Die Blüte des Eukalyptus
gemindert, doch Keziah versteckte ihren Körper vor seinem Blick unter dem Laken. »Geh jetzt!«
Verschlafen antwortete er: »Du siehst aus, als wäre dir heiß. Hast du Fieber? Soll ich jemanden schicken, um nach dir zu sehen? «
Die Angst übermannte sie. »Nein! Oder willst du, dass die ganze Welt erfährt, was ich getan habe? Geh endlich!«
Caleb zog sich hastig an, und als er an der Tür stand, flüsterte er: »Mein Gott, bist du schön! Ich komme später wieder.«
Keziah lag im Bett und starrte an die Decke. Tränen liefen ihr über das Gesicht und vermengten sich mit dem Schweiß, der aus all ihren Poren sickerte.
Den ganzen Tag fühlte sie sich wie ein Schiff, das im Sturm hin und her geworfen wurde. Sie schwankte zwischen fiebrigem Schlaf und dem noch größeren Schmerz, in der zunehmenden Dunkelheit zu erwachen und daran erinnert zu werden, was sie getan hatte. Vage meinte sie mitbekommen zu haben, wie ein Dienstmädchen einen Blick durch den Türspalt geworfen und gesagt hatte: »Stanley ist krank. Sie kann uns heute Abend nicht helfen.«
Von unten hörte sie schnelle Schritte, besorgte Fragen und strenge Anweisungen.
Das gesamte Personal hätte mit dem Ball alle Hände voll zu tun. Keiner würde die Zeit aufbringen können, um nach ihr zu sehen.
Dann klopfte es an der Tür, und Caleb trat ein. Er trug einen eleganten Abendanzug und eine goldene Maske, die er nach oben geschoben hatte. Er brachte ein Tablett mit zwei Weingläsern und einem Teller mit Delikatessen. Keziah war verwirrt, als sie auf dem Tablett auch eine filigrane Silbervase mit einem Kräutersträußchen
sah. In der Mitte steckte eine einzige rote Tulpe. Sie wusste, dass es große Mode war, jungen Damen auf diese Weise eine versteckte Liebeserklärung zu machen.
Das Lächeln in Calebs Augen verriet ihr, dass auch er die Bedeutung der roten Tulpe kannte.
»Zu Diensten, Ma’am«, sagte er mit einer übertriebenen Verbeugung. »Der Wein wird dich in den Schlaf wiegen. Es ist meine Schuld, dass du krank geworden bist. Ich habe dich letzte Nacht nicht schlafen lassen.«
»Es ist alles meine Schuld! Mir ist nicht nach Wein. Und du bist schließlich auch nur ein Mann.«
Zuerst schien er über ihre Ehrlichkeit verblüfft, dann von ihrer Verzweiflung betroffen. »Nicht weinen!«
Keziah schob sich die zerzauste Haarmähne aus dem Gesicht. Dann winkte sie ihn weg.
»Geh mit den reichen Erbinnen tanzen, die dein Vater für dich ausgesucht hat.«
»Ehrlich gesagt, würde ich viel lieber hier bei dir bleiben.«
»Das ist nett gemeint, aber du lügst«, sagte sie verzweifelt. »Bitte geh.«
Er beugte sich ihrem Willen, erzählte ihr aber noch, dass er noch einmal kurz nach Cambridge müsse und danach nach Manchester wolle, um den Familienanwalt zu überreden, ihm seinen Anteil am Erbe seiner Mutter auszubezahlen. Er sagte, er habe große Pläne für sie beide, ging jedoch nicht ins Detail. Einen Augenblick gab er sich arrogant, im nächsten todernst. Schließlich zwang er ihr das Versprechen ab, auf ihn zu warten.
»Bitte, Keziah, versteh, dass ich dir das, was du verdienst, nicht geben kann. Vater würde mich auf der Stelle enterben, wenn ich eine Zigeunerin heirate. Aber du kannst jederzeit auf meinen Schutz bauen. Ich werde für dich sorgen. Niemand kann mich daran hindern, dich zu lieben. Nicht einmal du selbst!«
Caleb hielt ihr Gesicht in seinen Händen und küsste sie wie eine Prinzessin.
»Ich breche im Morgengrauen auf – umso schneller kann ich wieder bei dir sein.« Dann war er fort.
Erst da entdeckte Keziah den kleinen Samtbeutel neben dem Blumengebinde. Als sie die Schnur aufzog, fiel eine Reihe von Goldmünzen heraus.
Sie erinnerte sich an Patronellas Fluch und erschauerte. Noch bevor der Sommer zu Ende geht und die Mondfinsternis dein Sternzeichen berührt, wirst du deinen Körper für Geld verkaufen wie eine Hure .
Es waren nur noch wenige Wochen bis zur Mondfinsternis. Patronellas Prophezeiung hatte sich erfüllt, und das hier war der Lohn für ihre Dienste. Keziah wurde nun bewusst, dass sie nicht besser war als ihre Mutter: Stella, die Hure.
Sie starrte auf die Goldmünzen und wurde von einem weiteren schrecklichen Gedanken heimgesucht. Als sie mit dreizehn ihre erste Blutung hatte und zur Frau wurde, hatte ihre Puri Dai sie gelehrt, wie man die Mondphasen errechnet, um zu wissen, wann der Eisprung stattfindet. Und als sie sich verzweifelt ein Kind von Gem gewünscht hatte, hatte sie sich jedes Mal vor der
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