nach New South Wales zu bezahlen. Doch da wandte sich das baxt gegen sie. Ein Straßendieb schnappte ihr den Beutel weg und flüchtete, wobei nur ein paar kleinere Münzen herausfielen. Sie war gezwungen, ihre Reise aufzuschieben, bis sie genügend Geld zusammengespart hatte, um sich die Fahrkarte leisten zu können. Für eine Roma war es pure Zeitverschwendung,

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